Infinitas - Krieger des Glaubens (German Edition)
behielt er den Ausgang im Auge. Er war noch nie einem so kleinen Vampir begegnet. Sie war höchstens einssechzig groß, vermutlich sogar kleiner. Auch ohne ihre Zähne hatte er sie sofort an ihrem Geruch erkannt. Er hatte eine feine Note von Zimt wahrgenommen, so, als würde sie nach Weihnachtsplätzchen duften. Ein leichtes Grinsen glitt über sein Gesicht. Es war Jahrhunderte her, dass er an Weihnachtsplätzchen gedacht hatte. Doch ihr Aroma umwehte immer noch seine Nase. Ihre blauschwarzen Haare ließen sie wie ein Junge aussehen, und auch ihr Ton war eher der, den man auf der Straße sprach. Aber als er sie aufgefangen und mit seiner Hand gehalten hatte, war da noch etwas anderes gewesen. Sie hatte seinen Duft tief eingesogen, und das Erste, was er an ihr wahrgenommen hatte, waren ihre Augen. Schwarz wie die Nacht, mutig und eigensinnig. Wie wohl ihr Name war? Wer sie wohl war?
Die Tür des Hinterausgangs wurde ruckartig aufgerissen und knallte laut gegen die Wand. Maroush beobachtete, wie sie mit Philippe im Schlepptau den Hinterhof betrat.
»Hey Sunny warte, ich habe meinen Rucksack im Club vergessen. Ich hole ihn schnell.«
»Den können wir später mitnehmen. Komm jetzt, wir haben es eilig, die Sonne geht bald auf, und dann sind wir im Arsch.« Mit schnellen Schritten liefen sie in Richtung Straße.
»Sunny!«, murmelte Maroush leise vor sich hin und schaute den beiden nach, wie sie um die Ecke verschwanden.
Sara zog die Bettdecke über sich und Channing. »Shia ist hier, ich kann ihn spüren.« Er schlug die Decke beiseite und wollte aufstehen, doch sie hielt ihn zurück.
»Glaubst du wirklich, er weiß nicht, was zwischen uns passiert ist? Er hat dich gewandelt, du wirst für immer in seinem Bewusstsein sein, mal mehr, mal weniger, ganz, wie er es will. Du musst ihn doch auch spüren?«
Channing nickte und setzte sich wieder an das Kopfende. »Ja, ich fühle ihn, nicht sehr stark, aber das Gefühl ist da.« Sie hörten Schritte vor der Tür.
»Komm nicht rein, Channing hat nichts an«, rief Sara, bevor er auch nur reagieren konnte.
Von der anderen Seite der Tür hörte man Shias leises Lachen.
»Das denke ich mir. Ewa braucht etwas Schlaf, sie hat morgen Dienst. Die Jungs werden wohl kommen, wenn der Club schließt. Wir sehen uns später.« Danach verhallten die Schritte zum anderen Ende des Ganges.
Channing zog seine Boxershorts an und trat ans Fenster, um auf das Meer hinauszublicken. »Was soll das heißen, ihr habt das geheime Buch nicht?«
Sara starrte auf Channings Rücken und sah dem Spiel der Muskeln zu, sie waren angespannt, denn obwohl er keine Regung zeigte, erkannte sie seine Besorgnis. Sie hatte auf diese Frage gewartet, und auch wenn Sara damit rechnen musste, wusste sie nicht, was sie Channing antworten sollte, um ihr ganzes Dasein nicht in Frage zu stellen.
»Wir wissen von seiner Existenz«, antwortete sie lakonisch.
»Woher?«
»Shia hat es gesehen. Er hat einige Seiten aus dem Buch an sich nehmen können, bevor es verschwand. Daher wissen wir von unserem Glaubensgelöbnis, davon, dass es uns, die Krieger des Glaubens, gibt, dass wir das Tageslicht nicht fürchten müssen und dass wir auf dich treffen würden, den Anführer mit der Losung, die unsere Körper tragen.«
Channing wandte sich zu Sara um, blieb aber auf Abstand am Fenster stehen. »Wohin ist es verschwunden, es hat sich doch wohl nicht in Luft aufgelöst, oder?«
Sara schüttelte den Kopf. »Nein, es ist verschollen. Der alte Wächter hat es versteckt und wurde getötet, bevor Shia erfuhr, wo das Versteck liegt. Er hat ihm nur einige Pergamente überlassen. Aber wir sind auf der Suche danach. Du könntest uns helfen«, und nach einem kurzen Moment fügte sie hinzu, »wenn du es willst.«
»Wo befinden sich die geretteten Seiten?«
»Shia hält sie versteckt, und aus Sicherheitsgründen weiß nur er, wo.«
Channing nickte. Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf, aber er kam zu keiner logischen Schlussfolgerung.
»Wir brauchen dich. Du kennst dich mit der Geschichte aus. Wir müssen das Buch finden, bevor es den Jägern der Dunkelheit gelingt. Es wäre unser aller Untergang.« Sara erhob sich ebenfalls aus dem Bett und zog eines von Channings Hemden über ihren Körper. Es war ihr zwar viel zu groß, aber sie krempelte einfach die Ärmel hoch und ging auf ihn zu.
»Channing, bitte, was sagst du, hilfst du uns?« Sie legte von hinten die Arme um seinen Körper und schmiegte sich an seinen Rücken.
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