Insektenstachel
fallen lassen.«
»Wir haben heute Vormittag mit Inspektor Cotta telefoniert«, berichtete Justus. »Er hat Laura bis in die frühen Morgenstunden verhört. Nach allem, was dabei herauskam, hat sie eine saftige Gefängnisstrafe zu erwarten.«
»Das geschieht ihr ganz recht.«
»Ganz meine Meinung, Madam«, pflichtete der Erste Detektiv bei. »Am meisten interessierte mich, wie sie es zustande gebracht hat, die Moskitos auf Sie anzusetzen, wo Sie doch eigentlich gegen Mückenstiche immun zu sein scheinen. Ich muss zugeben, dass mich die Antwort wirklich verblüfft hat.«
»Nun spann Mrs Hazelwood doch nicht unnötig auf die Folter, Just!«, drängte Peter ungeduldig.
»Laura hat sich schlau gemacht und in Erfahrung gebracht, womit man Stechmücken zuverlässig anlocken kann. Das Mittel dazu ist in jedem Drogeriemarkt erhältlich: Buttersäure. Eine chemische Verbindung, die beim Zerfall bestimmter Fette entsteht. Das Zeug riecht schlimmer als die schlimmsten Schweißfüße, aber die Stechmücken sind ganz wild darauf.
Ein winziger Tropfen, den Ihnen Laura beim Händchenhalten auf den Handrücken drückte, reichte bereits dazu aus, dass der Moskito seinen Rüssel zielgerichtet dort hineinbohrte. Die kalten Umschläge, die Ihnen Laura auf die Stirn legte, waren ebenfalls mit dieser Säure getränkt. Jedoch in so einer geringen Dosierung, dass Sie den Geruch nicht wahrnehmen konnten.«
»Und woher nahm sie die Moskitos?« Die Dame rückte an ihrer Brille.
»Dazu musste sie sich nicht viel bewegen: aus der Regentonne hinter Ihrem Haus. Denn Stechmücken legen ihre Eier im Wasser ab.«
»Dieses gerissene Luder.« Die Dame ballte die Hände zu Fäusten. »Ich verstehe nur nicht, weshalb sie hier erst aufgetaucht ist, nachdem Jill bereits ein Jahr verstorben war.«
»Auch das konnte der Inspektor in Erfahrung bringen.« Justus warf einen besorgten Blick in den Himmel. Er verfinsterte sich zunehmend, während der einsetzende Wind die Blätter der Bäume rascheln ließ. »Laura hat sich nach Jills Tod gleich einem anderen Mann an den Hals geworfen. Er war sehr vermögend. Daher war sie auf das Geld, das Jill im Haus versteckt hat, nicht angewiesen. Doch vor einigen Wochen hat sich diese Verbindung wieder gelöst. Von diesem Zeitpunkt an geriet sie in ernsthafte Geldnöte. Und Not macht bekanntlich erfinderisch.« Er zog einen Umschlag hervor und drückte ihn Mrs Hazelwood in die Hand.
»Darf ich Ihnen Ihr Eigentum wiedergeben?«
Die Dame begann zu zittern. »Ich weiß gar nicht mehr, wie viel Geld er mir im Laufe der Jahre mit seinen Lügen abgeknöpft hat. Wie viel ist es?«
»Wenn Sie sparsam damit umgehen, wird es für den Rest Ihres Lebens reichen, Madam. Und ich gehe davon aus, dass Sie steinalt werden.«
Ein ohrenbetäubender Donner läutete das ersehnte Gewitter ein. Schweigend saßen die vier unter dem Sonnenschirm und wünschten sich inbrünstig, dass das Unwetter den erhofften Klimawechsel bringen würde.
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