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Inkasso Mosel

Titel: Inkasso Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Ermittlungen aufgenommen.«
    Der Richter stützte den hängenden Kopf in die Hand.
    »Soll ich Ihnen einen Arzt rufen oder jemand anderen informieren?«
    Kaum merklich schüttelte Harras den Kopf.
    *
    »Hätten wir nicht doch noch etwas bleiben sollen?«, fragte Walde auf der Rückfahrt.
    »Er wollte allein sein.« Meiers Stimme war belegt. Er räusperte sich. Hatte er so etwas wie Mitgefühl bei Meier gehört? »In seinem Job ist er schon mit vielen Schicksalsschlägen konfrontiert worden. Da wird man …« Meier suchte nach dem passenden Wort.
    »Abgebrüht«, half Walde aus.
    »Nein, ich würde sagen: verschlossen, in sich gekehrt.«
    Am liebsten hätte Walde gesagt, so wie du, statt dessen sagte er: »Nicht, dass er sich was antut?«
    »Ruf ihn doch heute Abend noch mal an, wir müssen sowieso noch weitere Fragen mit ihm klären.«
    »Nicht mehr heute!«
    »Ist klar.« Meier nahm seine Zigaretten-Packung aus der Tasche und legte sie aufs Armaturenbrett, als brauche er sie als Gedächtnisstütze, um die nächste Rauchmöglichkeit nicht zu versäumen.
    »Macht es dir was aus, wenn wir kurz zu meiner Baustelle fahren?«
    »Nur zu, auf die paar Minuten kommt es auch nicht mehr an.« Meier steckte die Zigaretten wieder ein.
    Im Flur dröhnten Hip-Hop- Rhythmen. Walde ging an der Tür mit den Jugendstil-Glasornamenten vorbei, aus der die Musik wummerte. Im Kinderzimmer saßen Uli und Jo auf Farbeimern. Zwischen sich, auf einem zusammengeklappten Tapeziertisch, hatten sie einen Imbiss aufgebaut.
    Walde stellte vor: »Herr Abend, Herr Ganz, mein Kollege, Herr Meier.«
    Uli wies auf das Essen: »Greift zu, es ist genug da!«
    Walde besah sich das für eine Baustelle recht opulente Mahl, bestehend aus Baguette, Wurst, Käse, Gurken, Tomaten, Oliven und einer Flasche Rosé: »Sieht gut aus.«
    »Und was sagst du hierzu?« Uli wies auf die Wände ringsum.
    »Oh, schon fertig, das wird Doris freuen.«
    »Ich denke, wir müssen noch einmal streichen, die Farbe deckt nicht so richtig«, sagte Jo, der gerade einen Bissen mit einem Schluck Wein hinuntergespült hatte. »Aber dafür sind die Armaturen im Bad komplett angeschlossen.«
    Immer noch hämmerte nebenan der gleiche Rhythmus.
    »Toll, danke. Ihr müsst entschuldigen, dass ich euch so lange allein gelassen habe.« Walde schob sich eine Käsescheibe in den Mund, nahm sich ein Stück Baguette und bedeutete Meier, ebenfalls zuzugreifen.
    Der hatte bereits eine Zigarette zwischen den Lippen, zögerte aber mit dem Anzünden: »Ich schau mir mal den Garten an.«
    »Ist noch eher ein Urwald, du kommst vom Wohnzimmer aus auf die Terrasse, du musst nur der Musik folgen«, erklärte Walde.
    »Vielleicht können Sie meinen Sohn dazu bringen, die Musik etwas leiser zu stellen«, bat Jo. »Ich habe schon versucht, missionarisch auf ihn einzuwirken.«
    Meier war kaum verschwunden, als das Wummern schlagartig an Intensität abnahm.
    »Alle Achtung«, meinte Jo mit vollem Mund. »Der kann mit Jugendlichen umgehen.«
    »Ich habe zwar keinen Schuss gehört, aber vielleicht hat Meier einen Schalldämpfer benutzt«, vermutete Walde.
    Die drei sahen, wie Meier auf der Terrasse auftauchte und erste Rauchzeichen sendete.
    »Warum musstest du weg?«, fragte Uli.
    »Wenn du versprichst, kein Extrablatt herauszugeben, verrate ich es dir.«
    »Das kann ich nicht versprechen, kommt drauf an, was passiert ist.«
    »Eine Tote, wahrscheinlich Fremdverschulden.«
    »Promi?«, fragte Uli.
    »Nein.«
    »Dann gibt’s kein Extrablatt , unter Zeugen versprochen.«
    Jo schenkte Wein nach und tat, als habe er nicht zugehört.
    »Eine Studentin, in ihrer Wohnung in der Nähe der Uni. Sie ist übrigens die Tochter von Harras.«
    »Dr. Winfried Harras, früher Haftrichter, heute Vorsitzender Richter am Landgericht.«
    »Du kennst ihn?«, fragte Walde.
    »Wer kennt ihn nicht, das war früher ein ganz scharfer Hund. Soviel ich weiß, hat der es fertiggebracht, einen 14-Jährigen in den Knast zu schicken, weil er Vaters Auto geklaut hatte.«
    »Und heute?«
    »Harras ist ruhiger geworden, seit sein Sohn verschwunden ist.«
    »Davon wusste ich nichts«, sagte Walde.
    »Das sind schon ein paar Jahre her. Sein letztes Lebenszeichen ist in Form eines Abschiedsbriefs gekommen, dem er seinen Wehrpass beigelegt hat. In Marseille verliert sich seine Spur.
    Dort hat er auch sein Motorrad stehen lassen.«
    »Wurde eine Vermisstenanzeige erstattet?«
    »Und wenn schon, der Junge war volljährig. Den konnte man ja nicht

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