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Inferno

Inferno

Titel: Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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einem beengten Raum stehen.
    Langdon überkam plötzlich das Gefühl, von einem geisterhaften Schleier umhüllt zu sein, als führe eine unsichtbare Hand aus der Erde und reiße ihm mit ihren langen Fingern die Haut auf.
    Die Musik .
    Der über hundert Stimmen starke symphonische Chor trug gerade eine bekannte Passage vor und betonte dabei jede einzelne Silbe von Dantes düsterem Text.
    »Lasciate ogne speranza voi ch’entrate.«
    Diese sechs Worte, die berühmteste Zeile in Dantes Werk, drangen die Stufen hinauf wie der bedrohliche Gestank des Todes.
    Begleitet von den Bläsern intonierte der Chor die Warnung erneut. »Lasciate ogne speranza voi ch’entrate!«
    Ihr, die ihr hier eintretet, lasst alle Hoffnung fahren.

KAPITEL 91
    Die in rotes Licht getauchte unterirdische Kaverne hallte vom Klang der »höllischen« Musik wider: das Heulen der Stimmen, die dissonanten Streicher und das tiefe Dröhnen der Pauken, das wie ein Erdbeben durch die Grotte scholl.
    Wohin Langdon auch blickte, der Boden dieser unterirdischen Welt schien aus nichts anderem zu bestehen als einer spiegelglatten Wasserfläche – wie schwarzes Eis auf einem zugefrorenen Teich in New England.
    Die Lagune, in der sich nie spiegeln die Sterne.
    Aus dem Wasser ragten in scheinbar unendlichen Reihen Hunderte mächtige dorische Säulen acht Meter in die Höhe. Rote Scheinwerfer strahlten die Säulen von unten an, sodass sie wie ein surrealer Wald wirkten, der sich weit in die Dunkelheit erstreckte.
    Langdon und Brüder blieben am Fuß der Treppe stehen. Der Anblick war überwältigend. Die komplette Kaverne war in rötliches Licht getaucht, und während Langdon die Szenerie auf sich wirken ließ, atmete er instinktiv so flach wie möglich.
    Die Luft war drückender als erwartet.
    Langdon sah die Konzertbesucher in einiger Entfernung zu seiner Linken. Das Konzert fand tief in der Kaverne statt, auf halbem Weg zur gegenüberliegenden Wand, und für die Besucher waren eigens Podien errichtet worden. Mehrere hundert Zuhörer saßen in konzentrischen Kreisen um das Orchester herum, während noch einmal hundert am Rand standen. Manche lehnten sich auf den Laufstegen an die stabile Brüstung und sahen aufs Wasser hinunter, während sie der Musik lauschten.
    Langdon ließ den Blick über die vielen amorphen Silhouetten schweifen und suchte nach Sienna. Sie war nirgends zu sehen. Stattdessen sah er Gestalten in Smokings, Abendkleidern, Bishts, Burkas und sogar Touristen in Hemd und kurzer Hose. Es war ein Anblick, als habe sich im rubinroten Licht ein Querschnitt der Menschheit versammelt, um eine okkulte Messe zu feiern.
    Wenn Sienna wirklich hier unten ist, können wir sie unmöglich finden .
    In diesem Augenblick kam ein korpulenter Mann an Brüder und Langdon vorbei und stieg hustend die Treppe hinauf. Brüder sah ihm aufmerksam hinterher. Langdon spürte ebenfalls ein Kratzen in der Kehle, doch er tat es als Einbildung ab.
    Brüder unternahm einen vorsichtigen Schritt auf den Laufsteg hinaus. Er überdachte die Möglichkeiten. Der Weg vor ihnen wirkte wie der Eingang zum Labyrinth des Minotaurus. Der schmale Steg gabelte sich bald in drei weitere, die sich nach wenigen Metern wiederum teilten: Ein sich immer weiter verzweigendes Labyrinth, das über dem Wasser schwebte und sich zwischen den Säulen hindurch in die Dunkelheit erstreckte.
    Auf halbem Weg des Menschenlebens , erinnerte sich Langdon an den unheimlichen ersten Gesang von Dantes Meisterwerk, fand ich mich in einen finstern Wald verschlagen, weil ich vom rechten Weg mich abgewandt.
    Langdon blickte über das Geländer ins Wasser hinab. Es war über einen Meter tief und überraschend klar. Der von einer dünnen Schlammschicht bedeckte Boden war deutlich zu erkennen.
    Brüder sah ebenfalls kurz ins Wasser, gab jedoch nur einen undefinierbaren Laut von sich. »Sehen Sie hier irgendwo die Stelle, wo Zobrist sein Video gedreht hat?«
    Hier kommt fast jede Stelle infrage , dachte Langdon und ließ den Blick über die feuchten Wände schweifen. Er deutete auf die abgelegenste Ecke der Kaverne, weit zu ihrer Rechten und ein gutes Stück entfernt von dem Orchester und den Zuschauertribünen. »Ich nehme an, irgendwo dort hinten.«
    Brüder nickte. »Das sagt mir mein Bauchgefühl auch.«
    Die beiden Männer liefen über den Steg, folgten einer Abzweigung nach rechts, weg von den Konzertbesuchern, und eilten auf die äußeren Bereiche des Versunkenen Palastes zu. Langdon erkannte, wie leicht es wäre,

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