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Ingeborg Bachmann und Max Frisch: Eine Liebe zwischen Intimität und Öffentlichkeit (German Edition)

Ingeborg Bachmann und Max Frisch: Eine Liebe zwischen Intimität und Öffentlichkeit (German Edition)

Titel: Ingeborg Bachmann und Max Frisch: Eine Liebe zwischen Intimität und Öffentlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Gleichauf
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Frischs ahnt es, ja weiß es vielleicht sogar, dass ohne die Begegnung mit Bachmann für Max Frisch fast alles anders gekommen wäre. Diese Beziehung kann nicht einfach nur eine Episode gewesen sein, ein Missverständnis. Wie steht Frisch heute dazu, was bewirkt die Nennung dieses Namens in ihm, hier in Berzona, jetzt, in dieser Stunde?
    Ein kleines Zögern: Was war das damals mit Ingeborg, vor fast 30 Jahren, in Paris, Zürich, Rom, in der eigenen und der fremden Sprache, im Sprachengemisch, im Durcheinander der Gefühle, unter dem Diktat des Schreibenmüssens. Eine Liebe zwischen einem Schriftsteller und einer Schriftstellerin. Diese extreme Erfahrung, sie ist eingegangen in Frischs Arbeit, wie sie auch in Bachmanns Werk eingegangen ist, aber das Schreiben hat sie nicht verstehbar gemacht, sondern bloß ausgefaltet. Nach wie vor lässt Max Frisch der Name Ingeborg Bachmann in äußerste Unruhe geraten, ihn seine Grenzen spüren. Den erlösenden Satz, es hat ihn zu Lebzeiten Bachmanns nicht gegeben. Frisch hat sich ins Schreiben gerettet. Wieder und wieder hat er sich selbst und seinen Lesern Liebesgeschichten erzählt, hat verschiedene Frauenfiguren entworfen, ihnen Namen gegeben. Die wahre Geschichte der Beziehung zu Ingeborg Bachmann kann nicht erzählt werden. Das weiß Max Frisch. Und es beunruhigt ihn. Der verwirrende, vieldeutige Anfang, die gemeinsamen Jahre, die Trennung, über die er, Frisch selbst, schrieb: »Das Ende haben wir nicht gut bestanden, beide nicht.« 2 Man mache im Leben vielleicht drei, vier oder fünf entscheidende Erfahrungen. Die Begegnung mit Ingeborg Bachmann habe für ihn zu diesen wichtigsten Erfahrungen gehört. Sie sei damals auf ihn zugekommen auf einem roten Teppich, was für das Zwischenmenschliche gefährlich gewesen sei. Sie hatte Vorrang, und er akzeptierte es. So sieht es der alte Max Frisch. Er denke häufig an sie, aber nicht mit einem Bewusstsein der Schuld, wohl aber mit dem Gefühl der Reue. Schuld wirkt endgültig, trennend, schafft eine letzte Realität. Reue hingegen bewahrt einen Zwischenraum aus ungelebten Möglichkeiten. Daran denkt Frisch jetzt, wenn er mit Philippe Pilliod über seine Liebe zu Ingeborg Bachmann spricht.
    Ein Sturzflug sei es gewesen, aber nicht der eines Flugzeugs. Er denke eher an Ikarus dabei. Es ist nicht Altersweisheit, die Frisch so sprechen lässt. Vielmehr eine spezielle Art von Alterswachheit. Immer noch ist dieser Frisch ein Rebell, jemand, der an Utopien glaubt. Wenn einer von Reue spricht, will er nicht recht haben, sich nicht beruhigen in einer Eindeutigkeit, auch nicht in der einer Schuld. In Montauk heißt es, sie werde gebraucht, unsere Schuld, sie rechtfertige viel im Leben anderer. Wie recht Frisch hat. Er denkt daran, was hätte sein können, wenn es nicht gekommen wäre, wie es kam. Es hat keinen Schlussstrich gegeben. Auch wenn es aussah, als habe Frisch nach der Trennung von Bachmann einen radikalen Neuanfang gewagt. Noch einmal anfangen kann man auch dann, wenn man mit allem Vorangegangenen noch nicht am Ende ist. In jedem Anfang sind Reste von Vergangenem, führen ihr Eigenleben.
    Frisch war nach dem Ende der Beziehung zu Ingeborg Bachmann sogleich in eine neue Liebesgeschichte geflüchtet. Mit der jungen, aufgeschlossenen, belesenen, fröhlichen, kommunikativen Studentin Marianne Oellers glaubte er, die Zeit mit Ingeborg Bachmann hinter sich lassen zu können, Abstand zu gewinnen, einen der für ihn so lebenswichtigen Anfänge zu schaffen. Wieder neu sein, heraustreten aus einer Lebenssituation, die unerträglich geworden ist. Es ist nicht der letzte Rettungsversuch geblieben. Alice Carey, eine junge Amerikanerin, sollte ein paar Jahre später Garantin sein für einen weiteren Neubeginn.
    Das Leben kann scheitern, das weiß Frisch. Es ist eine seiner Grundeinsichten. In seinem Werk setzt er sich dauerhaft auseinander mit Möglichkeiten des Scheiterns. Und diese Einsicht in die Fragilität aller Lebensentwürfe gewinnt nun wieder eine starke Präsenz, hier in Berzona, am Steintisch, im Garten unter Bäumen. Dass man dem totalen Scheitern knapp entrinnen, dass man sich jederzeit verlieren kann und dann nichts mehr hilft, auch keine neue Beziehung. Frisch hat erleben müssen, dass er Vergangenes nicht abzuschütteln vermag. Alles, was war, das ganze Ausmaß an Erfahrungen, kann sich jederzeit zurückmelden, in Bildern, Träumen, Worten, Gesten. Es kann unerwartet in den Geschichten Platz nehmen, vielleicht sogar die

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