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Ins Leben zurückgerufen

Ins Leben zurückgerufen

Titel: Ins Leben zurückgerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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heißen soll, daß Westropp es getan habe? Und was ist dann mit Westropp? Besagt der berühmte Kodex des Lucan, daß der schuldige Teil seinen besten Freund getrost baumeln lassen kann?«
    »Da wird noch anderes mit ins Spiel gekommen sein. Er tauchte doch mehr oder weniger unter, nicht? Vielleicht haben ihn die komischen Hengste, damit er die Familienehre nicht befleckte, in einem Verlies in Windsor eingelocht, bis alles ausgestanden war. Vielleicht hat er sich aber auch nur ins Hemd gemacht. Vielleicht dachte er ja, daß der Galgen genau das richtige für seinen besten Freund sei, wenn der schon seine Frau bumsen mußte. Oder vielleicht hat er es doch nicht getan, und Mickledore hat ihn irrtümlich für den Täter gehalten, was wiederum bedeutet, daß Westropp davon ausgegangen sein könnte, daß Mickledore tatsächlich schuldig war.«
    Dalziel schüttelte bewundernd den Kopf.
    Er sagte: »Sollte mich Trimble jemals dabei erwischen, wie ich seine bessere Hälfte vögele, möchte ich dich dabeihaben, damit du ihm zehn gute Gründe nennst, warum er seinen Augen nicht trauen sollte. Mickledore hast du also geknackt. Er denkt, er tut einem Kumpel einen Gefallen und stellt zu spät fest, daß man ihn gründlich gelatzt hat. Ich glaube keine Silbe davon, aber spielen wir das Ganze mal durch – wie würde die kleine Kohler ins Bild passen? Ich meine, daß sie einfach zusieht, wie ihr Geliebter wegen eines Verbrechens gehängt wird, das er gar nicht begangen hat, ist doch wohl noch unwahrscheinlicher, als daß sie bei etwas schweigt, was er getan hat?«
    Pascoe dachte, wenn die Kohler durch den Tod der kleinen Emily drauf und dran war, den Verstand zu verlieren, und dann von Tallantire noch den Gnadenstoß versetzt bekam, so daß sie ein Geständnis ablegte, war jedes Motiv überflüssig. Laut sagte er: »Das müssen Sie sie schon selbst fragen, aber ich habe den Verdacht, um sie aufzustöbern, bedarf es mehr als einer verstorbenen Großmutter oder eines Zahnarzttermins.«
    »Das wird sich zeigen«, sagte Dalziel. »Bis es soweit ist, morgen befragen wir …«
    »Ich befrage niemanden mehr«, sagte Pascoe.
    »Ich schicke doch keinen Pinscher los, um Sir Arthur Stamper anzukläffen. Das ist eine Aufgabe für einen ausgewachsenen Hund«, sagte Dalziel schroff. »Ruf du nur einfach diesen Verleger an und sieh mal, was du über Wallys Memoiren rauskriegst. Das müßtest du doch schaffen, oder? Am Telefon hast du eine reizende Stimme.«
    Er wandte sich wieder seinem Teller zu und fischte eine zweite Scheibe der verdächtigen Niere heraus.
    Nachdem er sie auf die Gabel gespießt hatte, hielt er sie hoch und fragte: »Du hast nicht zufällig nebenan einen Barbier gesehen?«

Neun
    »Wollt Ihr mir sagen, wer ihn denunziert hat?«
    »Es ist gegen die Regel.«
    P ascoe hatte noch nie bei einem Verlag angerufen, und in seiner Unerfahrenheit wählte er die Nummer um Viertel nach neun Uhr morgens.
    Bei seinem dritten Versuch um 9.40 Uhr erreichte er eine Frau, deren mißtrauische Stimme vor Verwirrung so zitterte, wie es ihm seit seiner letzten Razzia vor Tagesanbruch nicht mehr untergekommen war.
    Seine Bitte, mit Paul Farmer verbunden zu werden, machte sie munter, weil die daraus ableitbare Unerfahrenheit darauf schließen ließ, daß sie in Kontakt mit einer niedrigen, außerhalb der hauptstädtischen Zeitzone lebenden Rasse stand. Sie forderte ihn auf, es um 10.30 Uhr noch einmal zu versuchen.
    Um 10.29 Uhr rief Pascoe wieder an. Diesmal wurde er mit Mr. Farmers Sekretärin verbunden. Die Stimme, mit der sie sich danach erkundigte, ob er ein Autor sei, ließ vermuten, daß sie auf eine bejahende Antwort hin eine Pfeife durch den Hörer schrillen lassen würde. Er wählte seine eindrucksvollsten Formulierungen und konfrontierte sie mit der vollen Würde seines Ranges. Sie schien nicht sonderlich beeindruckt, doch einen Augenblick später erklang es leicht und angenehm: »Farmer am Apparat. Wie kann ich Ihnen helfen, Mr. Pascoe?«
    Pascoe erläuterte, worum es ging, und fügte dann hinzu, daß er sich darüber im klaren sei, wie lange die Angelegenheit zurückliege.
    »Das ist kein Problem«, sagte Farmer lachend. »Mein Langzeitgedächtnis ist erheblich besser als mein Kurzzeitgedächtnis. Ich kann mich schon zwei Tage nach dem Festakt nicht mehr daran erinnern, wer den Booker-Preis bekommen hat.«
    »Und ich hielt das für eine Teilnahmebedingung«, sagte Pascoe. »Und Sie erinnern sich tatsächlich an Superintendent

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