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Inferno

Inferno

Titel: Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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Brüder an. Offenbar hatten sie das gleiche Bild vor Augen: eine dunkle, feuchte Kaverne voll mit abgestandenem Wasser, in dem ein Krankheitserreger gedieh. Und als wäre das noch nicht Alptraum genug, liefen den ganzen Tag lang Touristen auf Stegen über dieses Wasser.
    »Er hat ein Bio-Aerosol erschaffen«, sagte Brüder.
    Sinskey nickte und ließ die Schultern hängen.
    »Und das heißt?«, verlangte Langdon zu wissen.
    »Das heißt«, erwiderte Brüder, »dass es durch die Luft übertragen werden kann.«
    Langdon schwieg, und Sinskey wurde bewusst, dass er erst jetzt das potenzielle Ausmaß der Krise begriff.
    Sinskey hatte die ganze Zeit über mit einem Pathogen gerechnet, das sich auch durch die Luft verbreiten konnte. Als sie gehört hatte, dass die Zisterne die Stadt mit Wasser versorgte, war in ihr für einen kurzen Moment die Hoffnung aufgekeimt, das Pathogen könnte womöglich ans Wasser gebunden sein. Im Wasser lebende Bakterien waren zwar robust und wetterresistent, aber sie verbreiteten sich auch nur langsam …
    … im Gegensatz zu Pathogenen, die durch die Luft übertragen wurden.
    Die verbreiten sich schnell.
    Sehr schnell .
    »Wenn wirklich die Luft der Übertragungsweg ist«, sagte Brüder, »dann handelt es sich vermutlich um ein Virus.«
    Ja, ein Virus , stimmte Sinskey ihm in Gedanken zu. Einen effizienteren Erregertypus hätte Zobrist sich nicht aussuchen können.
    Ein derartiges Virus unter Wasser freizusetzen, wirkte ungewöhnlich, doch es gab viele Lebensformen, die zunächst im Wasser heranwuchsen und später in die Luft schlüpften: Moskitos, Legionellen, Mykotoxine, Rotalgen, ja sogar Menschen. Sinskey stellte sich vor, wie das Virus sich überall in der Zisterne ausbreitete … und dann im Inneren von Mikrotropfen in die Luft stieg.
    Mit besorgter Miene sah Mirsat zu dem Gebäude auf der anderen Straßenseite. Sinskey folgte seinem Blick zu dem kantigen, rot-weißen Ziegelgebäude, dessen Tür offenstand. Hinter der Tür schien eine Treppe nach unten zu führen. Gutgekleidete Leute warteten davor, während ein Türsteher bestimmte, wer wann die Treppe hinunterdurfte.
    Ist das eine Art unterirdischer Tanzclub?
    Sinskey las die goldenen Buchstaben auf dem Gebäude, und ein Gefühl der Beklemmung überkam sie. Wenn dieser Club nicht zufällig ›Zisterne‹ hieß und im Jahre 523 n. Chr. Eröffnung gefeiert hatte, dann wusste sie, warum Mirsat so besorgt dreinblickte.
    »D… der Versunkene Palast«, stammelte Mirsat. »Es … es sieht so aus, als würde dort heute Abend ein Konzert stattfinden.«
    Sinskey starrte ihn ungläubig an. »Ein Konzert in einer Zisterne?«
    »Das ist eine sehr große Kaverne«, antwortete Mirsat. »Sie wird oft für kulturelle Veranstaltungen benutzt.«
    Brüder hatte genug gehört. Er rannte los und schlängelte sich durch den Verkehr auf der Alemdar Caddesi. Sinskey und die anderen folgten ihm auf den Fersen.
    Als sie den Eingang erreichten, war die Tür von einigen Konzertbesuchern blockiert, die auf den Einlass warteten: drei Frauen in Burkas, ein händchenhaltendes Touristenpärchen und ein Mann im Smoking. Sie alle standen dicht gedrängt in der Tür, um sich vor dem Regen zu schützen.
    Von unten hörte Sinskey klassische Musik. Berlioz , dachte sie. Was auch immer dort gespielt wurde, auf den Straßen von Istanbul wirkte es fehl am Platz.
    Trotz der Leute spürte Sinskey einen warmen Luftzug von der Treppe, der tief aus der Erde kam. Die Luft trug nicht nur die Musik herauf, sondern auch den unverkennbaren Geruch von Erde, Feuchtigkeit und Menschenmassen.
    Sinskey überkam eine düstere Vorahnung.
    Eine Touristengruppe kam fröhlich plaudernd die Treppe herauf. Als sie das Gebäude verließ, schickte der Türsteher die wartenden Konzertbesucher hinunter.
    Brüder wollte ebenfalls hinein, doch der Mann hielt ihn mit einer freundlichen Geste zurück. »Einen Augenblick bitte, Sir. Die Zisterne hat ihre Besucherkapazität erreicht. Aber es dauert höchstens eine Minute, bis der nächste Besucher geht. Danke.«
    Brüder hätte den Mann offensichtlich am liebsten aus dem Weg geräumt, doch Sinskey zog ihn beiseite.
    »Warten Sie. Ihr Team ist auf dem Weg. Sie können die Zisterne nicht alleine durchsuchen.« Sie deutete auf die Tafel an der Wand, gleich neben der Tür. »Die Fläche ist riesig.«
    Die Informationstafel zeigte einen unterirdischen Raum so groß wie eine Kathedrale, fast zwei Fußballfelder lang, mit einer Fläche von fast neuntausend

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