Inseln im Wind
ist noch lange nicht in Stein gemeißelt. Wenn Ihr es rechtzeitig hinkriegt, einen gut funktionierenden Schiffshandel zwischen Barbados und England einzurichten – warum sollten andere sich deswegen auf unbekanntes und womöglich höchst verlustreiches Gebiet wagen? Ihr müsst wissen, nicht sehr viele englische Handelskapitäne können die Strecke besegeln. Dergleichen will gelernt sein. Und selbstverständlich bin ich auch hier bereit, meine Fähigkeiten ganz in den Dienst der guten Sache zu stellen. Im Interesse von Barbados.«
» Warum nennt Ihr nicht den wahren Grund für Eure Beflissenheit?«, rief Harold Dunmore. Er schäumte vor Zorn, an seiner Schläfe zuckte eine Ader. » Euch geht es doch nur ums Geld!«
» Geht es jemandem hier um was anderes?«, fragte Duncan grinsend.
Dunmore riss seine Peitsche heraus, doch angesichts der Entfernung, die zwischen ihm und Duncan lag, wirkte die Geste nur hilflos und lächerlich. Er blickte wild von einem zum anderen.
» Merkt Ihr nicht, dass dieser Mann Euch alle an der Nase herumführen will? Hat auch nur einer von Euch eine Vorstellung, was so ein Unterfangen kosten würde? Wer soll denn die Mittel aufbringen, um all die Schiffe auszurüsten, die wir für einen florierenden Zuckerhandel brauchen? Und haben wir in diesem geplanten Konsortium vielleicht auch tüchtige Sklavenjäger, die anstelle der Holländer und Portugiesen für uns nach Afrika fahren und all die Schwarzen fangen, die wir in den kommenden Jahren brauchen? Ich sage Euch: Wir bringen Kanonen in Stellung und rüsten uns für den Krieg!«
» Dann müsst Ihr Euch aber beeilen. Als ich das letzte Mal in England auslief, wurde dort bereits ein Teil der Kriegsmarine zusammengezogen, um nach den Antillen in See zu stechen. Wie Ihr wisst, bin ich schon eine Weile hier, folglich wird es nicht mehr sehr lange dauern, bis ihre Segel am Horizont auftauchen.« Duncan machte eine wirkungsvolle Pause. » Bis dahin solltet Ihr Euch die Antwort auf das neue Gesetz sehr gut überlegen.«
Robert Dunmore stierte ihn an.
» Was seid Ihr für ein erbärmlicher Feigling!« An alle gewandt, fügte er lallend hinzu: » Ihr seid ebenfalls Feiglinge! Einer wie der andere!«
» Robert«, sagte William besänftigend. » Mäßige dich. Wir sind nicht hier, um einander zu beleidigen.«
» Du bist doch der größte Feigling!«, brüllte Robert. Unvermittelt stürzte er sich auf William und drosch mit beiden Fäusten auf ihn ein. William wurde mehrmals getroffen, bevor er die Hände hochnehmen und sich wehren konnte.
» Ich weiß genau, was du wirklich willst!«, schrie Robert. » Du bist hinter meiner Frau her! Du hast es auf Elizabeth abgesehen!«
William erbleichte.
» Das nimmst du zurück!«
Robert dachte gar nicht daran, sondern drang erneut auf ihn ein und versuchte, weitere Treffer zu landen, aber diesmal sah William sich vor und wehrte die Schläge ab. Gleich darauf versetzte er Robert einen Fausthieb gegen das Kinn und schickte ihn damit zu Boden. Harold hatte die Peitsche erhoben, doch die Blicke der Umstehenden hinderten ihn daran, Gebrauch von ihr zu machen. Mit abgehackten Bewegungen ging er zu seinem Sohn, um ihm aufzuhelfen. Robert stöhnte und hielt sich das schmerzende Kinn. Er warf William einen hasserfüllten Blick zu, den dieser in kalter Abneigung erwiderte.
» Ich schlage vor, wir kühlen uns alle ein wenig ab und treffen uns in einer Stunde wieder hier, um über die zur Debatte stehenden Möglichkeiten abzustimmen«, sagte Jeremy Winston eifrig.
Diesem Vorschlag vermochten alle Anwesenden immerhin ohne Meinungsverschiedenheiten beizupflichten. Danach löste sich die Versammlung rasch auf.
Wie erwartet ergab die Abstimmung eine deutliche Mehrheit für Duncan Haynes’ Vorschlag. Viele der Ratsmitglieder waren froh darüber. Sie wollten einfach nur Frieden bewahren, während andere, vornehmlich solche von royalistischer Gesinnung, die Auseinandersetzung mit Cromwells Marine nicht scheuten und eher Harold Dunmore folgen wollten. Doch sie befanden sich deutlich in der Minderzahl.
Sorgen mussten sich jedoch alle machen, denn niemand konnte sagen, wie es ausgehen würde, wenn Cromwells Flottenkommandant nicht verhandeln wollte, sondern von vornherein nur eine bedingungslose Unterwerfung akzeptierte.
Harold Dunmore äußerte im Anschluss an die Abstimmung, sie würden noch sehen, was sie davon hätten, auf einen größenwahnsinnigen Abenteurer zu zählen, der nicht einmal Stimmrecht im Rat besitze.
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