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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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verließ die Kajüte, was Sebastian die Möglich-
    keit gab, über einen riskanten Plan nachzudenken, in dem es nur zwei Möglichkeiten gab: Sieg oder Tod.
    Am folgenden Morgen, als die Glocke den Wach-
    wechsel ankündigte, versammelte Sebastian erneut
    seine Mannschaft an Deck und kam ohne Um-
    schweife zur Sache.
    »Alle, die auf den Caymans bleiben wollen, ver-
    sammeln sich an der Backbordseite«, befahl er. »Al-le, die mitkommen wollen, an der Steuerbordseite.«
    Zafiro Burman hob die Hand.
    »Mach dir keine Umstände! Wir alle wollen lieber
    als Piraten sterben statt als Bettler leben. Hiß die schwarze Flagge!«
    »Die schwarze Flagge?« fragte der Kapitän über-
    rascht.
    »Genau!«
    »Hier und jetzt?«
    »Hier und jetzt!« lautete die entschlossene Ant-
    wort. »Wir haben beschlossen, daß wir von diesem
    Augenblick an in den Kampf ziehen.«
    Sebastián Heredia Matamoros wandte sich Lucas
    Castano zu und befahl ihm mit einem Lächeln:
    »Einverstanden! Hol die Flagge. Klar zum Ge-
    fecht!«
    Das schien der magische Satz zu sein, auf den fünfzig Seewölfe monatelang gewartet hatten. »Klar zum Gefecht!« hieß soviel wie »Beute in Sicht!«, und
    diese zwei Wörter, »Gefecht« und »Beute«, verstand jeder an Bord am besten.
    Die Waffen, die so lange Zeit geruht hatten, blitzten in der Mittagssonne; die Kanonen, die so lange stumm geblieben waren, krachten, damit man ihren
    Zustand prüfen konnte, und das Pulver, das so lange in der untersten Pulverkammer geschlummert hatte, wurde auf Deck ausgestreut, um sicherzugehen, daß es nicht feucht und damit nutzlos geworden war.
    Der Vorabend der Schlacht ist für die Beteiligten wesentlich aufregender als der Kampf selbst, und die Besatzung der Jacare wußte, daß ihr eine brutale, blutige und erbitterte Schlacht bevorstand.
    Als Sebastián Heredia sie so vom Achterkastell aus betrachtete, hatte er das Gefühl, zum ersten Mal so richtig mitzuerleben, wie es auf einem Piratenschiff zuging, und zum ersten Mal wurde ihm die wahre
    Persönlichkeit der Männer bewußt, die ihre Heimat und ihre Familien verlassen hatten, um sich dem
    riskanten Gewerbe zu widmen, auf unbekannten
    Meeren herumzuirren und nach einer wertvollen
    Beute zu suchen.
    Die Jacare roch geradezu nach Gewalt, und wäh-
    rend Sebastián die Gesichter der Mannschaft be-
    trachtete, kam er zu dem Schluß, daß jeder einzelne der zerlumpten Verbrecher bereit war, den letzten Tropfen Blut für den Sieg zu opfern.
    Er blickte zur riesigen Flagge mit Totenkopf und
    Krokodil hinauf, die vom höchsten Mast flatterte. Er fühlte eine Gänsehaut, weil diese Flagge jetzt nicht als Symbol eines einfachen Beutezugs, sondern als Zeichen der Freiheit schlechthin flatterte.
    Zum gegebenen Zeitpunkt kletterte Zafiro Burman
    auf den Großbaum, rief seine Gefährten zusammen
    und verkündete der enthusiastischen Menge:
    »Mombars ist ein Riese, und mit seiner Mähne im
    Wind sieht er wie ein Ungeheuer aus. Aber wenn er tot ist, dann ist es auch mit seiner Tollwut vorbei, und ohne ihn sind seine Männer nur noch ein Haufen Wilder.« Er zeigte seine Kette, die er um den Hals trug und von der er sich niemals trennte: »Wer
    Mombars in Stücke schießt, dem schenke ich mei-
    nen Saphir.«
    Zwei Tage später zeichneten sich die ersten Umris-se der Inseln und Riffe ab, die Kolumbus zu Recht
    »Garten der Königin« oder »Labyrinth« getauft hat-te. Das Archipel war wahrscheinlich eines der
    schönsten, für die Seefahrer gleichzeitig auch das gefährlichste der Antillen.
    Bei Anbruch der Nacht ankerten sie im Schutz des
    Cayo del Rabihorcado, bis sie es wagen konnten, im ersten Morgenlicht weiter in das Archipel vorzudringen, ohne Angst zu haben, auf einen Felsen zu laufen. Sebastián befahl, kein Licht an Bord zu entzünden, ließ die Wachen verdoppeln und ordnete
    absolutes Schweigen an, obwohl es wenig wahr-
    scheinlich war, daß jemand im Dunkeln das im
    Schutz der gefährlichen Riffe liegende Schiff angreifen würde.
    »Bei Mombars kann man nicht vorsichtig genug
    sein«, schloß er. »Und sollte er uns überholt haben, könnte er uns mitten in der Nacht überraschen.«
    Alles blieb jedoch ruhig. Zehn Minuten, bevor die Sonne über der fernen kubanischen Küste aufging,
    hatte man bereits damit begonnen, die Segel zu setzen, und das Schiff war bereit, seine schwierige
    Fahrt fortzusetzen, sobald man die trügerischen Untiefen im Tageslicht klar erkennen konnte.
    Drei Männer kletterten auf die Masten, damit ihnen

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