Inferno - Höllensturz
dass du das willst, nach allem, was sie gerade eurer Zivilbevölkerung angetan haben. Aber sei schlau. Die beiden haben sicher wertvolle Geheiminformationen …«
»Welchen wollen Sie, Herr Offizier?«, fragte der Unteroffizier.
»Noch nicht schießen«, befahl der Offizier ruhig.
»Was soll das? Ich bring diese Schlächter um!«
»Nein …«
Der Offizier trat vor, seltsam bedächtig. Beide Scharfschützen standen zitternd und Zähne knirschend mit erhobenen Händen vor ihnen.
»Nein, wir werden diese beiden Bestien nicht töten …«
BUMM! BUMM!
Er schoss beide Männer in die Hüfte. Und dann …
BUMM! BUMM!
… schoss er sie beide je in ein Knie. Die Scharfschützen lagen heulend auf dem Boden. Einer von beiden verlor irgendwann vor Schmerz das Bewusstsein, der andere – der Grenadier – wurde hin und her geschüttelt, das Gesicht angeschwollen und beinahe lila.
»Das Militär wird glücklich sein, sie in die Finger zu kriegen. Man wird sie auf unvorstellbare Art und Weise foltern, bis man alle Informationen aus ihnen herausgequetscht hat, und dann wird man sie noch ein bisschen weiter foltern. Ein paar Tage lang. Man wird sie während der Folter fotografieren, und die Fotos werden an ihre Familien geschickt.«
Gut, sehr gut , dachte Luzifer. Eine Freudenträne glitzerte in seinem Auge. Während der junge Unteroffizier noch beiden Männern in die Knöchel und die Hoden schoss und daraufhin die Sanitäter rief, sah das Licht des Morgens aus dem Fenster auf die darunter liegende Straße. Das Blut und das Entsetzen und das Leid und der Schrecken schienen zu einem menschlichen Tableau zu verschmelzen. Schön, einfach wunderschön.
»Spuck es aus«, befahl er dem Oni und hielt ihm seine vollkommene Hand hin. Die riesige Steinkreatur beugte sich vor und erbrach gehorsam den Weißen Stein in Luzifers Handfläche. Im selben Augenblick verschwand er.
»Weidet euch an eurem Hass«, gab Luzifer den Männern im Raum schweigend mit auf den Weg. »Hegt den Hass in eurem Herzen. Glaubt mir, Liebe funktioniert nicht. Der Hass regiert die Welt.«
Er streute sich ein paar Prisen Enguerraud-Staub auf die Zunge, krümmte sich kurz und erbrach feuchtes Licht in seine Hand. Zwischen dem leuchtenden Schleim befand sich der andere Weiße Stein, und im nächsten Moment stand er vor Sherman und einem Hexer in der Scharlachhalle.
»Herr. Ich spüre sofort an Eurer Aura, dass Ihr in besserer Stimmung seid als nach Eurer letzten Retrogation.«
Luzifer lächelte seinen aufmerksamen Gefolgsmann an. »Das bin ich in der Tat. Es war großartig. Und der Sprachzauber der Hexologen hat ganz wunderbar funktioniert. Sie sollen alle im Rang befördert und belohnt werden. Eine ausgiebige Shoppingtour im Baalzephon-Einkaufszentrum und eine Nacht mit den Sukkuben für alle.«
»Ganz wie Ihr wünscht, Herr.«
Von der riesigen Steinterrasse aus betrachtete er den dunkelroten Himmel seines Königreichs. Sherman trat hinter ihn. »Während wir hier sprechen, Herr, wird die Todesplatte in Position gebracht. Könnt Ihr es sehen?«
Die nächste räumliche Verschmelzung. In seiner Glückseligkeit hatte er das ganz vergessen. Selbst aus dieser großen Entfernung konnten seine Engelsaugen die gewaltige Platte über dem erleuchteten Atrozeum schweben sehen.
»Dieses Mal haben wir eineinhalb Millionen hineingepfercht, Herr. Die gesammelte Energiemenge dieser Todeskraft wird die größte aller Zeiten sein. Der Rektor der Gilles-de-Rais-Universität prophezeit dieses Mal eine räumliche Verschmelzung mit einer Dauer von mehr als zwanzig Minuten in der Welt der Lebenden.«
Zwanzig Minuten, dieser Gedanke schien sich dem Morgenstern einzubrennen. Eine Ewigkeit … Doch ein Zweifel trübte seine Freude. »Gibt es schon Nachricht von den Houngan-Ingenieuren aus der Abteilung für Voodooforschung? Wir wissen immer noch nicht, ob es überhaupt funktionieren kann.«
Sherman war ein Mann, der niemals lächelte, doch nun tat er es.
»General, warum lächelst du?«, fragte Luzifer ohne den General dabei anzusehen. »Das passt überhaupt nicht zu dir, und es geht mir auf die Nerven.«
Shermans Bart wölbte sich nach oben, als sein Lächeln noch breiter wurde. »Ich kann meine Freude nicht zügeln.«
Luzifer wirbelte herum, das lange Seidenhaar wehte im übel riechenden Wind. »Was ist los?«
»Die Ingenieure sind ihrem Zeitplan voraus.«
Luzifer begann, ein winziges bisschen zu zittern. Es lag in seiner Natur, immer auf das Beste zu hoffen, doch
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