Insel der sieben Sirenen
den Blick über die einzelnen Gesichter wandern, aber keines erwiderte mein
Lächeln. Die fünf wirkten auf mich wie Kunden, die man drei Stunden hat warten
lassen.
»Wer möchte ihn als erste
anprobieren ?« fragte ich. Sie starrten dumpf das rosa
Gestrick an, das ich in die Höhe hielt. Endlich warf ich es Amanda zu. »Also
machst du den Anfang .«
Lustlos streifte sie sich den
Ärmel über. Er hatte die passende Länge, aber da er von einem lose sitzenden
Sportpullover stammte, ließ sich nicht mehr daraus schließen, als daß er ihr
gehören konnte.
Amanda gab den Ärmel an Andrea
weiter, die ungeduldig hineinfuhr und mich dann trotzig anstarrte. Er war ihr
vielleicht ein bißchen zu lang, aber schließlich sind Pulloverärmel öfter zu
lang, weshalb man sie einfach umschlägt. Also immer noch kein schlüssiger
Beweis.
Phillipa schied klar aus, ihre Arme
waren zu lang und dünn. Zwischen Ärmelrand und ihrem Handgelenk klafften
mindestens drei Zentimeter.
Yvonne paßte er ungefähr genausogut wie Amanda. Als Resultat
blieben vier mögliche Kandidaten und natürlich auch Joyce, die etwa dieselbe
Größe hatte wie Yvonne.
»Tja, Mädchen, jetzt wissen wir
immer noch nicht, wen wir einsperren sollen, deshalb schlage ich vor, daß wir
uns heute früh zu Bett begeben und uns bis zum Morgen in unseren Zimmern
einschließen. Jedenfalls werde ich für meinen Teil das tun .«
»Feigling«, höhnte Phillipa . »Sie könnten mindestens im Flur Wache schieben .«
»Ja, Randy«, sagte Amanda
schnell, »das ist eine prächtige Idee .«
»Ich habe eine bessere«, sagte
ich, weil mir eine Eingebung gekommen war. »Warum verbringen wir nicht alle die
Nacht in meinem Zimmer ?«
»Lüstling !« rief Andrea.
»Pervers«, kommentierte Phillipa gleichgültig.
»Der Vorschlag hat seine
Reize«, meinte Robin betrübt. »Aber ich fürchte, in dieser Gesellschaft würde
ich mich langweilen .« Sie warf Amanda einen
vielsagenden Blick zu.
»Du kannst schlafen, bei wem du
willst«, sagte Amanda schnippisch. »Was mich angeht, so will ich lediglich bis
Tagesanbruch am Leben bleiben, und wenn Randy mich nicht beschützt, dann gehe
ich sofort auf mein Zimmer und bleibe dort bis morgen mittag .« Amanda kehrte mir den Rücken und schritt
trotzig hinaus.
»Also gut, lauf nur davon«,
rief ich ihr nach. »Hauptsache, du machst niemandem die Tür auf!«
»Keine Sorge«, rief sie und
steckte den Kopf noch einmal durch die Tür. »Heute würde ich nicht aufmachen,
und wenn mir jemand siebzig Millionen Dollar dafür bietet .«
»Ziemlich dramatisch, meinen
Sie nicht ?« tadelte Phillipa .
»Ich jedenfalls habe nicht vor, mich unterm Bett zu verstecken. Ich habe es
noch immer geschafft, selbst auf mich aufzupassen .«
»Tun Sie das, ich würde nämlich
Ihre Stimme in diesem Chor vermissen. Außerdem hat Lofting keinen Platz mehr in
der Tiefkühltruhe .«
»Dachte ich mir’s doch, daß der Braten gestern ein bißchen eigenartig roch«, spöttelte sie. »Wie
dem auch sei, ich gehe jetzt in die Bibliothek und hole mir ein Buch .« Lässig stand sie auf, streckte sich graziös und wandte
sich zur Tür.
»Ich hätte gar nicht gedacht,
daß du an geistiger Nahrung interessiert bist«, stichelte Andrea und folgte
ihr.
»Halt die Klappe«, antwortete Phillipa ruhig und ohne sich umzudrehen. »Es hat gar keinen
Zweck, daß du mitkommst, weil es dort ja doch keine blutrünstigen
Mordgeschichten gibt .«
»Mal sehen, ob ich Cornelius
finden kann«, sagte Robin vergnügt. »Es wird Sie beruhigen, Mr. Roberts, daß
Sie nicht ganz ins Schwarze getroffen haben mit Ihrem Stock. Cornelius gab im
zweiten Akt eine ausgesprochene Starvorstellung .«
»Schließlich hab’ ich auch
nicht gezielt«, protestierte ich. »Und ich hoffe, ihr beide bekommt gute
Kritiken .«
Mit sonnigem Lächeln wippte sie
an mir vorbei, wobei das enganliegende, schwarz und
orange gestreifte Seidenkleid jede ihrer Bewegungen noch unterstrich. »Warum
schauen Sie nicht mal vorbei und bilden sich selber ein Urteil ?« lud sie mich ein, ehe sie in die Diele verschwand.
»Damit sind nur wir zwei noch
übrig«, sagte Yvonne und sah mir schelmisch in die Augen.
»Möchtest du etwas trinken ?«
»Ich möchte etwas ganz anderes,
Randy .«
»Es dauert vielleicht eine
Woche, ehe ich mich von gestern erholt habe, und außerdem habe ich jetzt einen
Mord im Kopf .«
Sie trat nahe an mich heran,
und ich bemerkte zum erstenmal, daß sie ein tiefausgeschnittenes,
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