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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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meinst, ich soll mich wie eine wirkliche weiße Lady benehmen, he?«, spottete sie, »kommt gar nicht in Frage!«
    Am nächsten Morgen stand Dorothy vor der Tür, hinter ihr, halb verdeckt, eine junge Frau, ebenholzschwarz, mit der Haltung einer Königin und dem Gesicht von Sophia Loren. Aber mit schuhlosen Füßen von der Schuhgröße vierundvierzig, breit getreten mit harten Sohlen und abgeschliffenen Nägeln. »Guten Morgen, Madam«, wünschte Dorothy, »das ist Dulcie, sie sucht einen Job.« »Guten Tag, Dulcie. Meine Güte, bist du aber gewachsen!« Sie war überrascht. »Hast du schon einmal in einem Haushalt gearbeitet?« »Aber ja, Madam, sie ist sehr gut und sehr willig«, antwortete Dorothy schnell für ihre Cousine und betrachtete interessiert die einzelne Wolke, die über sie hinweg segelte. »Dulcie, kannst du Englisch sprechen?«
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    »Guten Morgen, Madam, yebo, Madam«, nickte die junge Schwarze schüchtern, ihre Cousine Dorothy mit einem raschen Blick streifend.
    »Wunderbar, du kannst gleich anfangen.« Sie handelten schnell das Gehalt aus, und Dorothy trollte sich. Rasch zeigte sie Dulcie, wo Schrubber und Staubsauger standen, und führte sie dann kurz durch das Haus. »Dulcie, bitte wasche erst das Geschirr und wisch dann Staub im Wohnzimmer, du musst jedes Buch einzeln herausnehmen, vergiss das nicht.«
    »Yebo, Ma'am«, flüsterte Dulcie und verdrehte die Augen. Henrietta lächelte aufmunternd und legte sich restlos zufrieden in den Schatten des rosa Bougainvilleastrauches am Pool. Nach zwei Stunden beschloss sie, einmal nachzusehen, was Dulcie so trieb, ob das Geschirr schon gewaschen war und die ersten Bücher wieder im Regal standen.
    Das Mädchen kniete im Wohnzimmer auf dem handgeknüpften Teppich, den lan aus Südfrankreich mitgebracht hatte, und schrubbte ihn mit viel Vim und viel Wasser. Sie traute ihren Augen nicht. »Dulcie, was machst du da?«, krächzte sie, »Hör sofort auf!« Dulcie setzte sich zurück auf ihre Hacken, hob stumm ihre wunderschönen, schokoladenbraunen Augen, senkte sie aber sofort wieder.
    Sie schluckte, sie kaute auf einer Antwort, brachte sie aber nicht hervor.
    »Dulcie!«
    Dulcie zuckte zusammen, wand sich, beugte ihren Nacken. Dann strömten die Worte aus ihr heraus. Wild gestikulierte sie mit den Händen, Klicks, Zischlaute, gutturale Vokale rollten über ihre Lippen, fielen in den Raum, verklangen.
    »Dulcie, ich versteh dich nicht, bitte sprich Englisch!« Und sie bedauerte, dass sie sich nie die Zeit genommen hatte, besser Zulu zu lernen.
    Dulcie zischelte eine Antwort, rollte verschreckt die Augen und verstummte. Da begriff sie. Dulcie sprach kein Wort, wirklich kein einziges Wort 65
    Englisch! Und ganz offensichtlich hatte sie noch nie einen modernen Haushalt von innen gesehen. Verdammte Dorothy! lan erschien neben ihr. »Sie haben also immer noch ihre alten Tricks drauf«, grinste er, »es wundert mich, dass ausgerechnet du darauf reinfällst. Du scheinst einiges verlernt zu haben.«
    Seufzend bedeutete sie der jungen Schwarzen, ihr zu folgen. Sechs Stunden lang zeigte sie ihr dann Schritt für Schritt, wie man ein Haus reinigt, führte jeden Handgriff, jede Bewegung vor. Am Ende war sie völlig erledigt. Dulcie schlich mit hängenden Schultern in die Küche, um sich ihr Essen zuzubereiten.
    Krachend zerhackte sie Knochen, ein Topf schepperte auf den Boden, das Wasser lief ständig, und der Eisschrank ächzte, weil sie die Tür nicht richtig geschlossen hatte. »Sie kann nicht bleiben«, sagte sie zu lan, »sie macht mich wahnsinnig.«
    »Du bist ziemlich deutsch geworden, weißt du das? Das ist Afrika! Danach hast du dich doch ständig gesehnt.« Er musterte sie amüsiert. »Du willst doch nicht etwa den ganzen Haushalt allein machen?«
    »Quatsch!«, knurrte sie, fühlte sich aber ertappt. Dulcie blieb. Sie fuhr mit ihr am nächsten Tag zu Beryl Stratton und nahm sich Dorothy vor. »Dorothy, komm her, sofort! Ich muss mit dir reden«, befahl sie und wurde sich im selben Moment bewusst, dass sie wie die Karikatur einer weißen Madam klang. Sie räusperte sich. »Bitte«, setzte sie hinzu.
    »Madam?« Dorothy kam in ihrer gemächlichen Art, sich die Hände an ihrer Schürze abwischend, aus der Küche gewatschelt. Ihre Gesichtszüge entspannten sich, die Unterlippe hing lose, der Blick ging an ihr vorbei ins Leere.
    Dorothy mimte die dumme Schwarze. Diesen Ausdruck erinnerte sie nur zu gut.
    Ein beliebter und höchst wirksamer strategischer Zug der

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