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Insel meiner Sehnsucht Roman

Insel meiner Sehnsucht Roman

Titel: Insel meiner Sehnsucht Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josie Litton
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Verräter Deilos erhofft hatte, er würde ihn an die Macht bringen. Nie zuvor war Royce die Freiheit so süß erschienen wie jetzt. Aber im Grunde seines Herzens lauerte heiße Rachsucht. Wenn Deilos noch lebte …
    Als er Kassandra anschaute, staunte er, weil sie seinen Blick erwiderte. Sie sieht viel zu viel, dachte er. Nicht nur in ihren Visionen … Doch das störte ihn nicht. Im Gegenteil, auf seltsame Weise tröstete es ihn, dass er mit seinen schmerzlichen Gedanken nicht allein war.
    Noch ein Tag verstrich – und noch einer. Je näher sie an Akora heransegelten, desto lebhafter wurden die Erinnerungen. Royce wollte nicht mehr im beengten Mannschaftsquartier schlafen und bereitete sich ein Lager an Deck. Nicht nur er entschloss sich dazu, denn es wurde immer wärmer, während sie südwärts fuhren.
    Pflichtbewusst beteiligte er sich an der harten Arbeit der Besatzung. In der Freizeit maß er sich mit den Seeleuten in sportlichen Wettkämpfen. Besonders beliebt waren Messerwerfen und Ringen. Nur vage registrierte er den Respekt, den ihm die akoranischen Krieger allmählich zollten. Für ihn war es wichtiger, dass er nicht zu viel nachdachte.
    Unweigerlich nahm er Kassandras Nähe wahr. Sie hielt sich meistens an Deck auf. Entweder plauderte sie mit Joanna und bewunderte Amelia, oder sie starrte über das Meer hinweg, in ihre eigenen Gedanken versunken.
    Bei den Mahlzeiten saßen sich Kassandra und Royce stets gegenüber. Ansonsten kamen sie nur selten zusammen. Innerhalb der engen Grenzen des Schiffs gab es keine Gelegenheit für private Momente, und das begrüßte er.
    Wenn er nachts an Deck lag, vom sanften Schaukeln des Schiffs eingelullt, beherrschte sie seine Träume. Er sah sie so wie bei der ersten Begegnung in Alex' Halle, wo sie lachend und glücklich umhergewirbelt war, oder so wie am Boden des Kinderzimmers – gepeinigt, aber tapfer.
    Hin und wieder erwachte er, starrte zum zunehmenden Mond hinauf und fragte sich, warum die Schatten in ihren Augen niemals vollends verflogen.
    Zehn Tage nach der Abreise von Southwark weckte ihn Zitronenduft.
    Der Morgen dämmerte noch nicht herauf. Am östlichen Horizont schimmerte nur ein dünnes feuriges Band. Kein Mitglied der Schiffsbesatzung rührte sich, von den Nachtwachen abgesehen.
    Langsam hob Royce den Kopf, sein Blick schweifte umher.
    Zitronen.
    Ergab das einen Sinn?
    Er stand auf, streckte sich und strich über sein Kinn. Da er keinen Schlaf mehr finden würde, beschloss er, sich zu rasieren. Und er roch immer noch Zitronenduft.
    In der Nähe des Bugs öffnete sich eine Luke, eine schlanke Gestalt tauchte auf und trat an die Reling. Obwohl sie ihm den Rücken zuwandte, erkannte er sie sofort.
    Er eilte zu ihr, mit leisen Schritten, die sie unmöglich hören konnte. Trotzdem drehte sie sich um.
    »Guten Morgen«, sagte er.
    Kassandra nickte ihm zu. Dann zog sie ihr Cape enger um die Schultern und betrachtete die Sterne, die immer noch funkelten. «Du bist zeitig auf den Beinen.«
    «Genauso wie du. Was glaubst du, warum ich Zitronen rieche?«
    Ihre vollen, weichen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Weil du Akora riechst.«
    »Oh – Akora …« In diesem magischen Duft, der seine Sinne zu betören drohte, lag das Wesen des Inselreichs? Oder weckte Kassandra die gefährlichen Gefühle?
    »Jetzt blühen die Zitronenbäume. Der Wind weht über die Berge hinweg und bläst das Aroma aufs Meer hinaus. Hol ganz tief Atem …« Während er dem Rat folgte, fügte sie hinzu: »Auch der wilde Thymian und der Oleander duften. Alle Menschen, die Akora verlassen haben – meine Eltern, Alex, ich selbst – wissen es: Nirgendwo auf Erden gibt es einen Ort, der so riecht wie unsere Heimat.«
    Daran zweifelte er nicht, denn der Duft verzauberte ihn. Noch intensiver war das Gefühl, dass das Ziel näher rückte. »Wie lange dauert die Reise noch?«
    Kassandra legte ihren Kopf in den Nacken und erforschte das Unsichtbare wie die erfahrenen Seeleute. »Wenn sich der Wind nicht dreht, werden wir in Ilius zu Abend essen.«
    Als sie den Hafen zu Füßen der königlichen Stadt ansteuerten, ging die Sonne unter, und die Sterne kehrten zurück. Royce stand an Deck. Seit er am Nachmittag die Küste gesichtet hatte, konnte er seinen Blick nicht von Akora losreißen, hin- und hergerissen zwischen Verwirrung und Freude.
    An seine erste Ankunft erinnerte er sich nur bruchstückhaft. Stundenlang hatte er den Sturm bekämpft, bevor sein leckes Schiff ins Binnenmeer getrieben

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