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Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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schlecht, sie muss sich irgendeinen Infekt eingefangen haben. Ich glaube, sie gehört ins Bett.« Beschützend legte er ihr den Arm um die Taille. »Oh, und danke für die nette Einladung.«
    Er bezahlte ihren Anteil des Essens an der Empfangstheke, gegen den Protest des Oberkellners. »Von dem lasse ich mir nichts schenken«, murmelte er im Hinausgehen, »nicht von dem!« »Du glaubst also auch, was ich glaube? Dass der Kerl ein Agent ist?« Sie sprach sehr leise und deutsch.
    lan kurbelte alle Fenster herunter, sog die feuchte Meerluft ein. »Er ist Südafrikaner, das steht fest, und vermutlich macht er hier nur Urlaub. - Aber ja, ich glaube auch, dass er zur Polizei gehört, und wenn du es genau wissen willst, er jagt mir Angst ein. Der schaltet sein Gehirn ja nicht ab, nur weil er Urlaub macht.«
    Die Kathedrale von Palma glühte im Scheinwerferlicht, auf dem Pa-seo Maritimo strömte der Verkehr, die hell erleuchteten Restaurants waren trotz Nebensaison voll.
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    »Carepakete«, wisperte sie und schüttelte sich, fror in der lauen Frühlingstemperatur, »die Frau des Führers der südafrikanischen Kommunisten bekam 1982 ein - Carepaket. Es explodierte in ihr Gesicht... Wie soll ich das Bild je wieder loswerden.« »Vor ein paar Jahren ist das ANC-Hauptquartier in England in die Luft geflogen ...« lans Stimme versickerte.
    Erinnerungen wie aufgewühlter Schlamm wirbelten in ihrem Kopf herum. »Weißt du, was ich jetzt vor mir sehe? Einen Globus, unten auf Südafrika sitzt eine riesige Krake, und sie umschlingt mit ihren Tentakeln die ganze Welt.« Sie wendeten und fuhren auf der Ostküstenstraße aus Palma heraus. Nach einer Stunde öffneten sie die Tür zu dem kleinen Ferienapartment.
    Henrietta ging auf die Terrasse, blickte über die knorrigen Pinien, die wie Scherenschnitte gegen den nachtblauen Himmel standen, hinunter auf die mondschimmernde Gala Gran. »Ein Onkel von mir war im Zweiten Weltkrieg bei den Russen in Gefangenschaft. Bevor er Anfang der Fünfziger nach Hause entlassen wurde, musste er dem KGB unterschreiben, nie ein böses Wort über die Sowjetunion zu sagen und nie zu erwähnen, was er in der Gefangenschaft erlebt hatte. Er hält sich bis heute daran. Er glaubt, dass sie ihn erwischen, wenn er reden würde. Die Familie hat ihn immer ausgelacht, ihm Verfolgungswahn vorgeworfen. Heute kann ich ihn verstehen.« Sie spürte ihn hinter sich und drehte sich in seine Arme, schob die Hand unter sein Hemd, fühlte seine warme Haut, die harten Muskeln. Sie blickte hoch. Seine schwarzen Haare wurden weiß an den Schläfen. Es machte ihn für sie nur noch unwiderstehlicher. »Ich mag nicht mehr darüber reden, heute nicht. - Bitte.«
    Sein Mund war warm und fordernd, seine Hände fest und vertraut, es half ihr, für heute zu vergessen, was an diesem Abend vorgefallen war. Aber als sie in Hamburg im Supermarkt vor der Obstauslage stand, lagen da große, runde Wassermelonen aus Mexiko. Wamm, wusch, platsch! Sie brach in kalten Schweiß aus, musste sich abstützen. Als der Sternenschleier vor ihren Augen aufriss, brauchte sie einen doppelten Espresso beim Italiener, um ihren Kreislauf wie-112
    der ins Gleichgewicht zu bringen. Danach mied sie eine Zeit lang Obststände, und ihre Vorliebe für saftige Wassermelonen verwandelte sich in Ekel.
    Zwei Wochen danach erhielten sie einen Anruf von Neil, der als Korrespondent zu irgendeinem Ereignis in die USA geflogen war und die Gelegenheit nutzte, einmal ohne die Befürchtung, abgehört zu werden, mit seinen Freunden zu telefonieren. Sie erzählten ihm von Ein-Arm-Len und seinem Hobby. »Sag mir, dass er nur aufgeschnitten hat, dass er irgendein Würstchen mit Pro-filierungsproblemen ist«, bat Henrietta. »Ein-Arm-Len? - Beschreib ihn mir bitte genau.« »Pigmentflecken, blonde, strähnige Haare, feistes Gesicht mit Hamsterbacken, eng stehende, kleine Augen, schmaler Mund, ziemlich groß, eher dick.«
    Für mehr als eine Minute hörten sie nur das Singen der Leitung. »Wir nennen ihn die Verkörperung des Bösen, und er leitet die Aktionen in Übersee. Das heißt, er ist für alle Anschläge außerhalb Südafrikas zuständig. Ab und zu kommt er wieder nach Hause und geht hier auf Jagd.« Er schwieg lange. »Die zwei Kinder eines guten Freundes, ein engagierter Anwalt, der hauptsächlich politisch Angeklagte verteidigt, bekamen vor vier Wochen ein Päckchen, abgesandt, so schien es, von ihrer Großmutter. Es enthielt lustig bedruckte T-Shirts.« Er holte hörbar

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