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INRI

INRI

Titel: INRI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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kommen. Es war in der Welt, und die Welt ist durch dasselbe gemacht; und die Welt kannte es nicht. Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, die an seinen Namen glauben; welche nicht von dem Geblüt noch von dem Willen des Fleisches noch von dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind.
    Johannes 1,1-13
     
     

Einsam, einsam, einsam…
Oh, Herr Jesus…
Laß das!
Na-rr
LASS DASNa
LASS DAS rr NEIN!
Herr Je…
LASS DAS!
Ich liebe dich… LASS DAS
Herr Jesus, ich…LASS DAS
Einsam…
    Akne. Waschen. Einsam. Vernunft. Ein großes silbernes Kreuz ficken.
    Seine Rippen verheilten.
    An den Abenden humpelte er jetzt zum Eingang der Höhle und hörte sich den Singsang der Essener bei ihrem Abendgebet an. Aus irgendeinem unerfindlichen Grunde brachte der monotone Singsang immer Tränen in seine Augen, und er begann haltlos zu weinen.
    In diesem Stadium seiner Genesung wurde er oft von Depressionen erfaßt, die ihn an Selbstmord denken ließen.
    Er hatte alle Gashähne im Haus aufgedreht und es zeitlich so eingerichtet, daß es mit der Rückkehr seiner Mutter von der Arbeit zusammenfiel.
    Eben bevor sie das Gartentor öffnete und auf die Haustür zuging, legte er sich im Wohnzimmer vor den Gasofen.
    Als sie hereinkam, schrie sie, hob ihn auf, legte ihn auf das Sofa und schlug sämtliche Fenster im Erdgeschoß ein, bevor ihr einfiel, die Gashähne zuzudrehen und einen Arzt zu rufen.
    Als der Arzt kam, hatte sie eine Geschichte für ihn bereit - über einen Unfall. Aber der Arzt schien voll im Bilde zu sein. Er zeigte nicht allzuviel Mitgefühl für Karl.
    »Du möchtest im Rampenlicht stehen, junger Mann«, sagte er, als Karls Mutter nicht im Zimmer war. »Du möchtest im Rampenlicht stehen, wenn du mich fragst.«
    Karl hatte zu weinen angefangen.
    »Wir werden eine Urlaubsreise machen«, sagte seine Mutter, als der »Arzt gegangen war. »Was ist es denn? Kommst du in der Schule nicht gut mit? Wir werden in Urlaub fahren.«
    »Es hat nichts mit der Schule zu tun«, schluchzte er.
    »Was ist es dann?«
    »Du bist es…«
    »Ich? Ich? Warum ich? Was hab' ich damit zu tun? Was willst du damit sagen?«
    »Nichts.« Er wurde trotzig.
    »Ich muß anrufen, daß sie kommen und die Scheiben einsetzen«, sagte sie und eilte hinaus. »Es wird ein Vermögen kosten.«
    Liebe mich, liebe mich, liebe mich…
    Einsam…
    Vater unser, der du bist im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme…
    LIEBE MICH!
    Schwebend, größer als die Welt, den kleinen beschnittenen Pimmel in der Hand, Silberwolken in der Form eines großen, weichen Kreuzes, ich treibe, treibe, komme, komme…
    LIEBE MICH!
    Bill Haley und seine Comets. See you later, alligator . Und für dreieinhalb Monate war Gott vergessen.
    Einen Monat war Johannes der Täufer abwesend. Glogauer lebte bei den Essenern und fand es erstaunlich leicht, als seine Gesundheit sich besserte, sich an ihren Alltag zu gewöhnen.
    Er entdeckte, daß das Dorf der Essener aus einem weit verstreuten Haufen von eingeschossigen, aus Kalkstein und Lehmziegeln gebauten Häusern und aus den Höhlen auf beiden Seiten des flachen Tales bestand. Einige waren natürliche Höhlen, andere waren von frühen Bewohnern des Tals und von den Essenern selbst ausgehauen worden.
    Die Essener lebten in Gütergemeinschaft, und manche Mitglieder dieser Sekte, was Glogauer schon vorher aufgefallen war, hatten auch Ehefrauen, obwohl die meisten von ihnen ein absolut mönchisches Leben führten.
    Glogauer erfuhr zu seiner Überraschung, daß die meisten der Essener Pazifisten waren und sich weigerten, Waffen herzustellen oder zu besitzen. Ihre Glaubensvorstellungen stimmten nicht ganz mit den eher kriegerischen Ankündigungen des Täufers überein, doch die Sekte duldete und verehrte Johannes ohne Zweifel.
    Vielleicht verdrängte ihr Haß gegen die Römer ihre Prinzipien. Vielleicht waren sie nicht absolut sicher, was Johannes vorhatte. Möglicherweise hatte er sich absichtlich in dieser Sache nicht klar ausgedrückt - oder vielleicht hatte Glogauer ihn nicht richtig verstanden. Was immer der Grund dafür sein mochte, daß sie ihn duldeten, es bestand kaum ein Zweifel daran, daß er praktisch ihr Anführer war.
    Das Leben der Essener bestand aus drei rituellen Bädern am Tag, einem Gebet bei jeder Mahlzeit und bei Tages- und Nachtanbruch, und aus Arbeit.
    Die Arbeit war nicht schwierig.
    Manchmal führte Glogauer

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