Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inshallah - Worte im Sand - Roman

Inshallah - Worte im Sand - Roman

Titel: Inshallah - Worte im Sand - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
stiegen aus, während Malehkah hinter uns die Tür schloss. Ich ging in Erwartung böser Worte um das Auto, aber stattdessen hörte ich sie schluchzen. Dann sah ich, dass sie sich Tränen vom Gesicht wischte. Wir hatten ihre Gefühle verletzt, weil wir einfach weggefahren waren. Sie tat mir leid, obwohl sie immer so gemein zu mir gewesen war. »Malehkah«, sagte ich. »Entschuldige, dass wir …«
    »Zeynab hat sich verbrannt. Wir haben es gut zwanzig Minuten nach eurem Aufbruch erfahren. Ich habe Khalid losgeschickt, um euch zu suchen, aber …« Sie rang um Worte. »Angeblich sind es sehr schwere Verbrennungen.«
    »Wo?«, fragte Najib.
    »Am ganzen Körper.«
    »Wo ist sie jetzt?«, schrie Najib.
    Malehkah wich einen Schritt zurück. »Im Krankenhaus in Farah.«
    Najib rannte zu einer Hofecke und schnappte sich einen weißen Plastikkanister. Er schraubte den Tank auf und steckte einen Trichter hinein. Seine Hände zitterten so sehr, dass er trotzdem Benzin verschüttete. Er fluchte, als der Tank überlief. »Bringt mir ein feuchtes Tuch!«, fauchte er. Dann stellte er den Kanister mit dem restlichen Benzin weg, und als Malehkah mit dem Tuch zurückkehrte, wischte er sich die Hände so gut wie möglich daran ab. Dann rannte er um das Auto zum Fahrersitz.
    Ich eilte zur Beifahrerseite. Als ich die Tür öffnete, hielt Malehkah mich am Arm fest. »Zulaikha! Du solltest …«
    »Sie ist meine Schwester !« Ich schlug ihre Hand weg und knallte die Tür zu. Der Motor lief schon. Najib drückte auf die Hupe und brüllte Malehkah an, sie solle die Tür öffnen.
    »Najib?«, fragte ich. Er reagierte nicht, sondern fuhr rückwärts vom Hof und brauste dann auf der Straße davon. »Najib?«
    »Sei still!« Najib beugte sich vor und konzentrierte sich auf die Straße. Er fuhr immer schneller. In manchen Kurven brachen die Hinterreifen auf losen Steinen aus, und wenn tiefe Rillen in Sicht kamen, bremste er fluchend ab und ließ die Faust auf das Armaturenbrett knallen.
    Ich rieb meine Hände und schlug sie dann vors Gesicht. Meine Beine zitterten. Der Kabob vom Nachmittag kam mir wieder hoch. Zeynab hatte Verbrennungen. Was genau hieß das? Wie hatte sie sich verbrannt? Was war passiert?
    »Vielleicht ist es halb so schlimm«, flüsterte ich.
    Dann brach ich in Tränen aus.

So schnell waren wir noch nie in Farah gewesen. Die Nacht war bereits angebrochen. Vor dem Krankenhaus bremste Najib so abrupt, dass das Auto ins Schlittern kam.
    Ein Wächter lief aus dem Torhaus und richtete sein Gewehr auf uns. »Langsamer! Warum so eilig?«
    »Meine Schwester!«, rief Najib aus seinem Fenster. »Sie hat Verbrennungen. Angeblich ist sie hier.«
    »Hier darf man nicht so schnell fahren.«
    »Bale«, murmelte Najib und trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad.
    Der Wächter zog das Tor auf und Najib fuhr hindurch. Der vordere Hof bestand aus Kies und war hauptsächlich zum Parken gedacht, aber es gab auch einige große, vertrocknete Blumenbeete, in denen nicht einmal Unkraut gedieh. Hohe Bäume bildeten eine Art Baldachin, der alles verdunkelte. Wenn der Wind durch die Äste fuhr, tanzten kleine, gezackte Schatten im Mondlicht auf dem Boden. Wäre dieser Ort nicht so schrecklich gewesen, dann hätte das hübsch wirken können.
    Wir stiegen aus dem Auto. Unter der Motorhaube stieg Qualm auf.
    Ein paar Männer saßen auf der Betonveranda vor dem Gebäude. Ihre Zigaretten glühten orangerot im Dunkeln. Als wir uns näherten, verstummten sie.
    »Du ruinierst dein Auto, wenn du so rast.« Tahir zog ausgiebig an seiner Zigarette und stand auf.
    »Tahir, Sahib.« Najib sprach Zeynabs Ehemann knapp und beherrscht an. »Was ist passiert?«
    Tahir zuckte mit den Schultern. »Wenn wir das wüssten. Es war ein Unfall. Beim Kochen hat sich offenbar eine Dichtung am Herd gelöst. Zeynab stand plötzlich in Flammen.« Er pustete eine große Rauchwolke aus. »Aber wir haben das Feuer sofort gelöscht. Sie wird sich rasch erholen.« Najib nickte, aber als wir das Gebäude betreten wollten, hielt Tahir meinen Bruder am Hemd fest. »Halt, Rafiq. Sie liegt auf der Frauenstation. Du darfst nicht hinein.«
    Ich rannte los, ohne Najibs Erlaubnis abzuwarten. Hinter mir knallte die hölzerne Gittertür zu.
    Nachdem ich die Tränen aus meinen Augen geblinzelt und mich an das Licht gewöhnt hatte, war ich entsetzt über den Anblick, der sich mir bot. Der nackte Zementfußboden musste dringend gewischt werden. Die einsame Lampe, die mitten im Flur hing, konnte das

Weitere Kostenlose Bücher