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Inkasso Mosel

Titel: Inkasso Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Wohnungen zu räumen, und hier ist noch eine Menge zu tun. In spätestens drei Wochen kommt unser Nachwuchs. Ich kann beim besten Willen nicht kommen.«
    »Es ist ein Notfall, Herr Bock, sonst würde ich ganz bestimmt …«
    Walde streckte den Arm mit dem Telefon aus und schnaubte. Für einen Moment hätte er es am liebsten in den vollen Farbeimer gepfeffert, den Uli gerade mit einem scheppernden Plopp öffnete. Er atmete tief durch und hielt das Handy wieder ans Ohr.
    »Herr Bock? Hallo?«
    »Ja, Herr Stiermann.«
    »Ich dachte, Sie hätten … Sei’s drum. Wie ist es nun, können Sie sich loseisen?«
    Eine Orgelsequenz schallte aus der Diele. Die Wohnungsklingel, ein Überbleibsel der Vormieter, spielte von einem Zufallsgenerator ausgewählte Melodien ab. Der letzte Mieter war Intendant am Stadttheater und künstlerischer Leiter der Antikenfestspiele gewesen.
    Mit den Augen bedeutete Walde Uli, die Tür zu öffnen. Als sein Freund den Raum verlassen hatte, sagte er ins Telefon: »Ich bin in zehn Minuten da.«
    Walde streifte den Papieroverall ab und stieg in seine Jeans. Oberhalb der rechten Hosentasche entdeckte er einen blauen Klecks. Als er ihn prüfend mit einem Finger berührte, blieb frische Farbe daran haften. Vergeblich versuchte er, den Fleck mit einem Zeitungsschnipsel abzutupfen. Aus der Diele hörte er den unsanften Aufprall von etwas Metallischem auf das Parkett und den Bass seines Freundes Jo.
    Kurz darauf wurde die Klinke kraftvoll nach unten gerissen und Jos massiger Körper füllte den Türrahmen. Dr. Joachim Ganz, von seinen Freunden Jo genannt, war bereits seit Schulzeiten Waldes Freund. Sie hatten auch während der räumlich getrennten Studienzeit stets Kontakt gehalten. Jo führte den Titel Kommissar für Reblausbekämpfung, ein Überbleibsel aus der Zeit um 1900, als eine große Reblausplage den gesamten Weinbestand der Mosel bedrohte und eine behördliche Stelle zur Bekämpfung des kleinen Schmarotzers eingerichtet werden musste. Ein altes Messingschild mit dem Titel zierte immer noch den Eingang seiner Abteilung bei der Land- und Weinbaubehörde.
    »Wie, ich dachte, es gäbe viel zu tun?«, fragte Jo verdutzt, als er den sich ankleidenden Walde sah. Hinter ihm lugte sein Sohn Philipp, in Körperumfang seinem Vater sehr ähnlich, herein.
    »Stimmt, aber ich muss kurz weg.«
    Walde führte Uli, Jo und Philipp durch die Wohnung und zeigte ihnen, welche Arbeiten anstanden: »Raufaser soll an die Wände von Wohnzimmer, Arbeitszimmer, Musikzimmer und Küche.«
    »Was ist mit der Tapete, die noch dran ist?«, fragte Jo.
    »Die muss natürlich ab.«
    »Das mach’ ich«, meldete sich Philipp.
    »Du weißt nicht, worauf du dich da einlässt«, sagte sein Vater.
    »Im Bad müssen Armaturen gewechselt und eine neue Duschkabine angebracht werden. Priorität hat das Kinderzimmer, dann Bad, Küche und Schlafzimmer.« Walde warf den Papieroverall auf seine Werkzeugkiste. »Bis später.«
    An der Tür blieb er stehen: »Falls Doris fragen sollte, ich bin zum Baumarkt.«
    »Wohin sonst, du hast ja schließlich Urlaub«, grinste Jo.
    *
    Vor der Tür schaute Walde zum ersten Mal an diesem Tag zum Himmel. Obwohl bereits früher Nachmittag war, hing noch Nebel über der Stadt. Es war einer dieser Tage, an denen er froh war, etwas zu tun zu haben, um nicht auf trübsinnige Gedanken zu kommen. In der Zuckerbergstraße bemerkte Walde, dass er auf dem Weg zum alten Präsidium war. Die Macht der Gewohnheit. Er bog in die Johannisstraße ab und von dort in die Frauenstraße. Im vollgeparkten Hof des neuen Präsidiums war kein Platz für seinen sperrigen Volvo. Er rangierte den Wagen rückwärts aus dem Hof und parkte im Halteverbot neben dem Seitenflügel des Präsidiums. Bevor er ausstieg, suchte er nach einer Visitenkarte. Er fand einen alten Parkschein, kritzelte auf die Rückseite seine Telefonnummer und legte ihn hinter das Lenkrad aufs Armaturenbrett.
    Das Gebäude wirkte ausgestorben. Ohne jemandem im Treppenhaus und im Flur des ersten Stocks zu begegnen, gelangte er zum Büro des Präsidenten. Im Vorzimmer wurde er gleich durchgeschleust.
    »Herr Bock, wie geht’s?« Stiermann war aufgestanden und kam ihm mit ausgestreckter Hand entgegen. Er trug wie immer Cowboystiefel zum Anzug.
    »Danke«, Walde erwiderte den kräftigen Händedruck. »Und selbst?«
    »Kommen wir gleich zur Sache«, der Polizeipräsident deutete auf eine Sitzgruppe, wo Tassen und eine Schale mit Gebäck auf einem kleinen Tisch standen. Er

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