Inselkönig
kurz an der Tür klopfte und der
neue Leiter der Polizeidirektion erschien. Er war in saloppe Freizeitkleidung
gehüllt, stutzte, als er das frisch angerichtete Chaos sah, tat, als würde er
es nicht bemerken, grüßte mit einem freundlichen »Guten Morgen« und nahm
Christoph gegenüber Platz.
»Möchten Sie einen Kaffee?«, fragte Große Jäger
dienstbeflissen.
Der Leiter der Polizeidirektion nickte. »Gern«,
antwortete er.
Mit einem Kopfnicken in Mommsens Richtung, das als
Aufforderung verstanden werden sollte, gab der Oberkommissar den Auftrag
weiter.
»Können Sie mir einen kurzen Abriss des Falls geben?«,
fragte der neue Behördenchef.
»Gern«, erwiderte Christoph und berichtete.
Polizeidirektor Grothe hatte seinen unangefochtenen
Platz in der Erinnerung der Husumer Polizei. Und der Neue unternahm nicht den
Versuch, ihm den streitig zu machen. Er war ein anderer Typ, der sich aber in
der kurzen Zeit seiner Anwesenheit schnell den Respekt und die Anerkennung der
Mitarbeiter erworben hatte.
Schließlich war Kriminaldirektor Jochen Nathusius
schon während seiner Zeit beim Polizeilichen Staatsschutz im Kieler
Landeskriminalamt ein allseits geachteter Vorgesetzter gewesen.
Dichtung und Wahrheit
Wer jemals die Insel Föhr besucht hat, weiß, dass die
Insulaner weltoffen, freundlich und zuvorkommend sind. So ist unschwer zu
erkennen, dass Handlung und Personen in meinem Roman ausschließlich meiner
Phantasie entsprungen sind und jede Ähnlichkeit mit tatsächlich dort lebenden
Menschen unbeabsichtigt ist.
Ich danke den Föhringern, die mich bei meiner
Recherche sympathisch und tatkräftig unterstützt haben, insbesondere Jürgen
Huß, der mir interessantes Material zur Verfügung gestellt hat, und Frau Kaiser
vom gleichnamigen Gästehaus, die mir Auskünfte gegeben und mir Kontakte und
Adressen vermittelt hat. Es war eine heitere und schöne Recherche auf Föhr,
auch wenn es selbst in verkehrsarmen Wintermonaten schwierig ist, mit dem Auto
ohne langfristige Voranmeldung auf die Insel zu gelangen, und jedem
Föhrbesucher bei der Fährpassage die Erkenntnis kommt, welchen Beruf die
Piraten und Freibeuter heute ausüben. Ebenso amüsant war das Erlebnis in
einem zu Recht gut bewerteten Restaurant, das eine umfangreiche Karte mit
»Haben-wir-heute-nicht« führt. Man möge mir auch die Neugierde verzeihen, wenn
ich in den Wohngebieten der begüterten Mitbürger herumstrolche und man mich
dabei kritisch in Augenschein und vorsichtshalber die Wäsche von der Leine
nimmt, und wenn ich an anderer Stelle in die Gärten schaue oder Fähr- und
Flughafen mit dem Blick eines Schreiberlings vermesse.
Die Einheimischen mögen mir nachsehen, dass ich den
beschriebenen Wintereinbruch, den es in dieser Weise vor ein paar Jahren
tatsächlich gab, dramaturgisch mit dem Bersten des Güllebehälters
zusammengelegt habe. Auch das hat sich tatsächlich ereignet.
Neben den bewährten und an dieser Stelle schon oft
genannten Helfern möchte ich mich besonders bei meinem Sohn Malte und bei
Sabine J. Seifert für medizinischen Rat bedanken. Wenn ich trotz Sabines
fachkundiger und geduldiger Erläuterung von Krankheiten ein wenig »großzügig«
mit dem Downsyndrom umgegangen bin, diente das ausschließlich dramaturgischen
Zwecken.
Hannes Nygaard
MORD AN DER LEINE
Niedersachsen Krimi
ISBN 978-3-86358-041-4
»Nygaard entwickelt Sinn für Hannover, eine Stadt, in der Morde noch selten sind und deshalb sich dieser ›Mord an der Leine‹ umso aufregender gestaltet.«
NDR 1, Niedersachsen
Leseprobe zu Hannes Nygaard,
Mord an der Leine
:
EINS
Die tief liegenden Wolken hüllten die Stadt in ein
düsteres Grau. Wo sonst eine farbenfrohe Schaufenstergestaltung, ein
blumengeschmückter Balkon oder das aufreizende Bunt der nachsommerlichen
Frauenkleidung dem Auge einen Anhaltspunkt bot, deckte der kräftige Landregen
heute alles zu. Kaum jemand hatte sich auf die Straße getraut. Wer konnte,
blieb in den eigenen vier Wänden.
Stoßstange an Stoßstange tasteten sich die Fahrzeuge
Richtung Innenstadt. Handwerker, gewerbliche Arbeitnehmer und ein paar
unentwegte Büroangestellte hatten ihren Arbeitsplatz erreicht. Der Rest saß in
seinem Wagen, plierte durch die regennasse Windschutzscheibe und erfuhr den
ersten Stress des Tages, der die Menschen unweigerlich erfasste, wenn ein
simpler Regen den Strom der Autos noch zäher fließen ließ, als es der
morgendliche Berufsverkehr in
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