Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
Vom Netzwerk:
Veranda verließ, um sich im Hof zu den übrigen Pflanzern zu gesellen.
    » Der arme Junge«, seufzte Martha vernehmlich.
    Es klang Mitleid heischend, und obwohl Elizabeth nicht genau wusste, worauf ihre Schwiegermutter hinauswollte, fühlte sie sich bemüßigt, etwas zu erwidern, und sei es nur, um das Gespräch von Robert wegzulenken.
    » Was wohl die Versammlung erbringen wird?«
    » Das weiß der Himmel. Ich hoffe bloß, sie denken sich keine Dummheiten aus. Etwa solche, die dazu führen, dass die Engländer mit Kanonen auf uns schießen.« Martha entfaltete ihren Fächer und wedelte sich damit Luft zu. Sie war schweißüberströmt, ihr Kleid wies unter den Armen so gewaltige Flecken auf, dass kaum noch trockene Stellen zu sehen waren. Mit einer flinken Bewegung ergriff sie Roberts Sherrybecher und stürzte den restlichen Inhalt mit zwei Schlucken hinunter, um dann einem im Hintergrund wartenden Dienstmädchen zu winken. » Bring mir mehr davon«, sagte sie herrisch.
    » Gewiss, Madam.« Eilfertig entfernte sich die Irin, ein mageres Geschöpf undefinierbaren Alters mit dem Gesicht einer Vogelscheuche. Zumindest sie würde Robert in Ruhe lassen.
    Elizabeth verfluchte sich, weil sie jede Frau darauf taxierte, ob sie vor ihrem Mann sicher sei, doch seit Harold Deirdre ausgepeitscht hatte, lebte sie in der beständigen Furcht, dass Ähnliches wieder geschehen könne. Was ihr Schwiegervater wohl täte, sollte er je von ihr und Duncan erfahren? Schaudernd unterdrückte sie den Gedanken. Lady Harriet erschien auf der Veranda.
    » Ist alles nach euren Wünschen?«, fragte sie mit ihrer sanften, kultivierten Stimme. » Elizabeth? Martha, kann ich dir noch etwas bringen lassen?«
    » Nein«, schnappte Martha.
    Elizabeth fuhr bei dieser schroffen Antwort zusammen, doch Lady Harriet nickte nur freundlich und verschwand wieder ins Haus.
    Martha starrte unversöhnlich ins Leere, und als Elizabeth sie fragte, ob alles in Ordnung sei, presste sie die Lippen zusammen und zuckte die Achseln. Elizabeth fühlte sich in Marthas Gegenwart so unwohl, dass sie unmöglich länger bei ihr sitzen bleiben konnte. Sie entschuldigte sich und stand auf, um ins Haus zu gehen. Oben in Annes Schlafkammer fand sie ihre Freundin und Felicity vor. Anne lag im Bett, und Felicity stand vor ihr und fächelte ihr Luft zu.
    » Oh, Lizzie«, klagte Felicity. » Es ist so furchtbar!«
    » Was ist geschehen?«
    » Denk dir nur, George Penn …« Felicity senkte die Stimme, es sollte wohl nicht jeder hören, was sie über Annes künftigen Gatten zu sagen hatte. » Er hält sich eine Schwarze im Haus. Für …« Nun sprach sie so leise, dass es nur noch ein Flüstern war. » Du weißt schon.«
    Betreten blickte Elizabeth zu Anne, die sich den Handrücken über die Augen gelegt hatte. Sie fragte sich, ob Anne ernsthaft angenommen hatte, dass George in diesem Punkt auch nur einen Deut anders wäre als die meisten Pflanzer auf der Insel. Zumindest jene, die unverheiratet waren. Sie wusste von keinem, dem nicht nachgesagt wurde, sich irische oder schwarze Mädchen ins Bett zu holen. Elizabeth suchte nach einer begütigenden Antwort.
    » Aber damit wird er doch aufhören, wenn du seine Frau wirst! Vielleicht kann man sie auf eine andere Plantage verkaufen.« Doch sie merkte selbst, wie unzureichend das klang.
    Felicity wedelte heftig mit dem Fächer, einem Ungetüm aus Seidenpapier, das mit misslungenen Palmen bemalt war – eines ihrer selbst gefertigten Kunstwerke, mit denen sie schon alle Damen in ihrem näheren Umfeld bedacht hatte.
    » Lizzie, wenn es doch nur das wäre! Du ahnst nicht, was wir vorhin rausgekriegt haben! Die Schwarze hat schon ein Kind von George! Und gerade jetzt kriegt sie ein zweites!«
    Anne brach in Tränen aus. Ihr spitzes Kinn zuckte, als sie haltlos zu schluchzen begann. Tränen rannen unter ihren Fingern hervor und netzten Wangen und Hals. Ihr ganzer Körper bebte vor unterdrücktem Leid. Elizabeth schluckte.
    » Willst du ihn denn jetzt überhaupt noch zum Mann nehmen?«
    » Natürlich will sie das!«, antwortete Felicity an Annes Stelle. » Wer bliebe ihr denn sonst?« Mit vertraulich gedämpfter Stimme fügte sie hinzu: » Die meisten Kinder von den schwarzen Sklaven sterben sowieso. Lizzie, rede mit ihr, sonst lässt sie am Ende noch die Verlobung sausen!« Sie ging zur Tür. » Ich platze vor Neugier, was für ein Kleid Mary Winston heute trägt. Vorhin sah ich ihre Kutsche ankommen. Ich gehe mal nachsehen.« Summend schwebte

Weitere Kostenlose Bücher