Inseln im All -: Roman (German Edition)
zum Besten haben?
»Es war aufregend genug, vielen Dank! Was könnten Sie mir denn sonst noch an Aufregung bieten?«
»Nun, wie wäre es mit ein paar Meteoren, einem Piratenüberfall, einer Invasion aus dem Weltraum oder all den anderen Dingen, über die man in den Abenteuermagazinen so viel liest?«
»Ich lese nur ernsthafte Bücher – wie Richardsons ›Einführung in die Astronautik‹ oder Maxwells ›Moderne Raumschiffe‹ –, keine Magazingeschichten«, erwiderte ich würdevoll.
»Das glaube ich Ihnen nicht«, sagte er prompt. »Ich jedenfalls lese sie, und ich bin überzeugt, Sie lesen sie auch. Mir können Sie nichts weismachen.«
Er hatte natürlich recht. Und das war eine der ersten Lektionen, die ich auf der Station lernte. Alle Leute dort draußen sind sehr sorgfältig ausgesucht worden – sowohl hinsichtlich ihrer Intelligenz als auch ihres technischen Wissens. Sie merken sofort, wenn ihnen jemand etwas vormachen will.
Ich überlegte gerade, wie wir nun wohl das Schiff verlassen würden, als ich draußen an unserer Luftschleuse eine Serie von klopfenden und kratzenden Geräuschen hörte. Gleich darauf ertönte ein beunruhigendes Zischen von Luft. Es wurde wieder still, und dann öffnete sich mit einem weichen, saugenden Geräusch die Innentür der Schleuse.
»Denken Sie daran, was ich Ihnen gesagt habe. Bewegen Sie sich immer langsam und vorsichtig«, sagte der Pilot zu mir und nahm sein Logbuch an sich. »Am besten hängen Sie sich an meinem Gürtel ein, und ich werde Sie mitziehen. Fertig?«
Ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass das nicht gerade eine sehr würdevolle Art war, die Station zu betreten. Aber es war sicherlich gescheiter, kein unnötiges Risiko einzugehen, und deshalb hakte ich meine Finger an seinem Gürtel ein. Der Pilot stieß sich kräftig ab, und so segelten wir durch den druck- und luftdichten Korridor, der nun das Schiff mit der Station verband. Es war ein Gefühl, als ob man unter Wasser schwimmen lernte, so dass ich zuerst regelrecht Angst hatte zu ertrinken, falls ich zu atmen versuchte.
Wir gelangten schließlich in einen weiten Metalltunnel – vermutlich einen der Hauptkorridore der Station. Kabel und Rohre führten an den Wänden entlang, und in bestimmten Abständen kamen wir durch große Doppeltüren, über denen mit roten Lettern stand; »Bei Notalarm schließen!« Das klang nicht sehr beruhigend. Auf unserem ganzen Weg begegneten wir nur zwei Leuten. Sie schwebten mit einer so mühelosen Leichtigkeit an uns vorüber, dass ich richtig neidisch wurde. Aber ich schwor mir, dass ich es bis zu meiner Rückkehr zur Erde ebenso gut können würde.
»Ich bringe Sie zu Kommandant Doyle«, sagte mir der Pilot. »Er leitet unsere Ausbildungsabteilung, und er wird sich ein wenig um Sie kümmern.«
»Was für ein Mann ist er denn so?«, fragte ich unruhig.
»Keine Sorge – das werden Sie schnell genug herausfinden. Da sind wir schon.«
Wir hielten vor einer großen runden Tür an – mit der Aufschrift: »R. Doyle, Ausbildungsleiter. Bitte anklopfen und sofort eintreten!«
Der Pilot tat das, wobei er mich immer noch wie einen Sack Kartoffeln hinter sich herzog.
Ich hörte ihn sagen:
»Captain Jones, Sir – mit Passagier.« Dann griff er nach mir und schob mich vor – und jetzt sah ich den Mann, zu dem er gesprochen hatte.
Er saß an einem vollkommen normalen Büroschreibtisch, und das war für mich ziemlich überraschend – hier an diesem Ort, wo sonst alles so ungewöhnlich war. Und er sah aus wie ein Preisboxer. Ich glaube, er war der muskulöseste Mann, den ich je gesehen hatte. Zwei mächtige Arme bedeckten den größten Teil der Schreibtischplatte, und ich fragte mich, wo er wohl passende Kleider herbekommen mochte. Seine Schultern waren bestimmt über einen Meter breit.
Ich konnte zuerst sein Gesicht nicht sehen; denn er beugte sich über ein paar Schriftstücke. Dann schaute er auf – und ich starrte überrascht auf einen riesigen roten Bart und zwei enorme buschige Augenbrauen. Es verging einige Zeit, bis ich fähig war, die übrigen Gesichtszüge zu erkennen. Es ist heutzutage so ungewöhnlich, einem richtigen Bart zu begegnen, dass ich ihn einfach anstarren musste. Dann sah ich, dass Kommandant Doyle irgendeinen Unfall gehabt haben musste: Eine schwach sichtbare Narbe zog sich quer über seine Stirn. Wenn man bedenkt, wie geschickt unsere modernen plastischen Chirurgen sind, so bedeutete allein die Sichtbarkeit dieser Narbe, dass die
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