Inmitten der Unendlichkeit
dieser. Die beschleunigten Schiffsbauprogramme und die rasche Ausbildung und Beförderung der Offiziere und Mannschaften führten nicht zu ausreichend Erfahrung und Gewitztheit, um sich in einer Kampfsituation entsprechend verhalten zu können.
Im Durcheinander einer größeren Schlacht mochten einige Kapitäne ihre Schiffe zurückhalten, andere bekamen vielleicht sogar Panik. Dieses Verhalten würde den verbleibenden Schiffen der Alliierten eine größere Last auferlegen – sowohl strategisch als auch psychologisch – und die Kampfkraft ernsthaft schwächen.
Und wenn ein Kampfschwarm erst einmal am Rand einer Niederlage stünde – einer ernsthaften Niederlage, wie Korie schrieb –, dann bedeutete dies einen schweren psychologischen Schlag für die Alliierten. Es wäre für einen Kapitän zukünftig unmöglich, im Schwarm anzugreifen, wenn er nicht daran glauben konnte, daß seine Kameraden es ihm gleichtaten. Aus diesem Grunde war eine entsprechende psychologische Überwachung aller Schiffskommandanten unumgänglich, genau wie das intensive Training von Kampfsituationen.
Korie entwickelte außerdem eine alternative Strategie, von der er glaubte, daß sie mit minimaler Anstrengung implementiert werden konnte: Sie bediente sich der größten Vorteile der Killerbienenstrategie und schloß ihre Nachteile weitgehend aus. Er nannte sie Killerhai- Strategie. In seinem Szenario würde sich der große Schwarm in viele kleine Verbände aufteilen, die jeweils nur einen kleinen Verantwortungsbereich abzudecken hatten. Und innerhalb des Verbandes hätte jeder einzelne Zerstörer wiederum sein eigenes Ziel, seine eigene Aufgabe – entweder Angriff oder Verteidigung. Wenn ein individuelles Schiff einem morthanischen Kriegsschiff begegnete, dann konnte es einen kodierten Hyperraumblitz aussenden, und alle Schiffe in Reichweite würden sich wie ein Rudel von Haien im Freßrausch auf das Signal stürzen.
Das Auseinanderziehen der Flotte würde erlauben, Raumschlachten als einzelne Scharmützel anstatt massiver Konfrontationen auszutragen. Es würde die Möglichkeiten des Gegners reduzieren, der Alliierten Flotte in einer einzigen Schlacht einen vernichtenden Schlag zu versetzen. Außerdem würden weit auseinandergezogene Verbände Abfangmanöver sehr viel schwieriger machen. Und das erst recht, wenn alle Schiffe, die an einem Angriff beteiligt waren, aus völlig verschiedenen Richtungen herankamen.
Korie verbrachte Monate damit, die Dynamik derartiger Schlachten auszuarbeiten, indem er mit Hilfe der Harlie-Einheit der LS-911 Simulationen durchführte. Verschiedene Annahmen in seiner Arbeit stellten sich auf diese Art und Weise schnell als falsch heraus; er strich sie aus seiner Hauptthese und fügte dem Anhang entsprechende Diskussionen bei. Und es gab andere Annahmen, die ihn letzten Endes zu den verblüffendsten Ergebnissen über die Natur von Auseinandersetzungen bei Überlichtgeschwindigkeiten brachten.
Im Hyperraum waren alle Schiffe gleich verwundbar.
Die Größe eines Schiffes war bedeutungslos. Wenn man seine Hyperraumblase zerstören konnte, dann konnte man das Schiff darin zerstören.
Im Hyperraum waren alle Schiffe allerdings auch gleich gefährlich. Die Größe des Schiffes war bedeutungslos. Wenn ein Schiff nahe genug herankam, dann konnte es auch einen Hyperraumtorpedo abfeuern.
Es kam in Wirklichkeit nur darauf an, wie schnell ein Schiff war und wie weit seine Ortungsapparaturen sehen konnten. Und da die Größe der Hyperraumblase sowohl die Geschwindigkeit als auch die Brennweite der Gravitationslinse und damit ihre Reichweite festlegte, wurde die wahre Leistungsfähigkeit eines Schiffes nur durch die Größe seiner Singularität und die Qualität seiner Fluktuatorapparaturen bestimmt.
Je mehr Korie sich mit diesem Dilemma auseinandersetzte, desto mehr kam es ihm wie eine Herausforderung in dreidimensionalem Schach vor. Je weiter ein Schiff ›sah‹, desto geringer war die Wahrscheinlichkeit, daß ein anderes Schiff sich unbemerkt annähern und einen Hyperraumtorpedo abfeuern konnte.
Und je größer die Geschwindigkeit, die ein Schiff erreichte, desto wahrscheinlicher würde es sich erfolgreich einem Gegner annähern und seine Torpedos auf ihn abfeuern können, bevor dem Gegner Zeit zu einer Reaktion blieb – sei es Flucht oder ein Gegenangriff mit eigenen Torpedos. Aus diesem Grund waren die offensiven und defensiven strategischen Fähigkeiten eines Schiffes untrennbar miteinander verbunden.
Es gab
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