Insalata mista: Aus dem Leben einer italienischen Working Mum
alt warst, jetzt bist du doch schon groß ...«
»Mama, ich bin drei Monate alt. Hast du das vergessen? Massierst du mir die Füßchen?«
»Füßchen? Du hast Riesenlatschen, richtige Hobbitfüße ...«
»Mama, ich war sehr traurig ohne dich.«
Der kleine Hobbit hingegen spielt den Coolen, aber er hat sich Elastis Pantoffeln geschnappt und gibt sie nicht mehr her.
»Mama, wir haben es gut gehabt bei den Großeltern. Ich habe nur Schokolade gegessen, zum Mittag- und zum Abendessen«, erzählt der große Hobbit.
»Aha. Dafür habe ich in Japan nur rohen Fisch gegessen.«
»Gut, aber Schokolade ist besser. Mama, darf ich dir ein Geheimnis erzählen?«
»Ja, mein Schatz.«
»Bei den Großeltern habe ich Pipi und Aa ins Waschbecken gemacht.«
»Aha ... Stell dir vor, in Japan gibt es Toiletten mit ganz vielen Knöpfen. Wenn du den falschen drückst, kriegst du eine Dusche ab«, kontert Elasti-Mama.
»Dafür habe ich mich bei den Großeltern nie gewaschen, nicht mal Zähne geputzt. In die Vorschule bin ich auch nicht gegangen, sondern habe die ganze Zeit ferngesehen. Der kleine Bruder hat alles in den Mund gesteckt, auch verbotene und gefährliche Sachen, und wir haben zusammen Filme geguckt, die für Kinder nicht geeignet sind«, fährt er hemmungslos fort.
»Gut, mein Kleiner, ich habe verstanden. Ich fahre nicht mehr weg, jedenfalls nicht so bald.«
»Wie du willst. Aber lieb sind sie schon, die Großeltern ...«
Dienstag, 18. Dezember
Hobbit-Leidenschaften
20.45 Uhr. Nachdem Elasti-Mama den kleinen Hobbit ins Bett gebracht hat, malträtiert sie auf dem Ehebett den großen Hobbit.
»Dieses Kind macht mich noch verrückt!«, sagt sie, von wilder Leidenschaft ergriffen, während sie ihn kitzelt und ihm Schmatzeküsse auf den Bauch drückt. Er hält inne und setzt sich auf. »Mama, ich dachte, du bist verrückt nach Schokolade?«, fragt er perplex.
»Stimmt, du hast recht. Entschuldige, ich habe mich versprochen.«
Manchmal können Männer auch die feurigste Leidenschaft einer Frau zum Erlöschen bringen.
Mittwoch, 19. Dezember
Kitsch-Weihnachten
Die Lehrerin Dominatrix hat an alle Kinder der grünen Gruppe ein Blatt ausgeteilt, das zu Hause ausgefüllt werden muss.
»Erzähl, wie du dein Zuhause für Weihnachten schmückst«, steht oben drüber.
»Ihr müsst es morgen unbedingt wieder mitbringen«, befahl Dominatrix.
»Na dann, Schatz. Sag mir, was ich schreiben soll«, sagt Elasti-Mama, den Stift schon in der Hand.
»Gut. Schreib: Wir bauen zu Weihnachten die Krippe auf«, diktiert er.
»Aber wir stellen doch gar keine Krippe auf. Wir haben den Baum geschmückt ...«, hält Elasti-Mama entgegen.
»Egal. Schreib: Wir bauen zu Hause die Krippe auf, mit ganz vielen Figuren und grünem Wasser aus einem Wasserfall. Draußen hängen wir einen riesigen aufblasbaren Weihnachtsmann auf, der am Balkon hochklettert«, fährt er fort.
»Aber das stimmt doch nicht, Schätzchen!«
»Mach dir keine Gedanken. Schreib weiter: An die Fenster kleben wir Panettoni und Kekse, wir zünden Lichtlein an und singen jeden Abend nach dem Essen alle zusammen Dschingol bells dschingol bells dschingol ollewei«, schließt der Kitschexperte.
»Müssen wir denn unbedingt all diese Lügen erzählen?«
»Ja, Mama. Mach dir keine Gedanken. Dominatrix wird vollauf zufrieden sein.«
Donnerstag, 20. Dezember
Öffentliches Weihnachten
Im vergangenen Jahr gab es in der privaten Kinderkrippe des kleinen Hobbit eine große Weihnachtsfeier. Alle Kinder waren weiß gekleidet und sind zusammen mit ihren Teletubbies-Erzieherinnen zu himmlischen Melodien herumgewirbelt. Sie haben im Chor Lieder über das Jesuskind gesungen und, obgleich noch nicht abgestillt, auf Englisch Gedichte aufgesagt. Die Eltern haben das Schauspiel genossen und dazu Champagner geschlürft, zu dem Bio-Schnittchen gereicht wurden.
Dieses Jahr besucht der kleine Hobbit auf Wunsch seiner Elasti-Eltern und dank der Stadtverwaltung Mailand eine öffentliche Kinderkrippe.
Heute Nachmittag war dort die Weihnachtsfeier.
Jess, der gewalttätige Philippine, war mit seinen fünf Brüdern und seiner ruhigen, im Einklang mit dem Universum stehenden Mutter da. Paolo war da, der Rumäne, mit 40 Grad Fieber. Niemand hat verstanden, warum seine Eltern ihn nicht nach Hause brachten. Tatianas peruanische Mama war da, ohne Tatiana. »Ach? Ist das Fest nicht nur für die Eltern?«, hat sie überrascht gefragt und sich Pommes frites in den Mund geschoben.
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