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Ins Leben zurückgerufen

Ins Leben zurückgerufen

Titel: Ins Leben zurückgerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Mißtöne des Cockneys ankündigen.
    Der riesige Verwaltungsbau von Inkerstamm war auf dem Ödland östlich der Stadt errichtet worden und beherrschte die Skyline, wenn man auf der M1 in Richtung Süden fuhr. Doch ihn zu finden, wenn man erst einmal die Autobahn verlassen hatte, war ein schwieriges Unterfangen. Und hineinzugelangen schien unmöglich zu sein.
    Dalziel hielt vor einer Schranke an, die wie das Handwerksschild eines englischen Barbiers angemalt war. Eine Weile geschah nichts, dann kam ein Wächter aus dem Häuschen an der Stange geschlendert, der nach denselben Prinzipien wie das vor ihm liegende Gebäude gebaut zu sein schien. Er war wie eine amerikanische Autobahnpatrouille gekleidet, und von seinem Gürtel baumelte eine Eichenkeule, die so hochpoliert war, daß sie die Sonne, die hinter ihm verschwand, reflektierte. Mit dem herablassenden Lächeln eines Menschen, der daran gewöhnt ist, Gott und die Welt mit seiner Körperkraft in den Schatten zu stellen, beugte er sich zu Dalziels Fenster.
    »Hast du dich verfahren, Schätzchen?« fragte er.
    Dalziel, dem bekannt war, daß das Wörtchen Schätzchen immer häufiger für beide Geschlechter gebraucht wurde, je weiter man in den Süden der Grafschaft vordrang, fühlte sich weder beleidigt noch angesprochen. Doch er registrierte ein Gefühl, das nicht weit von Einschüchterung entfernt war.
    Mit seinem schrecklichsten Knurren zog er seinen Dienstausweis und sagte: »Ich bin gekommen, Sir Arthur Stamper zu besuchen.«
    Das Lächeln des Wächters wurde noch breiter.
    »Warten Sie doch einfach ein Weilchen hier, Mr. Dalziel«, sagte er und sprach den Namen falsch aus. »Ich schau mal nach, ob jemand daheim ist.«
    Er schlenderte zurück zu seinem Häuschen, telefonierte, lauschte, schrieb etwas auf und kam zurückgeschlendert.
    »Ihr Glückstag«, sagte er. »Sie werden erwartet. Tragen Sie dies immer deutlich sichtbar.«
    Er reichte ihm ein Plastikschild fürs Revers, auf dem Dalziels Namen und Ankunftszeit mit Permanentstift in Druckbuchstaben geschrieben stand.
    »Ich bin doch kein verdammtes Päckchen«, knurrte Dalziel.
    »Wenn Sie das abnehmen, könnte es durchaus passieren, daß Sie eingewickelt und verschickt werden«, lachte der Wächter, als er die Schranke mit einem Finger hochhob. Selbst wenn man das Gegengewicht berücksichtigte, war es eine eindrucksvolle Leistung.
    Dalziel wurde noch zweimal kontrolliert, einmal auf dem Parkplatz und einmal am Haupteingang. Er war so irritiert, daß er sich noch nicht einmal fragte, wieso er denn erwartet wurde, wenn niemand wußte, daß er kam.
    Beim Öffnen der Tür sagte der zweite Kontrolleur zu ihm: »Sie werden im Atrium abgeholt.«
    Wo bin ich denn hier gelandet? fragte sich Dalziel, erhielt aber keine Antwort und würde wahrscheinlich auch keine gehört haben, als er ehrfurchtsvoll den Raum betrat, der ihm vorkam wie die größte Bedürfnisanstalt der Welt, sogar mit Bäumen für Hunde ausgestattet.
    Es dauerte nur einen Augenblick, dann hatte er begriffen, daß das Plätschern von einigen Springbrunnen in der Mitte des Atriums herrührte und daß die Gestalten in den Nischen an den Wänden Statuen waren, doch die grünen und weißen Fliesen blieben einfach toilettenhaft, daran ließ sich nichts ändern, und die Bäume blieben unzweifelhaft Bäume, auch wenn sie hochgeschossen waren und am falschen Ort standen.
    Durch das ektopische Wäldchen näherte sich ihm eine Frau, deren hohen Absätze auf dem Mosaikboden klapperten.
    »Superintendent Dalziel?« fragte sie, seinen Namen richtig aussprechend. »Sie sind früh dran. Hier entlang.«
    Dalziel hätte fragen können: Früh?, wenn ihn nicht eine noch dringendere Frage beschäftigt hätte.
    War William Stamper womöglich doch ein Krimiautor mit Doppelleben? Wie anders ließ sich sein Erscheinen in einer ansprechenden weißen Bluse und einem grauen Bleistiftrock erklären?
    Er bekam alle Antworten auf einmal.
    »Ich bin Wendy Stamper«, sagte die Frau. »Übrigens, ich dachte, ein Mr. Hiller habe einen Termin bei meinem Vater.«
    »Mein Kollege«, sagte Dalziel. »Er wird bald da sein.«
    Aber nicht zu verdammt bald, hoffte er, als sie ihn zu einem Aufzug führte, der mit einem Tempo nach oben jagte, daß ihm die Knie zitterten und er wehmütig an seine wilde Jugend dachte.
    Er sagte: »Gestern habe ich mit Ihrem Bruder gesprochen. Er hat mich auch nicht gleich erkannt.«
    »Auch nicht?«
    »Wir haben uns auf Mickledore Hall kennengelernt. Ich war

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