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Insel der Schatten

Insel der Schatten

Titel: Insel der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Webb
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Aber seine Stimme wurde bereits leiser. Er entfernte sich wieder von mir.
    So schnell ich konnte, begann ich, in die Richtung zu laufen, aus der das Rufen gekommen war, und blieb erst stehen, als mir einfiel, dass ich mich gefährlich nah am Rand der Klippe befinden musste.
    »Will!«, rief ich, und dann: »Iris!« Jetzt musste ich in diesem Sturm gleich zwei Menschen finden.
    Aber keiner von beiden antwortete mir. Außer dem um mich herumwirbelnden Weiß konnte ich nichts sehen. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war und wie ich zum Haus zurückkommen sollte. Ich war verloren.
    »Will!«, versuchte ich es erneut. »Wiiill!«
    Doch alles blieb still. Panik ergriff von mir Besitz, als die Schneedecke stetig höher wurde. Jetzt reichte sie mir schon bis zu den Knien, und ich kam nur noch mühsam vorwärts. Am liebsten wäre ich zu Boden gesunken und hätte mich von den weichen Flocken zudecken lassen. Ermattet sank ich auf die Knie, nahe daran, einfach aufzugeben.
    Doch dann hörte ich es. Lachen.
    »Ganz kalt!«, flötete eine Stimme. »Hallie! Das ist ganz kalt!«
    Ich konnte sie ganz deutlich verstehen. Es waren die Mädchen, daran bestand kein Zweifel.
    »Komm weiter! Du kannst jetzt nicht aufhören. Komm und such mich!«
    Versuchten sie etwa, mich über den Rand der Klippe zu locken? Nein, ich erinnerte mich, dass Hannah immer geglaubt hatte, sie hätten ihr in dem Sturm damals das Leben gerettet. Ihre Stimmen wurden lauter und lauter, bis es mir so vorkam, als würden die Worte in mein Ohr gebrüllt. Ich begann mich aus meiner Erstarrung zu lösen, setzte erneut einen Fuß vor den anderen.
    »Es wird wärmer! Es wird wärmer, Hallie!«
    Nach ein paar weiteren Schritten hörte ich:
    »Kälter! Kälter! Kehr um, bevor du erfrierst!«
    Ich machte kehrt und kämpfte mich in eine andere Richtung weiter.
    »Wärmer! Jetzt wird es heiß!« Noch ein paar Schritte, dann: »Jetzt brennt es! Jetzt brennt es!«
    Mein Fuß stieß gegen etwas Hartes, Hohes, das ich als die Steinmauer erkannte, die an die von der Auffahrt zum Haus führenden Treppe grenzte. Ich hatte zurückgefunden. Ich war gerettet! Blind tastete ich mich mit den Füßen Stufe um Stufe empor.
    »Hallie!«, erklang es, jetzt wesentlich lauter. Es war Will.
    »Will! Ich bin auf der Treppe! Folg dem Klang meiner Stimme!«, rief ich immer wieder, bis er endlich gegen mich prallte. Dem Himmel sei Dank! Einen Moment standen wir nur da und hielten uns eng umschlungen.
    »Iris ist noch dort draußen«, keuchte ich dann. »Wir müssen sie suchen!«
    »Nichts da, Hallie, ich bringe dich jetzt ins Haus zurück! Auf der Stelle! Du bist ja halb erfroren.«
    Er führte mich die restlichen Stufen empor. Meine Erleichterung kannte keine Grenzen, als wir die Hintertür erreichten. Ich riss sie auf und stolperte zitternd in die Küche. Will rannte ins Wohnzimmer, holte eine Decke und hüllte mich darin ein.
    »Mein Gott, wie lange warst du denn da draußen?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, erwiderte ich mit klappernden Zähnen. In diesem Moment bemerkte ich die Erbsensuppe, die auf dem Herd brodelte, und roch das frische Zwiebelbrot im Ofen.
    »Hast du das gekocht?«, fragte ich, obwohl ich es besser wusste. Will schüttelte auch prompt den Kopf. Also musste es Iris gewesen sein, sonst kam niemand in Frage. Irgendwie musste sie sich durch den Sturm ins Haus zurückgekämpft haben. Eine andere Erklärung gab es nicht.
    Viel später, nachdem wir heiß geduscht und gegessen hatten, erzählte ich Will die Geschichte meiner Flucht von der Insel.
    Er schüttelte immer wieder den Kopf und murmelte: »Nicht zu fassen!« Ich weiß nicht, ob er mir wirklich glaubte – besondere Zweifel schien er bezüglich meiner wundersamen Rettung durch die Mädchen zu hegen – oder ob er einmal mehr dachte, Iris hätte meine eigene Geschichte ebenso blumig ausgeschmückt wie all ihre anderen auch, aber er verlor kein Wort darüber.
    Ich war mir ja diesbezüglich selbst nicht ganz sicher, doch im Moment kümmerte mich das nicht im Geringsten. Ich war wieder in meinem sicheren Haus, zusammen mit dem Mann, den ich täglich mehr liebte, und der Sturm konnte uns nichts mehr anhaben! Auch Iris hatte sich in Sicherheit bringen können, wie das ausgezeichnete Abendessen bewies, das sie uns noch zubereitet hatte.
    Als wir an diesem Abend zu Bett gingen, hatte ich das unbestimmte Gefühl, dass doch noch alles gut werden würde.

32
    Ein paar Tage nach dem Sturm kam es dann zu der Aussprache mit

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