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Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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nahm das Geld und Edwards Pension und verließ ohne einen Blick zurück den Kontinent, in dem sie fast ihr ganzes Leben verbracht hatte. Einfach so.
    Das war erst letzte Woche gewesen und beschäftigte immer noch ihre Gedanken.
    »Wir haben also drei Monate, um das Land zu verlassen«, sagte sie zu Tita, ganz ruhig, »denn wir werden nicht zulassen, dass Jan auf Menschen schießt, und wir lassen schon gar nicht zu,
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    dass er in einem Krieg kämpft, der die Apartheid verteidigt, der diesen Kerlen von BOSS und dem Broederbond den Kragen retten soll!«
    »Und ihr müsst es heimlich machen. Neu meint, dass sie Jan schon jetzt nicht mehr ausreisen lassen«, antwortete ihre Freundin, ihre grünen Augen dunkel mit Mitgefühl.
    Sie starrte hinaus in den Hamburger Spätherbst. Das Land verlassen! Sie erinnerte sich genau, wie sie plötzlich gestockt hatte, als ihr klar geworden war, was sie da gesagt hatte. Das Land verlassen! Zum zweiten Mal sollte sie aus ihrem Paradies vertrieben werden, und dieses Mal würde es für immer sein.
    Sie stand auf, streckte sich, ging mit schnellen ruhelosen Schritten in ihrem Hamburger Wohnzimmer auf und ab, wieder dröhnten die Schläge der Mittagsglocke der Oys-ter Box in ihren Ohren.
    Eine gleichmäßig graue Wolkendecke hatte die blasse Novembersonne verschluckt, und feiner Sprühregen fiel wie ein Schleier übers Land. Sie sah durch ihn hindurch, elf Jahre zurück, saß an jenem warmen Oktoberabend 1978 wieder mit lan in ihrem Garten in Afrika und überlegte, was sie tun mussten, um ihr südafrikanisches Leben zu einem Ende zu bringen.
    »Es wird für immer sein, diesmal«, hatte sie geflüstert und sich fester in lans Arme geschmiegt. Sie hoffte inständig, dass er sagen würde, aber nein, mein Schatz, wir werden hierher zurückkehren, schon bald. Aber er sagte es nicht, er nickte nur, und ihr Herz wurde schwer. Jetzt wusste sie, dass es keinen Tag mehr geben würde wie den 1972 am Tegernsee, als das Telefon geklingelt hatte. Und weil sie es wusste, kappte sie ihre Wurzeln, die tief, tief in Afrikas warmer Erde steckten, verzweigt, verflochten, unlösbar verankert. Die Wunde, die sie dabei davontrug, heilte nie wieder, aber als das voll besetzte Flugzeug sie durch die dunkle Nacht immer weiter von dem Land forttrug, in dem ihre Seele wohnte, trocknete sie ir-96
    gendwann ihre Tränen und richtete ihren Blick entschfewsen nach vorn. In den langen Stunden auf dem Flug nach Hamburg, die sie wach neben lan und den Kindern saß, die, erschöpft vom Abschiedsschmerz, längst neben ihr eingeschlafen waren, zwang sie sich, Pläne zu machen. In ihrer Vorstellung baute sie sich ein Haus in Hamburg, richtete es ein, pflanzte einen Garten, verhinderte so, dass sie zurückblickte, denn das hätte sie nicht ertragen. Sie wanderte in Gedanken durch die Tage ihrer Kindheit in Hamburg und Lübeck, fuhr durch die Rapsfelder Schleswig-Holsteins, vorbei an dem reifen Weizen, eingerahmt von Klatschmohn und leuchtenden Kornblumen, erkundete ein Hamburg, in dem immer die Sonne schien. Als aus der Bordküche das Geklapper der Frühstücksvorbereitungen klang, hatte sie den inneren Kampf gewonnen. Die Anstrengung aber hatte ihr alles abgefordert, sie war ausgelaugt. Als sie die Gangway in Hamburg hinuntergingen, Julia und Jan bleich und unglücklich neben ihr, lan hinter ihr, der kalte Dezemberwind durch ihren dünnen Hosenanzug schnitt, brach sie weinend zusammen.
    Sie hatten ein Haus im Norden von Hamburg gemietet, die Kinder besuchten seit ein paar Tagen die Schule und genossen den ersten Schnee nach sechs Jahren Südafrika, was ihre Gemütslage beträchtlich erhellte. Die Vorbereitungen zu ihrem ersten Fest waren abgeschlossen, und lan und sie warteten auf ihre Gäste, alte Schulfreunde Henriettas, neue Bekannte, neue Nachbarn.
    »Na, Henrietta, du segelst ja noch voll auf der sechziger Fresswelle.« Heiner Möllingdorf betrachtete angewidert den in Schinken gewickelten Spargel und legte sich fünf Scheiben Wildlachs auf den Teller, den lans Bruder Patrick in Schottland in dem klaren Fluss, der den Familienbesitz begrenzte, selbst geangelt hatte. »Aber wenigstens gibt es Lachs. Habt ihr keine Honigsoße mit Dill und Senf? Solltest du einmal probieren, das Neueste aus Schweden.« Heiner schob
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    einen komfortablen Bauch vor sich her und trug nur Kleidung, auf der man lesen konnte, wer sie hergestellt hatte. Mit Kennermiene untersuchte er Henriettas Aufsatzeckschrank, streichelte über die goldbraun

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