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Ingeborg Bachmann und Max Frisch: Eine Liebe zwischen Intimität und Öffentlichkeit (German Edition)

Ingeborg Bachmann und Max Frisch: Eine Liebe zwischen Intimität und Öffentlichkeit (German Edition)

Titel: Ingeborg Bachmann und Max Frisch: Eine Liebe zwischen Intimität und Öffentlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Gleichauf
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Hauptrolle spielen. Zu einer blitzartigen Präsenz von Vergangenheit kommt es nun, als der Freund Pilliod die Dichterin Ingeborg Bachmann erwähnt. Es führt kein Weg vorbei an der Gewissheit: Dies war die ganz entscheidende, die herausforderndste Liebesbeziehung, die Frisch eingegangen war in seinem Leben. Eine Beziehung, deren Wirkung nie nachgelassen hat, das wird ihm jetzt von Neuem bewusst. Aber ist sie wirklich so restlos gescheitert, diese Liebe? Kann man von vollkommenem Scheitern sprechen, wenn etwas derart intensiv weiterwirkt, die Arbeit befeuert, einen immer wieder in eine verwirrende Unruhe versetzt? Oder ist es wie in vielen Büchern Frischs: Gerade dann, wenn man meint, dies sei eine Geschichte, die zwangsläufig ins Scheitern, in den Untergang führt, erheben sich kleine Inseln des Unmöglichen, die Hoffnung machen. Max Frisch hat den Faden zu Bachmann nicht zerschnitten. Er arbeitet an dem hauchdünnen Gewebe, das Erinnerung heißt.
    Mit Ingeborg Bachmann kann in diesem Frühjahr 1985 kein Interview geführt werden. Sie ist seit zwölf Jahren tot. Sie kann auf Frischs Unruhe nicht mehr antworten. Die Frage nach dem Verlauf ihrer Beziehung zu Frisch hat auch sie immer wieder gestellt. Sie wollte ebenfalls verstehen, hat nach Gründen gesucht für das rasche Ende. Und hat für sich herausgefunden, dass diese Frage ins Nichts führt, dass es eine Frage ist, die Abgründe öffnet. In ihrem Schreiben hat auch sie Liebesgeschichten entworfen, Männerfiguren erfunden, ihnen Namen gegeben, ein- und mehrsilbige, und die Frage gestellt, ob man einen Mann mit einem einsilbigen Namen überhaupt lieben kann. Das Erlebte ist schließlich nicht nur zum Weinen, und das Ironische hat seinen Platz in den Geschichten und im Leben Ingeborg Bachmanns.
    Könnte sie noch einmal angesprochen werden auf ihre Beziehung zu Max Frisch, hätte sie einen wie Philippe Pilliod sich gegenüber am Tisch sitzen, würde sie womöglich zunächst schweigen, nichts sagen oder wie viele Figuren ihrer Bücher antworten: Es war nichts. Damit gäbe sie ihre Betroffenheit direkt weiter an den Gesprächspartner. Das Utopische der Sätze, wie Bachmann es versteht, hier würde es noch einmal deutlich werden. Es war nichts: Es war die Möglichkeit für alles. Das ist gar nicht so weit weg von Frischs Rede von der Reue und vom Sturzflug des Ikarus. Es war Spruch und Widerspruch. Ein grandioser Anfang und ein trauriges Ende. Verzauberung, Entzauberung. Und Spielraumeröffnung für viele Nach-Geschichten.
    In den Gesprächen im Alter , die Philippe Pilliod mit Max Frisch führt, ist Ingeborg Bachmann nicht nur dort präsent, wo ihr Name fällt. Sie ist Stichwortgeberin, abwesende dritte Gesprächspartnerin, taucht auf in Anspielungen, bleibt für Frisch eine gewichtige Stimme über ihren Tod hinaus. Die Auseinandersetzung Frischs mit seinen anderen Lebenspartnerinnen ist nicht zu vergleichen mit seinem lebenslangen Nachdenken über und seinem Denken an Ingeborg Bachmann. Anders als zum Beispiel nach dem Ende der Beziehung zu Marianne Oellers bleiben viele Fragen. Über Marianne Oellers schreibt Frisch in den Entwürfen zu einem dritten Tagebuch : »Sie lebt in Berlin (was ich weiß) in der lichten Jugendstil-Wohnung, die ihre Wohnung geworden ist. Wenn ich eine Frage hätte, so würde sie offener antworten als je, glaube ich. Ich habe keine Frage. Ökonomisch ist alles gelöst auf Lebenszeiten. Einmal fasst sie meine Hand, die auf dem Steintisch liegt zwischen Glas und Aschenbecher. Ihre Biografie, meine Biografie, Schnittpunkt im Vergangenen.« 3 Was die Beziehung zu Marianne Oellers betrifft, herrscht für Frisch Klarheit, bezüglich Ingeborg Bachmann bleiben Rätsel.
    Alles ist offen, und nichts ist geklärt. In diesem Moment in Berzona durchlebt Frisch die Höhen und Tiefen seiner großen Liebe zu Ingeborg Bachmann noch einmal. Bilder tauchen auf, Stimmen werden hörbar. Die Schauplätze dieser Liebe, Paris, Zürich, Rom, breiten sich aus vor dem inneren Auge. Die Vergangenheit schiebt sich über die Gegenwart. Auf der Bühne des Gedächtnisses wird ein Stück aufgeführt, das er kennt, denn er ist eine der zwei Hauptfiguren.

Erste Begegnung
    Treulos ist meine Geliebte,
    ich weiß, sie schwebt manchmal
    auf hohen Schuh’n nach der Stadt,
    sie küsst in den Bars mit dem Strohhalm
    die Gläser tief auf den Mund,
    es kommen ihr Worte für alle.
    Doch diese Sprache verstehe ich nicht. 1

Bett und Tisch
    Gemeinsam benutzt: Jahreszeiten, Bücher und

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