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Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Glück, als sie zu ihrem Onkel auf die Farm in Natal geschickt wurde, wollte ihnen erklären, welche Kraft sie aus diesem Land zog, doch nach kurzer Zeit rutschten die beiden unruhig auf ihren Stühlen herum. »Gab es Schlangen auf der Farm und Affen?«, wollte Jan wissen, als habe er gar nicht zugehört.
    »Sie sind erst acht Jahre, ich werd's ihnen erklären, wenn sie alt genug sind«, entschied sie, insgeheim erleichtert. Die Zwillinge fanden rasch Freunde, trafen sich mit ihnen zum Fischen und Tauchen, durchstreiften zusammen den Hawaan-Busch am Umhlanga-Fluss, wurden zu Familienfesten eingeladen. Bald gehörten sie wieder dazu, als wären sie nie weggewesen, und Julia fragte nicht wieder.
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    Juni 191'6-Natal
    .L)er 16. Juni 1976 war der Anfang vom Ende des weißen Südafrikas.
    Fünfzehntausend Schulkinder kämpften in Soweto vor den Toren Johannesburgs, siebenhundert Kilometer weit von Umhlanga Rocks entfernt, dagegen, dass sie ihren Unterricht in Afrikaans erdulden mussten. Sie kämpften mit Steinen und Stöcken gegen Maschinengewehre und Tränengas. Wie ein Grasbrand breiteten sich die Unruhen aus, aber die Weißen sahen die Flammen nicht, rochen kaum den Rauch. Abgeschirmt durch die Apartheid und die rigorose Zensur, die, unterstützt durch die weltabgeschiedene Lage Südafrikas - nur mit sehr starken Kurzwellenempfängern war es möglich, Sender aus Übersee abzuhören -, auch keinerlei Information aus dem Rest der Welt zuließ, erkannten sie nicht, dass sie in einem Kriegsgebiet lebten.
    Auch sie ließ den Gedanken nicht zu, dass es auch um ihre Haut ging, ihre weiße Haut, denn um diese ging es mittlerweile in ganz Afrika. Die waren schwarz, und sie waren weiß. Seit den Soweto-Aufständen war das Problem auf diese simple Feststellung reduziert. Punkt. Aber auch das erkannten sie damals nicht.
    Ihre Nachbarn waren enthusiastische Anhänger der Apartheid. Umhlanga Rocks, der kleine Seebadeort am Indischen Ozean, auf den sie von ihrem Haus hinunterschauten, war eine teure Gegend, und wer dort wohnte, hatte viel zu verlieren.
    Deswegen kamen ihre schwarzen und indischen Freunde erst nach Einbruch der Dunkelheit, aber sie kamen immerhin. An diesen Abenden füllte ihre laute, quirlige Lebensfreude das Haus. Mit tiefen, rauen Stimmen woben sie aus ihrem Leben einen vielfarbigen Zauberteppich, flogen fort mit ihren weißen Freunden in eine ge-83
    heimnisvolle Welt des Übernatürlichen, bevölkert von Göttern, guten und bösen Dämonen und Schatten ihrer Ahnen, die ihr Leben überwachten, Schlangen mit Zauberkräften und grausamen Bräuchen. Verabschiedeten sie sich am Ende eines solchen Abends, waren sie wieder Rechtsanwälte, Künstler oder Ärzte. Henrietta und lan blieben zurück und fanden keine Verbindung zwischen diesen Welten.
    Sie waren ihnen sehr kostbar, diese Treffen, die immer bis zum frühen Morgen dauerten, doch sie halfen, groteskerweise, ihren Blick zu trüben. All das Hässliche und Böse, die Schmerzen und das Blut wurden hinter den Stacheldrahtzaun der Apartheidgesetze zurückgedrängt. Es blieb nur Afrika.
    Im Rest von Schwarzafrika brodelte es, und die Situation im benachbarten Rhodesien glich, nachdem Sambia, Tansania und Mosambik die Guerillakämpfe gegen die weiße Minderheit unterstützten, der eines Dampfkochtopfes kurz vorm Explodieren. Lange Artikel über die Brutalität der schwarzen Terroristen füllten die südafrikanischen Zeitungen. Die Südafrikaner begannen sich hinter die Wagenburg in ihren Köpfen zurückzuziehen.
    Doch Rhodesien, das war weit, weit weg, jenseits des Limpopo, tief in Afrika.
    Erst als Janet Hamilton mit ihrer Familie 1975 aus Rhodesien geflohen und in ihre Nachbarschaft gezogen war, hörte sie Näheres.
    »Wir mussten die Kinder täglich in einem Konvoi von drei gepanzerten Fahrzeugen in die Schule bringen«, berichtete Janet ihr beim Tee, »ein Fahrzeug vorne, eins hinten mit schwer bewaffneten Soldaten, in der Mitte die Schulkinder.«
    »Wie habt ihr nur so leben können?«, fragte sie entsetzt. »Warum seid ihr nicht viel früher von dort weg?«
    »Es fing ganz harmlos an«, erklärte Janet. »Erst begleitete ein Vater seine Kinder in die Schule, dann waren es zwei Väter, und wie viele Rhodesier trugen sie eine Waffe, ganz normal für die Gegend. Nach einiger Zeit fand man es praktischer, alle Kinder gemeinsam in einem Kleinbus in die Schule zu bringen.
    Zwei Männern fuhren als Bewa-
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    chung mit. Nach den ersten Überfällen wurde der Bus von

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