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Ins offene Messer

Ins offene Messer

Titel: Ins offene Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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Fenster. Er kletterte ins Haus, sagte Geordie, er solle im Garten warten. Die Schlüssel lagen in der Obstschale. Er nahm sie und reichte sie durch das Fenster zu Geordie hinaus.
    «Okay, bring sie Gus», sagte er. «Und nicht laufen. Geh einfach zügig.»
    Gus wartete, bis Geordie in den Wagen gestiegen war, und fuhr dann sofort los. Geordie gab ihm die Schlüssel. «Irgendwelche Probleme?» fragte Gus.
    «Nein», antwortete Geordie. «Wir haben die Wäsche benutzt.»
    Gus ließ es dabei bewenden. Er fuhr etwa eine Meile die Straße hinauf zu einem Eisenwarengeschäft und ging mit den Schlüsseln hinein. «Hiervon hätte ich gern Zweitschlüssel. Geht das?» fragte er.
    Der Verkäufer ging mit den Schlüsseln hinter die Ladentheke. Er nahm einige Rohlinge von einem Regal und schaltete eine Drehbank ein. «Haben Sie die Duplikate verloren?» fragte er.
    «Nein», erwiderte Gus. «Die Schwiegermutter zieht zu uns. Die sind für sie.»
    «Geben Sie ihr die», sagte der Verkäufer, «und sie kann auch mal raus.»
    Gus lächelte, um den Mann bei Laune zu halten, schlenderte durch den Laden und sah sich Eimer und Besen an, Doppelfenster zum Selbsteinbau, alles ausgesprochen faszinierend.
    Als die Schlüssel fertig waren, bezahlte er und fuhr zu Frances’ Haus zurück. Geordie nahm die Originalschlüssel und kehrte zügig, aber ohne zu laufen zu ihrem Garten zurück.
     
    Nachdem Geordie die Schlüssel mitgenommen hatte, ging Sam in Frances’ Wohnzimmer, um sich dort umzuschauen. Er fand, was er für Grahams Gedichte hielt, da nahezu alle Frances gewidmet waren. Schreckliche Gedichte. Wären sie von Sam, er hätte sie weggeworfen, damit sie nie jemand womöglich durch Zufall fand. Vielleicht war Frances einfach nur eine Lügnerin, indem sie behauptete, er habe die Gedichte nicht dagelassen, weil sie sie mit niemandem teilen wollte, oder vielleicht waren sie ihr auch nur peinlich.
    Er überflog die Gedichte, hatte nicht die Zeit, alle zu lesen, Gott sei Dank, aber er fand nur wenig Interessantes. Außer, daß der Bursche in jeder Hinsicht arm war. Ein Verelendeter. Er hatte auf der ganzen Welt nichts und niemanden außer Frances. Warum hatte er sie dann aber verlassen?
    Auch ein paar Fotos. Fotos von Graham, viele erheblich besser als dasjenige, das die Polizei von Frances erhalten hatte. Es sah sehr danach aus, als wollte Frances nicht, daß Graham gefunden wurde. Der Rest waren Familienfotos, Aufnahmen von, vermutlich, Frances und ihrer Schwester als kleine Mädchen mit Zöpfen und langen Socken. Auf einigen Bildern der beiden Schwestern war auch der Vater zu sehen, auf keinem die Mutter.
    Sam ging nach oben und erkundete die drei Zimmer dort. Das Bad war ausschließlich feminin. Hier war noch nie ein Mann gewesen. Keinerlei Verhütungsmittel. Strumpfhosen über der Badewanne. Ein überzähliges Zimmer voll Kartons, die Frances seit ihrem Einzug nicht ausgepackt hatte. Sam öffnete ein oder zwei davon und warf einen Blick hinein. Hauptsächlich Bücher, ein paar Ziergegenstände.
    In Frances’ Schlafzimmer gab es ein Bett und einen Schreibtisch. Das Bett war gemacht. Der Schreibtisch leer. Es war, als wäre das Haus kaum bewohnt. Es gab weder Fernseher noch Radio, keine Stereoanlage. Sie mußte dauernd in absoluter Stille hier sitzen. Worüber zum Teufel dachte sie nach? Dann fährt sie nach Leeds und sitzt in dem Haus dort herum, ein völlig leeres Haus, nicht mal Mobiliar.
    Von unten hörte er ein Geräusch, und Sam erstarrte eine Sekunde. Dann hörte er Geordie, der seinen Namen rief.
    Er ging die Treppe hinunter, nahm Geordie die Schlüssel durch das Küchenfenster ab und legte sie wieder in die Obstschale. Er kletterte durch das Fenster, zog es hinter sich zu und setzte das Schloß wieder ein. «Da hat sie was zum Nachdenken», sagte er.
    Sie kehrten zum Volvo zurück und stiegen ein. Gus fuhr los, setzte kurz darauf Geordie bei Celia ab. Sam übernahm das Steuer, als Geordie im Haus verschwand.
    «Wir könnten es jetzt tun», sagte Gus. «Wir brauchen keine Stunde bis nach Leeds.»
    «Nein», sagte Sam. «Wir wollen ganz sichergehen. Wir warten, bis Frances wieder nach Leeds fährt, dann machen wir’s am darauffolgenden Tag, gehen absolut auf Nummer sicher, daß wir nicht gestört werden.»
    «Dann könnten wir jetzt vielleicht ein Spielchen machen?» fragte Gus.
    «Was? Mitten am hellichten Tag, wenn wir eigentlich arbeiten sollten?»
    «Nein», sagte Gus. «Ich weiß ja, daß wir am Ball bleiben

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