Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
Vom Netzwerk:
ihre Furcht überwinden und ihren Hass in Wut umwandeln; nur dann könnte sie ihre Kräfte mobilisieren. Hass, Hass, Hass, Hass …
    »Aber ich kann nicht zulassen, dass du weitermachst«, fuhr der Gefallene Engel fort. »Ich kann nicht riskieren, dass du fliehst; du warst schon in der Vergangenheit ziemlich gerissen und schwer greifbar. Du gehst mir nirgendwo hin – nicht ohne Arme und Beine, stimmt’s?« Er fuhr mit dem Finger über die Knochensäge. »Keine Sorge, du wirst nicht sterben. Die Aderpressen sorgen dafür, dass du nicht verblutest.«
    Sie war versucht, einen Fluchtversuch zu unternehmen, aber sie wusste, dass ein solcher Instinkt ihre Furcht nur noch verstärken würde. Die Angst war nun ihr Feind, sie musste sie besiegen, um ihn zu bekämpfen.
    Da sprach er Worte in einer fremden Sprache, die vielleicht seine Muttersprache war: »Eòñw nalde flåvelaaiz me staadpa stilluadte«, und Cassie sackte in sich zusammen.
    Sie landete flach auf dem Rücken und konnte sich nicht mehr bewegen.
    »Ganz schön guter Lähmungszauber, was? Gefallene Engel haben’s drauf. Wir hatten ausreichend Zeit zum Üben.«
    Keine Angst, keine Angst, keine Angst . Cassies Gedanken rasten. Gut, ja, sie konnte sich nicht rühren, aber sie konnte immer noch denken, und mit ihrem Verstand würde sie all ihre Kräfte sammeln.
    Er hob sie hoch, klappte die Flügel zusammen, und legte ihren schlaffen Körper auf den Tisch. »Weißt du, mir ist gerade was eingefallen. Wenn ich dir die Gliedmaßen abgeschnitten habe, sollte ich deine Arme und Beine vielleicht mit in die Hölle nehmen. Ich bin sicher, der Sohn des Morgens würde sie liebend gern als Souvenir haben. Die Arme und Beine eines Ätherkindes! Er würde sie auf das Kaminsims drapieren oder sie in der Grendel-Galerie für Verderbte Kunst ausstellen.«
    Sie konzentrierte sich auf seinen Betrug, auf seine Lügen, auf seine Eitelkeit, seine Falschheit. Sie konzentrierte sich auf das, wofür er stand und was er repräsentierte. Hass, Hass, Hass, Hass , dachte sie immer wieder.
    Sein Gesicht schwebte über ihr. Und die Knochensäge. »Ich habe eine noch bessere Idee. Ich nehme eins von deinen Beinen und prügle damit deine hübsche kleine Schwester windelweich, schlage ihr den Schädel ein. Ich breche ihr alle Knochen. Wäre das nicht lustig?«
    Das war’s. Jetzt reichte es. Cassies Furcht verschwand, verlöschte wie ein Teelicht in einem Orkan und wurde gänzlich von Wut ersetzt, und dann sah sie ihn an und dachte: Brenne!
    Die Luft stand still.
    Sie starrte ihm direkt ins Gesicht.
    »Brenne!«, flüsterte sie.
    Ein arrogantes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, und als er laut lachte, lösten sich Ziegelsteine aus der Wand.
    »Cassie, ich bin ein Gefallener Engel. Deine Tricks funktionieren bei mir nicht.«
    Dann riss er das erste Aderpressen-Päckchen auf und überlegte, ob er zuerst einen Arm oder ein Bein abschneiden sollte.

III
    Angelese stemmte sich gegen die unzerbrechlichen Bande des Abwehrzaubers. Sie war gefangen in einem Käfig negativer Energie. Jede noch so obskure Gegenmaßnahme, die sie kannte, hatte sie schon ausprobiert – jeden Umkehrungshex, jeden Verteidigungsspruch. Nichts half.
    Ich komme hier nicht raus , dachte sie bitter. Gott hat mich gesandt, um Cassie zu helfen … und ich habe versagt. Ich habe vollkommen, restlos versagt!
    In all den Tausenden von Jahren ihres Lebens hatte sie sich niemals so nutzlos gefühlt.
    Verzweifelt sah sie auf ihre Füße. Der Schatten ihres Körpers erstreckte sich etwa einen Meter von ihren Füßen entfernt.
    Moment mal … Sie machte einen Schritt zur Seite. Die Klinikbeleuchtung war schon längst ausgefallen, alle Elektrizität war durch die räumliche Verschmelzung lahm gelegt. Doch noch immer strömte genug Licht von einem Feuer herein, das aus einer Höllenwand zu ihrer Linken loderte. Genau der Lichtschein dieses Feuers warf ihren Schatten.
    Sie trat zurück, ein wenig näher zu den Flammen. Ihr Schatten verlängerte sich um weitere zwei Meter. Nun dehnte er sich weit über die äußere Grenze der Krankenstation hinaus.
    Keine Ahnung, ob das funktioniert, aber ein Versuch kann ja nicht schaden , kicherte sie in sich hinein. Na ja, schaden kann es mir natürlich schon …
    Sie begann zu reden. Gelassen sprach sie das größte Geheimnis aus, das ihr jemals anvertraut worden war, das bedeutsamste Wissen der Geschichte der Welt. Laut sagte sie: »Und am zwölften Tag schuf Gott …«
    … und noch während

Weitere Kostenlose Bücher