Inferno
Hagia Sophia hat eine Fläche von über zehntausend Quadratmetern, und manchmal dauert es Tage, bis nach einem Regenguss das Wasser abgelaufen ist. Meistens fängt es sogar vorher schon wieder an zu regnen. Wassergeräusche sind hier etwas ganz Normales. Aber vielleicht wissen Sie auch, dass die Hagia Sophia auf riesigen Kavernen voller Wasser steht. Darüber gibt es sogar einen Dokumentarfilm, in dem …«
»Ich weiß«, unterbrach Langdon ihn. »Wissen Sie vielleicht auch, wohin genau das Wasser fließt, das man hier unter Dandolos Grab hören kann?«
»Natürlich«, antwortete Mirsat. »Es fließt an denselben Ort wie alles Wasser von der Hagia Sopia: in eine Zisterne.«
»Nein«, mischte sich Brüder ein und stieg ebenfalls über die Kette zurück. »Wir suchen nicht nach einer Zisterne. Wir suchen nach einem riesigen, unterirdischen Raum … vielleicht mit Säulen?«
»Ja, richtig«, sagte Mirsat. »Die antike Zisterne sieht genauso aus: eine große, unterirdische Halle mit Säulen. Sie ist sehr beeindruckend. Sie wurde im sechsten Jahrhundert gebaut, um die Stadt mit Wasser zu versorgen. Heutzutage steht das Wasser darin zwar höchstens einen Meter fünfzig hoch, aber …«
»Wo ist sie?«, fiel Brüder ihm ins Wort. Seine Stimme hallte durch die leere Kirche.
»Die Zisterne?«, fragte Mirsat eingeschüchtert. »Die liegt nicht weit östlich von hier.« Er deutete nach draußen. »Man nennt sie den Yerabatan Sarayi.«
Sarayi? , wunderte sich Langdon. Wie in Topkapi Sarayi? Sie hatten die Wegweiser zum Topkapi-Palast überall auf dem Weg hierher gesehen. »Aber … Aber bedeutet sarayi nicht ›Palast‹?«
Mirsat nickte. »Ja. Und die antike Zisterne nennt man Yerebatan Sarayi, den Versunkenen Palast .«
KAPITEL 90
Es regnete in Strömen, als Dr. Elizabeth Sinskey mit Langdon, Brüder und ihrem verwirrten Führer Mirsat aus der Hagia Sophia stürmte.
Folgt ihm tief in den Versunk’nen Palast, dachte Sinskey.
Um zur antiken Zisterne der Stadt zu gelangen, dem Yerebatan Sarayi, mussten sie zur Blauen Moschee zurück und dann ein Stück nach Norden.
Mirsat ging voraus.
Notgedrungen hatte Sinskey ihn darüber aufgeklärt, wer sie waren und dass sie dringend in den Versunkenen Palast mussten, um eine Katastrophe zu verhindern.
»Hier entlang!«, rief Mirsat und führte sie durch den dunklen Park. Die gewaltige Hagia Sophia lag nun hinter ihnen, und vor ihnen funkelten die Märchentürme der Blauen Moschee.
Agent Brüder rannte neben Sinskey her und brüllte in sein Telefon. Er brachte das SRS -Team auf den neuesten Stand und befahl seinen Männern, sich mit ihnen am Eingang zur Zisterne zu treffen. »Zobrist hat es wahrscheinlich auf die Wasserversorgung der Stadt abgesehen«, fuhr Brüder fort. »Ich brauche einen Plan sämtlicher Zu- und Abflüsse der Zisterne. Wir müssen sie vollständig isolieren. Wir errichten physische und chemische Barrieren sowie Vakuum …«
»Moment«, rief Mirsat. »Ich glaube, Sie haben mich missverstanden. Die Zisterne ist nicht die Hauptwasserversorgung der Stadt. Nicht mehr.«
Brüder nahm das Handy vom Ohr und funkelte ihn an. »Was?«
» Früher hat die Stadt ihr Wasser aus der Zisterne bezogen«, stellte Mirsat klar. »Heute nicht mehr. Wir sind schon ein wenig moderner geworden.«
Brüder blieb unter einem Baum stehen, und die anderen taten es ihm nach.
»Mirsat«, sagte Sinskey. »Sind Sie wirklich sicher, dass niemand mehr das Wasser aus der Zisterne trinkt?«
»Natürlich«, antwortete Mirsat. »Das Wasser ist einfach da … vermutlich versickert es in der Erde.«
Sinskey, Langdon und Brüder wechselten verunsicherte Blicke. Die Direktorin der WHO wusste nicht, ob sie erleichtert oder besorgt sein sollte. Wenn niemand in Kontakt mit dem Wasser kommt, warum wollte Zobrist es dann kontaminieren?
»Als wir vor Jahrzehnten unsere Wasserversorgung modernisiert haben«, erklärte Mirsat, »wurde die Zisterne nicht länger gebraucht.« Er zuckte mit den Schultern. »Heutzutage dient sie nur noch als Touristenattraktion.«
Eine Touristenattraktion? Sinskey fuhr zu Mirsat herum. »Moment mal … man kann dort runter ? In die Zisterne?«
»Natürlich«, bestätigte Mirsat. »Sie hat mehrere tausend Besucher pro Tag. Die Kaverne ist atemberaubend. Laufstege führen über das Wasser, und es gibt sogar ein kleines Café. Sie wird allerdings nur zum Teil belüftet, deshalb ist es da unten stickig und feucht. Trotzdem ist sie sehr beliebt.«
Sinskey sah
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