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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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alles darüber. Ich habe einen Weg gefunden, einige dieser Geheimnisse zu lüften.«
    Bevor Walter weiter widersprechen konnte, wurde er in einen weiteren geräumigen, elegant vertäfelten und mit Teppichen ausgelegten Raum geschoben. Noch mehr Kerzenflammen flackerten hier in der nächtlichen Brise, eine ganze Wand voller Kerzen. Vor Walter tat sich eine unglaublich seltsame Szenerie auf.
    »Was … ist das?«
    Lange Tische standen im Zimmer verteilt und an den Tischen saßen ein Dutzend nackter Frauen. Doch diese Frauen waren nicht kräftig und attraktiv wie Augustina. Sie alle sahen ausgezehrt und heruntergekommen aus. Schmutziges Haar hing ihnen in bleiche, über die Tische gebeugte Gesichter. Alle kritzelten konzentriert, beinahe manisch auf Notizblöcken herum. Das Kratzen auf dem Papier klang in Walters Ohren wie ein sich nähernder Heuschreckenschwarm.
    »Willkommen in meinem Skriptorium. Darf ich vorstellen: meine Holographen, meine Unheiligen Transkriptoren.« Ein seltsamer Brandgeruch lag über dem gesamten Zimmer.
    Da entdeckte Walter den Brenner vor den Tischen, auf dem eine Art Schmelztiegel stand, ein großer Kessel mit der Aufschrift: FEUERGEFÄHRLICH.
    »Knochen«, erklärte Colin. »Wir verbrennen Knochen, wozu übrigens sehr hohe Temperaturen erforderlich sind. Die Mädchen inhalieren den Rauch, und er versetzt sie in Trance; eine Art Katalepsie, nur dass sie sich noch bewegen können. Stell es dir als Telefonleitung in die andere Welt vor.«
    Walter starrte einfach immer weiter die Mädchen an, die wie Roboter dasaßen und vor sich hin kritzelten. Sie alle waren unglaublich dünn, die Rippen standen hervor wie bei einem Lattenzaun, die weiße Haut über den knochigen Händen und Fingern sah ausgedörrt aus. Ihre Augen wirkten tot.
    »Es funktioniert nur mit Knochen von Mördern, Vergewaltigern und Kinderschändern, aber wir sind ja gottlob in Florida.« Colin lachte bescheiden. »Die waren nicht schwer aufzutreiben. Die Mädchen sind alle Junkies und Crackhuren aus Tampa und St. Pete. Die Drogen schwächen ihre Willenskraft, und Menschen mit schwachem Willen sind am leichtesten umzukehren. Sie alle arbeiten für mich, oder ich sollte vielleicht sagen, für eine höhere Ehre. Sie schreiben, bis sie sterben.«
    In diesem Augenblick sackte eines der Mädchen vornüber auf den Boden, Zunge herausgestreckt, die offenen Augen ins Nichts gerichtet. Da erst bemerkte Walter mehrere andere tote Mädchen, die unter den Tisch geschoben worden waren, damit sie den anderen nicht im Weg waren.
    »Jetzt sind sie fast fertig«, fuhr Colin fort. »Sie sind an jemanden angeschlossen, der eine Etage tiefer sitzt, wenn du weißt, was ich meine. Was sie da transkribieren, sind die ungekürzten Beschwörungen des Luzifuge , das erste Buch, das jemals in der Hölle erscheinen wird. Nicht die Sorte Schmöker, die man bei Barnes & Noble findet, weißt du. Deshalb lasse ich es von den Mädels transkribieren. Dieses Buch enthält etwas sehr Wichtiges, etwas das du sofort lesen musst – ein Kapitel mit der Überschrift ›Die Unheiligen Edikte des Höllenraums‹. Eine Art Regelhandbuch. Die Hölle für Anfänger .« Wieder kicherte Colin. »Und darin wiederum gibt es ein Unterkapitel, lieber Walter. Bitte lies es. Es heißt ›Töchter und Söhne des Äthers‹.«
    Das unablässige Kritzeln beeinträchtigte Walters Vermögen, all diese Informationen vernünftig zu verarbeiten. Mein Bruder ist wahnsinnig , schlussfolgerte er endlich. Er ist noch wahnsinniger als ich. Ich wollte mich doch nur umbringen … Wieder ging ein Mädchen zu Boden. Sie zuckte noch ein paarmal auf dem Teppich hin und her, urinierte und starb.
    »Ich habe einen Deal gemacht«, erklärte Colin. »Einen Eine-Hand-wäscht-die-andere-Deal. Ich hab die einhundert Millionen gekriegt und durfte leben wie ein König. Aber das ist jetzt vorbei. Etwas viel Besseres erwartet mich.«
    »Du redest völligen Unsinn«, stellte Walter trocken fest.
    »Den ausführlichen Bericht liest du dann später, aber ich gebe dir jetzt die Kurzversion. Wir sind eine Rarität, Brüderchen. Erstens mal sind wir am 18. Mai geboren. Du wusstest das wahrscheinlich nicht, aber der 18. Mai ist in okkulten Kreisen ein absoluter Hammer-Feiertag.«
    Walter runzelte die Stirn. Ein okkulter Feiertag? »Was soll denn am 18. Mai gewesen sein?«
    »Am 18. Mai Anno Domini 636 verkaufte Papst Honorius der Erste seine Seele an den Teufel. Das war ein Riesenerfolg für Satan. Okkulte Feiertage

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