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Ins offene Messer

Ins offene Messer

Titel: Ins offene Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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hatte sich bereits gefragt, ob Gus der Schlüssel war. Spiel einen gegen den anderen aus, sorg für eine gesunde Konkurrenz mit Jane als erstem Preis. Aber sie hatte diese Idee wieder verworfen, weil es bei Sam nicht funktionieren würde. Er würde es durchschauen und verschwinden. Ein jüngerer Mann wäre darauf hereingefallen, hätte mit Zähnen und Nägeln gekämpft, aber dieser alte Veteran war ein anderes Kaliber.
    Nein, der Schlüssel zu Sam war etwas völlig anderes. Und der Mann hielt ihn ihr nicht nur vor die Nase, er rüttelte und schüttelte ihn auch noch, so daß er überhaupt nicht zu übersehen war. Der Schlüssel war Geordie.
    Geordie war der Sohn, den Sam nie gehabt hatte. Geordie war außerdem Sams jüngeres Selbst oder repräsentierte gewisse unterbewußte Aspekte des gegenwärtigen Sam. In Sams Vorstellung war
    Geordie eine schrecklich komplexe Persönlichkeit, ein Gewirr von Archetypen. Er war der verlorene Sohn, die Geschichte des guten Samariters, der abgewiesene und von der Gesellschaft ungeliebte Außenseiter. Er war all das und mehr, denn er war auch eine Art spiritueller Prinz, der Frosch, der sich durch den innigen, leidenschaftlichen Kuß verwandeln würde.
    Unter seiner rauhen äußeren Schale, seiner scheinbaren Indifferenz und seiner äußerst ärgerlichen Geduld war Sam Turner ein gottverdammter weicher Liberaler. Und wie man die anpacken mußte, wie man sie um den kleinen Finger wickeln konnte, das wußte Jane. Sie hatte jahrelang mit einem zusammengelebt, hatte ihn sich genaugenommen gerade erst vom Hals geschafft.
    Da war es also, so einfach wie das Abc und praktisch schon die ganze Zeit unmittelbar vor ihrer Nase. Sie ging zu Terrys Kleiderschrank und nahm seine Lederjacke heraus. Ja, die würde Geordie ausgezeichnet passen. Er würde toll darin aussehen. Jane warf einen Blick auf die übrigen Kleidungsstücke im Schrank. Nicht alle angemessen, aber alle ungefähr die richtige Größe, und falls irgendwas geändert werden mußte, nun, sie hatte schließlich eine Nähmaschine, nicht wahr?
    Geordie brauchte eine Mutter, und das war etwas, was Sam nie sein konnte. Jane würde ein bißchen Mutter spielen, aber natürlich ohne jeden Eigennutz. Nein, es wäre alles ausschließlich um seinetwillen, eine helfende Hand, damit er sich allein auf der Welt zurechtfinden konnte. Egal, was er brauchte, Jane würde dasein, um Sams kleinem Frosch zu helfen.
     



Kapitel 41
     
    Um neun Uhr fünfundzwanzig verließ Frances das Haus und fuhr mit ihrem kleinen schwarzen Panda fort. Sam, Gus und Geordie saßen hundertfünfzig Meter die Straße hinauf in dem Volvo und sahen sie gehen. Als sie um die Ecke gefahren war, sagte Sam: «Okay, los geht’s!»
    Er und Geordie ließen den Wagen mit Gus am Steuer zurück und näherten sich von hinten Frances’ Haus. Dazu benutzten sie eine Gasse hinter den Häusern, die gerade breit genug war für ein Auto. Auf beiden Seiten wurde sie von hohen Zäunen und Gartentoren gesäumt. Als sie Frances’ Tor erreichten, verschränkte Sam die Hände, um eine Leiter für Geordie zu machen. Der Junge stellte einen Fuß darauf und kletterte über die Mauer. Einen Augenblick später hörte Sam, wie die Riegel des Tors zurückgeschoben wurden, dann schwang es auf und Geordies grinsendes Gesicht schaute ihm entgegen.
    Sie befanden sich in einem abgeschlossenen, vielleicht zweihundert Quadratmeter großen Garten, rechts einige Nebengebäude und links eine Mauer zum Nachbarhaus. Eine Leine war vom Haus bis zur hinteren Mauer gespannt. Dort hing Frances’ Unterwäsche, ein Kopfkissenbezug und ein Laken zum Trocknen. Sam ging zum Küchenfenster und kontrollierte, ob das Schloß nicht ausgewechselt worden war. «Hol mal das Laken», sagte er zu Geordie.
    Geordie starrte ihn ausdruckslos an.
    «Das beschissene Laken», flüsterte Sam und deutete auf die Wäsche. Geordie entfernte die Wäscheklammern von der Leine und brachte es zum Fenster. Sam faltete das Laken mehrmals, legte es über die Fensterscheibe und bat Geordie, es festzuhalten. Aus der Jackentasche nahm Sam einen Hammer, den er zuvor für diese Aktion vorbereitet hatte, indem er sechs Socken über den Kopf zog, und schlug die untere Scheibe des Fensters ein. Er zog das Laken zurück, um sich den Schaden anzusehen, und dann legte er einen Finger an die Lippen. Sie warteten schweigend etwa eine halbe Minute. Aber es gab keine Reaktion auf den Lärm des zersplitternden Glases.
    Sam griff nach dem Riegel und öffnete das

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