Inseln im All -: Roman (German Edition)
dann wird einem die Schwerkraft zu einer schlimmen Plage. Aber alle Passagiere, die vom Mars und dem Mond kommen, werden zunächst dorthin transportiert. Es wäre für sie sehr ungesund, wenn sie direkt zur Erde zurückkehren würden, nachdem sie so lange in einem viel schwächeren Schwerefeld gelebt haben. In der Wohnstation können sie sich sozusagen umgewöhnen. Sie betreten sie im Zentrum, wo Schwerelosigkeit herrscht, und dann rücken sie allmählich bis zum äußersten Rand vor, wo die normale Erdschwerkraft wirksam ist.«
»Wie gehen sie denn an Bord, wenn das Ding sich dreht?«, fragte ich.
»Siehst du das Schiff, das sich da gerade heranmanövriert? Wenn du genau hinschaust, wirst du sehen, dass die hohle Achse der Station sich nicht mitdreht. Sie wird festgehalten durch einen Motorantrieb, entgegengesetzt zur Rotation der Wohnstation, so dass sie tatsächlich im Raum stillsteht – relativ zu unserem Standort. Die Rakete kann ankuppeln und ihre Passagiere ausladen. Der Kupplungszylinder kann frei rotieren. Dann wird die Achse in Drehung versetzt, bis ihre Geschwindigkeit der Rotation der Station angeglichen ist, und nun können die Passagiere die Station betreten. Das hört sich ziemlich kompliziert an, aber die Methode hat sich gut bewährt.«
»Werde ich mal Gelegenheit haben, die Station dort drüben zu besuchen?«, fragte ich.
»Ich glaube schon, dass sich das machen ließe – wenn ich auch nicht einsehe, was das für einen Sinn haben sollte. Ebenso gut könntest du unten auf der Erde geblieben sein. Das ist ja eben der Sinn dieses Hotels, dass dort irdische Verhältnisse herrschen.«
Ich beharrte nicht auf meinem Wunsch, und tatsächlich geschah es auch erst am Ende meines Besuches, dass ich die Wohnstation betreten konnte, die doch nur wenige Kilometer von uns entfernt war.
Es muss für Tim eine ziemliche Plage gewesen sein, mich in der Station herumzuführen; denn ich musste meistens entweder gezogen oder geschoben werden, bis ich mich endlich an die Fortbewegungsart gewöhnt hatte. Ein- oder zweimal konnte Tim mich gerade noch in letzter Minute vor einem Unfall bewahren – wenn ich mich wieder einmal zu kräftig abgestoßen hatte und drauf und dran war, mit dem Kopf voran gegen ein Hindernis zu prallen. Aber er war sehr geduldig, und schließlich bekam ich heraus, wie man es machen musste, und nun war ich endlich imstande, mich einigermaßen sicher zu bewegen.
Es dauerte mehrere Tage, bis ich mich in dem Irrgarten von sich kreuzenden Korridoren und Druckkammern zurechtfand, aus denen die Innere Station bestand. Auf jenem ersten Rundgang konnte ich die vielfältigen Anlagen der Station nur flüchtig besichtigen: die Werkstätten, die Funkstation, die Kraftzentrale, die Klimaanlage mit der Luftkontrolle, die Schlafräume, die Vorratskammern und das Observatorium. Manchmal schien es mir kaum glaubhaft, dass man das alles in den Weltraum hinaustransportiert hatte, um es dann hier, achthundert Kilometer über der Erdoberfläche, zu dieser Station zusammenzufügen. Schließlich erwähnte Tim einmal zufällig, dass das meiste Material für die Station gar nicht von der Erde, sondern vom Mond stammte. Wegen der geringen Schwerkraft auf dem Mond war es viel wirtschaftlicher, die Station von dort aus mit Material zu beliefern, statt von der Erde aus, die doch so viel näher war.
Mein erster Rundgang endete in einer von den Luftschleusen. Wir standen schließlich vor der großen, kreisrunden Außentür, die mit Gummipolstern abgedichtet war und die in die Leere des Weltraumes hinausführte. Rechts und links an den Wänden hingen in Klammerhaltern die Raumanzüge, und ich schaute sie sehnsüchtig an. Es war schon immer mein ehrgeiziger Wunsch gewesen, einmal in einen solchen Anzug hineinzusteigen und auf diese Weise eine winzige selbständige Welt im Raum zu werden.
»Meinst du, dass ich einmal Gelegenheit haben werde, einen solchen Anzug auszuprobieren, solange ich hier bin?«, fragte ich.
Tim blickte auf seine Uhr.
»Mein Dienst beginnt erst in einer halben Stunde«, sagte er, »und ich möchte mir gern etwas hereinholen, was ich draußen am Außenrand der Station vergessen habe. Schön – gehen wir also hinaus.«
»Aber …« Ich schluckte, und meine Begeisterung ließ plötzlich nach. »Ist es auch nicht gefährlich? Muss man nicht erst gründlich ausgebildet werden, bevor man einen solchen Anzug benutzen darf?«
Er sah mich an.
»Du hast doch nicht etwa Angst, wie?«
»Natürlich
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