Ins dunkle Herz Afrikas
Erinnerung setzt wieder ein, als ich die weiße Fassade vom >Belle-Epoque< durch den Morgendunst schimmern sah. Ich erkannte einen hohen Kastamenbaum und die winzige Gestalt eines Menschen auf der Terrasse.« Er hielt inne, presste ihre Hand noch fester, über dem Donnern der Brandung war er kaum zu verstehen.
»Die Minuten, bis diese Gestalt aufsprang, durch den Garten zum See rannte und ohne zu Zögern ins eiskalte Wasser lief, bis ich deine blonden Haare erkannte, deine Bewegungen und bis ich dich endlich in den Armen hielt, diese Minuten 290
waren länger, als jede Ewigkeit es sein kann!« Da hatte er sich ihr zugewandt, hatte sie fest umschlungen. »In der letzten Sekunde meines Lebens, irgendwann, wenn meine Zeit kommt, werde ich dieses Bild sehen. Als ich dich am Ufer des Sees stehen sah. Und ich werde den Reiher schreien hören, der neben uns aufflog. Für immer, in meinen glücklichsten Momenten, werde ich seinen Ruf hören.«
Wie damals spürte sie wieder seine gemurmelten Worte als warmen Hauch auf ihrer Wange, zitterte am ganzen Körper. Du behandelst mich wie ein Kind, hatte sie ihm durchs Telefon zugerufen und nicht an den Abszess gedacht. Rannte er jetzt wieder durch einen dunklen Tunnel? Sah er ein Licht? Verstohlen wischte sie sich die Tränen aus den Augen. Wir werden den Schrei des Reihers hören, versprach sie ihm, ganz sicher.
»lan wird die Krankenhäuser und die Polizeistationen anrufen, um herauszufinden, ob ein Unfall gemeldet ist, der drei weiße Frauen und einen schwarzen Fahrer betrifft. Danach wird er mit Neu die Strecke abfahren, sie werden uns finden!«, sagte sie mit Nachdruck.
Susi zog geräuschvoll die Nase hoch und presste sich noch fester an Ron. »Wie sollen die das denn bis zum Einbruch der Dunkelheit schaffen?«
Ronald Cox kam nicht dazu zu antworten. Draußen schrie Mary ein Kommando, ihre Stimme übertönte den Sturm, und ihr Wächter schlug daraufhin das Kuhfell zurück und verschwand. Henrietta, ging zum Ausgang und spähte hinaus. Ein Rauschen empfing sie, wie das Tosen eines Wasserfalls, und so kam der Regen auch herunter. Es schien, als hätte sich der Himmel auf die Erde gesenkt, ein silbernes Licht nahm allen Gegenständen die Farbe, es gab nur noch Schattierungen von Grau. »Warum lassen sie uns allein?« »Wir kommen hier nicht weg.« Ron kniete jetzt neben ihr. »In so einem Sturzregen findet man keinen Weg mehr, alles wird überflutet sein. Sie brauchen uns nicht mehr zu bewachen.
Er trat in Susis Erbrochenes, fluchte unterdrückt und versuchte, den von Fliegen um-291
surrten Haufen mit Erde zu bedecken. Doch der Boden aus festgestampftem Gemisch aus Kuhdung und Erde von Termitenhügeln war zu hart, selbst für seine kräftigen Händen. Er setzte sich wieder auf die gegenüberliegende Seite der Hütte zu Susi, Henrietta und Isabella krochen zu ihnen. Eine senkrechte Falte stand zwischen seinen Brauen. Zum ersten Mal zeigte er Besorgnis. »Wo sind wir hier eigentlich?«, fragte Henrietta. »Mitten im Busch zwischen dem Schwarzen Umfolozi und dem Wela, am Krokodilfluss«, antwortete der Arzt, »westlich von Hluh-luwe.«
»Wer könnte uns hier finden?«
»Garne Ranger, Wildhüter. Vielleicht.« Seine Antwort kam langsam. »Sie kontrollieren ständig den Zustand der Straßen im gesamten Norden und durchstreifen den Busch auf der Jagd nach Wilderern -sie gehören übrigens in gewisser Weise auch der Polizei an - aber in diesem Regen ...« Sein Schulterzucken sprach Bände. Susi hob einen bebenden Finger. »Die Wege sind nicht passierbar ...«, sie hob den zweiten Finger, »die Telefone vermutlich gestört ...«, der dritte Finger kam hoch, »und Neu und lan wissen sowieso nicht, wo sie uns suchen sollen. Hab ich das richtig verstanden?«
Keiner antwortete. In der Hütte herrschte ein dumpfes Schweigen, der Sturm tobte, ertränkte jedes Geräusch von draußen. »Ich muss aufs Klo«, murmelte Isabella nach einer Weile, »kann mir jemand sagen, wo?«
»Du weißt ja, wo das Loch ist«, giftete Susi, der es offensichtlich besser ging, seit Ron sie im Arm hielt, »geh hin, pinkel hinein, nimm ein paar Blätter, wisch dir deinen Hintern damit ab und halt ansonsten deine Klappe«, zitierte sie Isabella und grinste schadenfroh, »die haben ein paar dicke Äste über das Loch gelegt, da stellst du deine Füße drauf und hockst dich hin ganz einfach. Man muss nur aufpassen, dass man nicht reinfallt.«
»Du kannst mich mal«, zischte Isabella und sprintete durch den
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