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Inferno

Inferno

Titel: Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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und ihre Körper ist in Kirchen von ganze Welt. Wir aus Venezia lieben unsere Santa Lucia am meisten, deshalb wir feiern auch …«
    »Maurizio!«, rief Ferris. »Die heilige Lucia ist blind, nicht Sie. Augen nach vorne!«
    Maurizio lachte gut gelaunt und sah gerade rechtzeitig wieder nach vorn, um den Zusammenstoß mit einem anderen Boot zu vermeiden.
    Sienna musterte Langdon. »Worauf wollen Sie hinaus? Der verräterische Doge, der die Knochen der Blinden raubte?«
    Langdon schürzte die Lippen. »Ich bin mir nicht sicher.«
    Rasch erzählte er Sienna und Ferris die Geschichte von den Reliquien der heiligen Lucia. Die Legende um ihre Knochen gehörte zu den seltsamsten in der ganzen Hagiografie. Angeblich hatte sich Folgendes zugtragen: Als die heilige Lucia sich den Annäherungsversuchen eines einflussreichen Verehrers widersetzte, denunzierte der Mann sie und brachte sie auf den Scheiterhaufen. Doch der Legende zufolge weigerte sich ihr Körper, Feuer zu fangen. Und da ihr Fleisch dem Feuer widerstanden hatte, schrieb man ihren Reliquien besondere Kräfte zu. Es hieß, wer auch immer sie besitze, könne sich eines ungewöhnlich langen Lebens erfreuen.
    »Magische Knochen?«, wunderte sich Sienna.
    »Zumindest glauben das viele. Deshalb sind ihre Knochen auch in der ganzen Welt verteilt. Über zwei Jahrtausende haben die Mächtigen versucht, die Knochen der heiligen Lucia in ihren Besitz zu bringen, um Alter und Tod ein Schnippchen zu schlagen. Ihr Skelett ist im Laufe der Zeit öfter gestohlen, umgebettet und aufgeteilt worden als das jedes anderen Heiligen. Ihre Knochen befanden sich im Besitz von mindestens einem Dutzend der mächtigsten Männer, die je gelebt haben.«
    »Einschließlich«, hakte Sienna nach, »eines verräterischen Dogen?«
    Suchet den verräterischen Dogen von Venedig, der Rössern den Kopf abschlug und die Knochen der Blinden raubte.
    »Durchaus möglich«, antwortete Langdon. Er erinnerte sich, dass die heilige Lucia auch in Dantes Inferno an prominenter Stelle erwähnt wurde. Sie war eine der drei gesegneten Frauen – le tre donne benedette  –, die dabei halfen, Vergil heraufzubeschwören, der Dante aus der Unterwelt führen sollte. Da es sich bei den anderen beiden Frauen um niemand Geringeren als die Jungfrau Maria und Dantes innig geliebte Beatrice handelte, war offenkundig, wie sehr Dante Lucia schätzte.
    »Wenn Sie damit Recht haben«, sagte Sienna aufgeregt, »hat der verräterische Doge, der Rössern die Köpfe abgeschlagen hat …«
    »… auch die Knochen der heiligen Lucia gestohlen«, beendete Langdon den Satz.
    Sienna nickte. »Und damit dürfte unsere Liste schon deutlich kleiner sein.« Sie sah zu Ferris. »Funktioniert Ihr Handy ganz sicher nicht? Wir könnten vielleicht im Netz nach …«
    »Vollkommen tot«, antwortete Ferris. »Ich habe es gerade selbst versucht. Tut mir leid.«
    »Wir sind ja bald da«, sagte Langdon. »Ich bin sicher, dass wir im Markusdom einige Antworten finden werden.«
    Der Markusdom war der einzige Teil des Rätsels, der Langdon vollkommen klar war. Das Mouseion der Heiligen Weisheit. Der Professor zählte darauf, dass sich im Dom die Identität des verräterischen Dogen klären würde. Danach würden sie mit ein wenig Glück auch den Palast finden, den Zobrist ausgesucht hatte, um sein Pathogen auf die Menschheit loszulassen. Tief im Versunk’nen Palast … lauert das chthonische Monster .
    Langdon versuchte, alle Bilder der Pest aus seinen Gedanken zu verdrängen, doch ohne Erfolg. Er hatte sich schon oft gefragt, wie Venedig, diese unglaubliche Stadt, wohl zu ihrer Blütezeit ausgesehen haben mochte … bevor die Pest sie so sehr geschwächt hatte, dass sie im Anschluss immer mehr von ihrer Macht und ihren Territorien verlor. Damals war Venedig das wirtschaftliche Herz Europas gewesen. Allen Berichten zufolge gab es keine schönere Stadt auf der Welt, und Reichtum und Kultur ihrer Einwohner hatten ihresgleichen gesucht.
    Ironischerweise hatte ausgerechnet die Vorliebe der Einwohner für fremdländische Luxusgüter ihren Untergang besiegelt: Ratten in den Laderäumen der Handelsschiffe hatten die Pest von China bis nach Venedig gebracht. Die Pest, die schon unglaubliche zwei Drittel der chinesischen Bevölkerung dahingerafft hatte, erreichte Europa und tötete auch hier rasch jeden dritten, egal ob Jung oder Alt, Reich oder Arm.
    Langdon kannte Berichte darüber, wie das Leben zur Zeit der Pest in Venedig gewesen war. Da es in der

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