Inseln im Wind
so hart.«
» Sicher.« Ein flüchtiges Bild stieg vor Elizabeths innerem Auge auf, eine hellhäutige Mulattin, inmitten tanzender Schwarzer auf einer Lichtung, zuckend im Takt der Trommeln, befleckt vom warmen Blut eines Tieropfers. Der Tag wird kommen, raunte es von irgendwoher, dann war das Bild wieder weg, und Elizabeth starrte die weiß getünchte Wand hinter Annes Bett an.
» Was ist?«, fragte Anne.
» Nichts.«
Anne war vom Bett aufgestanden und ging zu dem Spiegel, der eine der Wände zierte.
» Höchste Zeit, dass ich mich ein wenig zurechtmache.« Sie schnitt ihrem Spiegelbild eine Grimasse. » Es müssen nicht alle sehen, wie mir ums Herz ist. Schon gar nicht George.« Sie griff nach Elizabeths Hand und wandte ihr das rotfleckige Gesicht zu. » Stehst du mir zur Seite? Ich meine, heute auf der Feier. Dann würde ich mich nicht so allein fühlen.«
» Du kannst auf mich zählen. Was immer auch geschieht, ich halte zu dir!«
25
I m Hof zwischen den beiden Flügeln des Herrenhauses war die Diskussion unter den Pflanzern schon seit einer Weile im Gange. Es war Jeremy Winstons Idee gewesen, die Sitzung des Rats auf Summer Hill statt wie üblich im Versammlungshaus in Bridgetown abzuhalten. Irische Diener brachten immer wieder Nachschub an Getränken, doch die schweißtreibende Wärme war trotz der zum Schutz gegen die Sonne aufgespannten Leinensegel kaum auszuhalten.
Winston hatte die Sitzung in seiner Eigenschaft als Gouverneur eröffnet. Zu seiner Rechten saß William Noringham als Ratsvorsitzender des House of Burgesses und links von ihm Harold Dunmore, zweiter Vorsitzender und Wortführer der bisher größten Fraktion – jener, die auf Konfrontation aus war. Nahezu alle großen Pflanzer waren seiner Meinung: Cromwells Navigationsakte konnten auf keinen Fall hingenommen werden. Harold Dunmore war der Ansicht, man solle sie schlicht zerreißen.
» Wir treiben weiter Handel mit den Holländern, und Schluss. Sollten englische Handelskapitäne uns zu denselben Konditionen den Zucker abnehmen und reichlich Sklaven liefern – warum nicht? Aber solange das nicht gewährleistet ist, werden wir den Teufel tun, uns diesem hirnverbrannten neuen Gesetz zu unterwerfen.«
» Aber was machen wir, wenn sie Kriegsschiffe entsenden?«, warf Benjamin Sutton ein. Er saß ein paar Stühle von Harold Dunmore entfernt. Triefend vor Schweiß, hatte er schon das dritte Glas Wein geleert und sprach bereits ein wenig undeutlich. Er war Dunmores Meinung, hatte aber Angst vor der Schlagkraft der Engländer.
» Damit müssen wir rechnen«, stimmte William Noringham zu.
Dunmore ließ die Faust auf den Tisch krachen, als wollte er diesen Einwand zerschmettern. » Dann müssen wir uns entsprechend vorbereiten!« Sein Gesicht war gefährlich rot angelaufen. Seine Weste hing an der Stuhllehne hinter ihm, sein Hemd stand offen und ließ die dunkel behaarte Brust sehen. Die zusammengerollte Peitsche, die für jeden sichtbar an seinem Gürtel steckte, symbolisierte seine Gewaltbereitschaft. » Barbados ist eine Insel, und gefahrlos landen kann man nur an einigen wenigen Stellen, sonst gerät man in tückische Brandung oder läuft auf ein Riff. Wir bräuchten nur ein paar Kanonen an strategisch günstiger Stelle.«
» Und wenn sie uns vom Meer aus beschießen?«, fragte ein Pflanzer.
» Die Reichweite ihrer Kanonen ist gewiss nicht besser als die der unseren«, trumpfte Harold Dunmore auf.
» Da täuscht Ihr Euch sehr«, erklärte Duncan Haynes. » Die Kanonen auf dem Flaggschiff der Parlamentsflotte sind die besten und neuesten, die es auf der Welt gibt.« Er saß am gegenüberliegenden Ende der langen Tafel, weit in seinem Stuhl zurückgelehnt, das Hemd fast bis zum Gürtel offen, die tiefbraune Brust allen Blicken dargeboten. Den Hut hatte er ins Gesicht gezogen, die Augen hinter der Krempe waren schläfrig gesenkt. Er machte den Eindruck, als ginge das Ganze ihn nicht sonderlich viel an.
» Sie werden uns schon nicht gleich das Flaggschiff schicken«, sagte Dunmore wegwerfend. » Die paar Fregatten, die sie entsenden, werden wir in Grund und Boden schießen!«
» Mister Dunmore, Ihr versetzt mich in Erstaunen«, warf Duncan mit weicher Stimme ein. » Ich dachte immer, Ihr wäret ein aufrechter Anhänger Cromwells. Und nun wollt Ihr gegen die Rundköpfe losschlagen wie ein in der Wolle gefärbter Royalist.«
Dunmores Hand zuckte über dem Peitschengriff, alle sahen es und blickten peinlich berührt zur Seite. Doch Dunmore
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