Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)
so bleibt«, sagte er. Selbst als sich im AnonOps Zersplitterung bemerkbar machte, glaubte Sabu noch, dass Anons sich organisieren und die Welt verändern könnten. »Es lebt, es denkt, es atmet«, sagte er.
Als er und Topiary im April über Anonymous nachdachten, stellten sie fest, dass sie sich von der Gruppe ebenso gerne lösen wie bei ihr bleiben wollten. Während Sabu sich für den Aktivismus und die Aufmerksamkeit begeisterte, waren es bei Topiary der Spaß, das Lernen und die Fähigkeit, Wirbel auszulösen. War Topiary in seinem realen sozialen Leben eher unbeholfen, so war er online zu einer geistreichen heldenhaften Figur aufgestiegen. Beide fragten sich, wie sie diese Erfahrungen jetzt, da Anonymous verstummt war, weiter fortsetzen konnten.
An einem Abend Mitte April teilte Sabu Topiary nochmals mit, dass er trotz seines festen Glaubens an Anonymous für längere Zeit untertauchen wolle. In Topiarys Kopf schrillten sofort Alarmglocken. Das wirkte irgendwie verkehrt, als seien sie gerade kurz davor, etwas wirklich Bemerkenswertes zu versäumen. Er versuchte, es Sabu auszureden. »Du stehst schon in der Öffentlichkeit«, sagte er. Ihr Team hatte einen Mediensturm entfacht, was bedeutete, dass es genug Aufmerksamkeit und Schwungkraft gab, um auf seine Ziele hinzuarbeiten und die Bewegung der Hacktivisten fortzuführen. »Wenn es jetzt nicht passiert, dann nie«, fügte er hinzu. Sabu ließ die Worte auf sich wirken. »Jetzt ist eine gute Gelegenheit«, hob Topiary hervor. »Wir haben die Aufmerksamkeit und die Kontakte, wir haben die Server von AnonOps gestartet, und alles läuft. Das ist vielleicht deine letzte Chance, um die Sache ins Rollen zu bringen.«
In Wahrheit verfolgte Topiary mit dem Hacktivismus andere Interessen als Sabu. Er hatte es einfach genossen, mit seinem Team zu chatten, und wollte Spaß. Ihr Spitzenteam war auseinandergedriftet, da Kayla, Tflow und AVunit jeder für sich eine Pause vom Hacken machten. Sie beide hatten dagegen häufig in Erinnerungen geschwelgt, welche hervorragende Chemie zwischen ihnen geherrschte hatte. Und jetzt brachte Topiary die Idee auf, die Gruppe komplett wieder zusammenzubekommen, und vertrat sein Anliegen überzeugend. Sabu stimmte ihm zu, dass sie und die anderen auch jetzt, da sein realer Name bekannt war, zusammen Großes bewegen konnten. Später redete Sabu von einem Punkt, ab dem es kein Zurück mehr gegeben habe. Vielleicht war es während dieser Diskussionen mit Topiary, dass er sich entschloss, endgültig eine Grenze zu überschreiten.
Sabu erinnerte sich später, dass bei Topiary etwas »geklickt« habe, als das Gespräch wieder auf Motivation und Sehnsüchte fiel. Nicht dass sie plötzlich den Planeten hacken wollten. »Es war eher so, dass wir beide an Anonymous glaubten, nach dem Motto: Arbeiten wir zusammen und fangen wir von da an. [Topiary] gefiel auch die Aufmerksamkeit der Medien … Bei der Verbindung war natürlich naheliegend, dass ich das Hacken und er das Reden übernehmen würde.«
Sabu war der Art, wie sich Topiary mitunter öffentlich selbst darstellte, skeptisch begegnet, aber er bewunderte seine Fähigkeiten beim Reden und Diskutieren. Das erklärte die ungewöhnliche Art ihrer Zusammenarbeit. Obwohl als Persönlichkeiten fast Gegenpole, ergänzten sie sich in mancherlei Hinsicht. Sabu gefiel offenbar Topiarys Weltsicht vom unbeschriebenen Blatt, die seinen Angriffen auf das System größere Bedeutung geben konnte. Topiary selbst hatte keine Aversion gegen Computersicherheitsfirmen, aber nach genügend Gesprächen mit Sabu hasste er sie auch.
Anziehend fand Sabu auch Topiarys Bekanntheit in der Welt von AnonOps IRC. Sein Nickname hatte Ausstrahlung: Wenn er in einem Chatroom auftauchte, brachte er Gespräche zum Verstummen und erhielt Aufforderungen zu reden. An diesem Punkt blieb Topiary später hängen, wenn er darüber nachdachte, warum er letztendlich mit Sabu zusammengearbeitet hatte. Nicht dass ihn Sabu unbedingt benutzte, »aber es gab ganz sicher einen Grund, warum er mich um sich haben wollte«. Sabu sprach das offen aus: »Wenn du in einen Chatroom eintrittst, motiviert das die Leute«, erklärte er Topiary, der sich zwangsläufig geschmeichelt fühlte. Und Sabu sagte ihm auch immer wieder, dass er »sein vernünftiges Gehirn« sei. Diese Tautologie bezog sich darauf, dass er Sabu beruhigte, wenn er sich zu sehr in eine Sache hineinsteigerte oder sich aufregte. »Ich erklärte ihm einiges«, erinnerte sich Topiary
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