Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
Vom Netzwerk:
schöner, bunter, intensiver, als ich es je zuvor gesehen hatte. Es war - überwältigend, ich war so glücklich ...«
    »Es stinkt, und mir ist heiß«, maulte Susi, »außerdem ist das eklig hier, all der Schmutz und so.«
    »Gewöhn dich am besten schnell daran, hier ist Afrika«, fauchte ihre Cousine, aus ihren Träumen gerissen.
    220
    221
    lan nahm ihre Hand und hielt sie fest. Er fuhr nicht sehr schnell. »Ich muss mich erst wieder an den Linksverkehr gewöhnen.« Sein Blick ging häufig in den Rückspiegel. Zu häufig.
    Sie drehte sich um. »Der hellgraue dahinten vielleicht«, flüsterte sie und meinte, dass die drei Männer in dem dunkelgrauen Auto hinter ihnen vielleicht Leute von BOSS waren, die feststellen wollten, ob sie auch an dem Ort eintreffen würden, den sie als ihre Ferienadresse angegeben hatten. Diese Männer sahen nicht aus dem Fenster, sie redeten nicht, sie saßen wie Holzpuppen, in identische, militärisch geschnittene, kurzärmelige Safarianzüge gekleidet, da und starrten stur geradeaus. Sollten sie auskundschaften, wen sie während ihres Aufenthaltes besuchen würden?
    »Was meinst du, was ist mit dem Auto?«, fragte Susi neugierig. »Ach nichts«, wehrte sie ab.
    »Sind wir hier im Militärgebiet?«, fragte ihre Cousine unbekümmert weiter,
    »ich meine, weil hier überall diese Stacheldrahtwürste herumliegen.«
    Henrietta musste ihr bei diesem Eindruck Recht geben. Fast jedes Gebäude war von hohen Mauern umschlossen, die von endlosen Rollen blinkenden Natostacheldrahts gekrönt wurden. Nur gehörte diese Gegend nicht dem Militär, es war Industriegebiet, und die Gebäude waren normale Fabriken für Schuhe oder Klopapier oder Gummibärchen. »Paranoia ist also immer noch die Volkskrankheit«, bemerkte sie sarkastisch. Ihr lief der Schweiß herunter, obwohl sie kurz vor der Landung einen naturfarbenen Leinenrock und ein weißes Trägerhemd angezogen hatte. Um ihr Gesicht zu kühlen, hielt sie es in den Fahrtwind.
    lan hielt an der Ampel zum Victoria Embankment, mit ihnen mehrere andere Autos, deren Fenster durchweg fest geschlossen waren. Sie sah genauer hin. Ja, alle hatten die Türknöpfe heruntergedrückt.
    »Tags musst du in Durban alle Fenster und Türen im Auto verschlossen halten, und nach Einbruch der Dunkelheit hält keiner mehr an einer roten Ampel«, schrieb ihr Tita schon vor drei Jahren, »es ist 222
    einfach zu gefährlich geworden. Den Freund einer Bekannten haben sie aus dem Wagen gezerrt und erschossen.«
    »Tita sieht auch schon die schwarzen Horden über den Horizont kommen«, hatte sie damals gelästert, als sie lan den Brief vorlas. »Die schwarzen Horden! So lange ich dieses Land kenne, marschieren sie. Außerdem muss dieser Freund der Bekannten allgegenwärtig sein. Jeder Südafrikaner erzählt von ihm.« Ihr Blick streifte eine Gruppe junger Schwarzer, keine drei Meter entfernt, so nah, dass man sie riechen konnte. Dumpf, ungewaschen, nach billigem Fusel stinkend.
    Einer rauchte in der hohlen Hand. Der Rauch driftete ihr in die Nase, schwach süßlich, wie nach glimmendem Gras. Marihuana! Rasch drehte sie ihr Fenster hoch. »Susi, schließ dein Fenster, schnell, lan, du auch.«
    »Och, nee, mir ist viel zu heiß«, stöhnte Susi. Sie lehnte sich über den Sitz, stieß ihre Cousine beiseite und kurbelte das Fenster hoch. »Sie rauchen Dagga.« »Was ist Dagga?«, quengelte Susi. »Ich krieg keine Luft.« »Getrocknete Cannabisblätter.« Einer der jungen Männer starrte ihr in die Augen. Er erinnerte sie an eine bösartige Dogge namens George, die auf der Farm ihres Onkels Hans ein Schreckensregiment geführt hatte. Sie ließ ihren Blick teilnahmslos über ihn hinweggleiten, so als hätte sie ihn nicht gesehen. Nur keinen Blickkontakt halten, das könnte sie reizen, das hatte sie schon früh in diesem Land gelernt.
    Plötzlich saß sie sehr gerade. »Verdammt!«, sagte sie, »kaum bin ich hier, denke ich schon wieder wie alle in diesem Land. Selbst nach all diesen Jahren.« Demonstrativ drehte sie ihr Fenster herunter und lächelte die jungen Männer an. »Guten Abend«, grüßte sie. In dem Moment fuhr lan an, aber sie konnte noch den Ausdruck auf ihren Gesichtern erhäschen. Befremden erst, fast erschrocken schienen sie, dann ein zögerndes Antwortlächeln. »Yebo, Madam«, riefen sie ihr nach, »guten Abend!« Ihr überraschtes Gelächter meinte sie noch lange zu hören. lan bog ab, und sie fuhren direkt auf die Strandpro-menade zu.
    «,
    223
    Dann lag es vor

Weitere Kostenlose Bücher