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Ins Leben zurückgerufen

Ins Leben zurückgerufen

Titel: Ins Leben zurückgerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Cholesterinspiegels, in Alarmbereitschaft versetzte. »Ich breche nirgendwo mehr ein.«
    »Was faselst du denn da für ein Zeug? Ich möchte, daß du jemanden kennenlernst, das ist alles. Jemanden, mit dem ein guter Polizist wenigstens einmal in seinem Leben gesprochen haben sollte.«
    »Und wer ist denn das schon wieder?«
    »Percy Pollock.«
    »Pollock? Großer Gott, Sie meinen doch nicht etwa Pollock, den Henker?«
    »Genau den. Mit dem alten Percy kann man sich gut unterhalten. Aber wehe, wenn man nicht pünktlich ist. Also, mach, daß du in die Pötte kommst. Ich vermute, bei seinem Beruf hat er nie besonders viel vom Herumhängen gehalten.«

Acht
    »Was ist das für eine Nacht gewesen …! Fast eine Nacht wie die, welche die Toten wieder aus den Gräbern ruft.«
    E in Unwetter ging über der Stadt nieder, als sie auf dem Weg zum Ort ihrer Verabredung waren. Als wollten selbst Natur und Schicksal einen Kommentar abgeben, dachte Pascoe und empfand es als Bestätigung seines Gedankens, als er von Dalziel erfuhr, daß ihr Ziel das Gasthaus »Zum Blinden Seemann« war. Denn waren sie jetzt nicht im Begriff, den Fährmann persönlich kennenzulernen, dessen starke Muskeln so manchen armen Teufel zum anderen Ufer befördert hatten? Er sagte Dalziel nicht, was ihm durch den Kopf ging.
    Auf den ersten Blick war Percy Pollock jedoch eine Enttäuschung.
    Weißhaarig und zerbrechlich, erhob er sich zur Begrüßung auf einen Eichenstock gestützt und verbeugte sich feierlich, als Dalziel ihn vorstellte. Seine Hand gab er Pascoe nicht, ehe dieser ihm nicht die seine hinhielt.
    Sie saßen an einem alten gußeisernen Tisch, der von einer Messingkante eingefaßt war und in einem dämmrigen kleinen Nebenzimmer stand, in dem außer ihnen niemand saß.
    Dalziel bestellte Getränke und bezahlte sie sogar, und unterdessen unterhielt man sich über das Wetter, den Preis von Tee und die Fortschritte, die verschiedene Angehörige der Familie Pollock gemacht hatten. Noch immer versetzte es Pascoe in Erstaunen, wieviel der Dicke über die Bewohner der Stadt wußte. Vielleicht erklärte das seine laxe Einstellung zu Aufzeichnungen.
    Pollock antwortete langsam und höflich, und allmählich empfand Pascoe die starke Präsenz dieses Menschen. Sie nährte sich aus einer Art inneren Stille, einer beständigen, ruhigen Selbstsicherheit. Vielleicht wird man so, wenn man sich während seines ganzen Berufslebens Menschen gegenübersieht, die zwar keine Angst vor Gott haben, aber vor einem selbst.
    Zu guter Letzt, als der Höflichkeit Genüge getan war, bestellte Dalziel eine weitere Runde, machte es sich bequem und sagte: »Und nun, Percy, würde ich sehr gern ein wenig über Ralph Mickledore mit Ihnen sprechen.«
    »Über den verrückten Mick? Ich habe mir schon gedacht, daß es um ihn gehen könnte«, sagte Pollock.
    »Warum verrückter Mick?« fragte Pascoe.
    »So nannten ihn die Wärter. Natürlich nicht ins Gesicht. Wenn sie ihn ansprachen, dann immer mit Sir Ralph. Sie sind überrascht, Mr. Pascoe? Ich sage immer, Höflichkeit kostet nichts, und außerdem war er sehr beliebt.«
    Dalziel sagte: »Percy nahm seine Arbeit sehr genau. Wenn ein neuer Kunde in Sicht war, legte er sich eine Akte an, sprach mit denjenigen, die für ihn zuständig waren, und versuchte herauszufinden, was für ein Mensch er war. Stimmt’s, Percy?«
    »Das stimmt«, sagte Pollock. »Zum Hängen gehört mehr, als nur zu wissen, wie ein Mann gebaut ist und was für ein Gewicht er hat. Keine zwei Menschen verhalten sich gleich, wenn sie durch den Strang sterben sollen. Immer bereit sein, lautete die Devise, nach der ich gelebt habe. Und außerdem, was auch immer ein Mensch getan hat, er verdient es nicht, von einem Fremden gehängt zu werden.«
    »Sie haben sich also, sobald der Schuldspruch bekannt wurde, an Ihre Hausaufgaben gemacht«, sagte Dalziel.
    »O ja. Ich habe nicht auf Berufung oder dergleichen gewartet«, sagte Pollock. »Ich habe es nie gemocht, mich unter Druck zu fühlen. Häufig war es allerdings verschwendete Liebesmüh. Manchmal wurden Urteile aufgehoben. Nach dem Krieg kam das immer häufiger vor. Leid um die Zeit tat es mir nie, aber bei Sir Ralph, da wußte ich, daß sie nicht verschwendet sein würde. Fast von Anfang an wußte ich das.«
    »Ach ja?« sagte Dalziel. »Und wieso?«
    Der Alte bedachte den Kripobeamten mit seinem aufrechten blauen Blick und sagte: »So ganz genau kann ich Ihnen das nicht sagen, Mr. Dalziel. Man hörte alles

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