Ins dunkle Herz Afrikas
vor, einige tragen sogar dicke Goldketten auf ihrer haarigen Brust...« Den Rest des Satzes hatte sie in der Luft hängen lassen. Die Wirkung war tödlich.
Die Mitglieder traten scharenweise aus, und die Warteliste des Durban Country Club wurde so lang, dass viele keinen anderen Ausweg sahen, als sich mit Bestechung auf die vorderen Warteplätze zu schummeln, da sie durchweg ein Alter erreicht hatten, das vermuten ließ, dass sie die Wartezeit durch die Natur der Sache nicht überleben würden. Carla wollte einen Teil der Beaumont-Farm verkaufen, um das Geld für die Strafe aufzubringen, doch Benedict stellte sich auf die Hinterbeine. Er lieh ihr das Geld, das er auf die Farm aufnahm, und zwang sie, ihm dafür ihr Golfhotel zu überschreiben. Am nächsten Tag 241
leerte sie das Geschäftskonto, kaufte angeblich Diamanten von der Summe und setzte sich nach Frankreich ab. Dr. Piet Kruger sorgte dafür, dass sie nie wieder in ihr Heimatland zurückkehren durfte. Er bürgerte sie aus. Sie war zu einem Leben im Exil verurteilt. Henrietta versuchte das spontane Gefühl der Genugtuung zu unterdrücken, das sie auch jetzt, nach fast zwanzig Jahren, überfiel. Doch ganz gelang es ihr nicht. Geschah ihr recht, dachte sie und schämte sich nur ein klein wenig dabei.
»Weiß nicht«, antwortete ihr Isabella patzig und schob ihr Doppelkinn vor, »du warst doch mal mit meinem Alten verlobt, oder?« Was sollte sie ihr antworten?
Ja, das war ich, bis ich herausfand, dass er mich nur wegen Onkel Diderichs Erbe heiraten wollte und dieses bereits vor unserer Hochzeit verpfändet hatte?
Das ging seine Tochter wohl nichts an. »Ganz kurz«, sagte sie dann, »und das ist sehr, sehr lange her. Ich kann mich kaum noch daran erinnern.« Isabella war ihr unangenehm. Aggressivität und schlechte Laune verbreiteten sich in Wellen um sie wie ein schlechter Geruch. »Na, ich hätt's mit dem auch nicht ausgehalten.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte über die Menge hinweg zu sehen. »Gibt's in diesem Laden nichts zu essen?«
»Das Büffet ist dort drüben«, Tita war ganz die liebenswürdige Gastgeberin,
»obwohl ...«, ihre grünen Augen glitzerten boshaft, als sie über Isabellas Fettrollen wanderten, »obwohl du vielleicht mal eine Pause machen solltest.«
Sie schwang herum und zog Henrietta weg. »Entschuldige, wenn ich deine Nichte beleidigt habe, aber sie hat wirklich ungewöhnlich schlechte Manieren. Sie kommt übrigens mit nach Zululand. Sie will auf dem Hinweg eine Freundin besuchen, die auf einer Farm lebt. Auf dem Rückweg holen wir sie wieder ab.«
»Was macht Isabella? Arbeitet sie oder besucht sie die Uni?« »Sie studiert Mathematik und englische Literatur.« »Henrietta!«, rief ihre sehr entfernte Cousine Susi und wedelte mit den Armen, »komm doch mal! - Bitte erklär den Herren einmal, dass ich wissen will, wo dieser Berg ist und warum.« Sie hielt ihr das zer-••knitterte Bild unter die Nase, das sie im Reisebüro hatte mitgehen
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lassen. Sieben oder acht der männlichen Gäste, im Alter zwischen vierzig und Dr. Braunle, lauschten ihr hingebungsvoll. Sie erklärte es den Herren. Es wurden Landkarten gewälzt, Bildbände aus Neils Bibliothek geholt, und nach einer hitzigen Diskussion einigte man sich darauf, dass Susis Turm, wie sie ihn nannte, sich ganz in der Nähe des Ortes befinde, in den sie in den nächsten Tagen den Vitaminsaft bringen wollten. Nur eben den Fluss endang, ein paar Hundert Meter weiter.
»Das ist ja ganz wunderbar, gnä' Frau, das trifft sich ja großartig«, sprudelte Dr. Braunle begeistert, »Sie werden nächste Woche schon Gelegenheit haben, mit Frau Tita und Ihrer Frau Cousine dorthin zu fahren.«
Susi strahlte in die Runde. Henrietta wünschte sie zum Teufel und Dr. Braunle mit ihr. Isabella und Susi, schlimmer hätte es nicht kommen können.
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Umhlanga Rocks - kurz nach Weihnachten 1989
IN ach den trägen, herrlichen Weihnachtstagen fuhren sie am Mittwochvormittag zu viert nach Umhlanga Rocks. Bis auf die kurze Fahrt zum Oyster Box, als sie Susi dort abgesetzt hatten, hatten lan und sie die Gegend seit elf Jahren nicht mehr gesehen. »Auf dem Rückweg würden wir gern an unserem Haus vorbeifahren«, bat lan, »vielleicht sind die Normans sogar da, und wir können kurz mit ihnen sprechen. Sie wollen den Mietvertrag auf zwölf Jahre verlängern, und da wir nie Ärger mit ihnen hatten, passt uns das ganz gut. Sie würden das Haus nur zu gern kaufen, aber das
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