Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Titel: Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parmy Olson
Vom Netzwerk:
kleinen Insel« aneinander festgeklebt.
    Wenn sie nicht gerade anderes zu tun hatten, tauschten sich die beiden zuweilen mehrere Stunden am Tag miteinander aus – und lernten sich besser kennen. Topiary wagte nie, Sabu zu fragen, was er in der Vergangenheit so getrieben hatte, erfuhr es von dem älteren Hacker aber auch so. Er erzählte von einem Hackerangriff auf die Regierung von Puerto Rico, vom Cyberkrieg mit chinesischen Hackern, seinem Spaß am Defacen, vom Abtauchen in den Untergrund und von seinen Gründen, warum er im Dezember als Unterstützer zu Anonymous zurückgekehrt war. Die rastlose Begeisterung, die Sabu nach unvorstellbaren elf Jahren als Hacktivist immer noch antrieb, und seine langen Monologe, in denen er einer autoritären Gesellschaft eine strikte Absage erteilte, erfüllten Topiary regelrecht mit Ehrfurcht. Selbst nach einem langen ermüdenden Tag bei der Arbeit und in der Familie lebte Sabu sofort wieder auf, wenn das Gespräch auf Politik und Gesellschaft kam.
    Obwohl von der Technik und vom Hacken begeistert, schlug Sabus Herz wohl noch mehr für den gesellschaftlichen und politischen Wandel. Hector Monsegur hatte sich schon an realen Schlägereien beteiligt und sogar eine Haftstrafe abgesessen. Gegen Menschen, die ihre Machtposition ausnutzten, hegte er einen tiefsitzenden Groll und verachtete vor allem IT-Security-Unternehmen und korrupte Polizeibeamte. Bis ins Erwachsenenalter hatten ihn regelmäßig Polizisten angehalten und durchsucht, wobei er sich ähnlich fühlte wie an der High School, als ihm der Sicherheitschef den Schraubenzieher abgenommen hatte.
    In einem Interview gab Monsegur an, er sei 2011 von zwei Polizisten gestoppt worden – einem Afroamerikaner und einem Dominikaner –, als er durch einen wohlhabenden Teil der Stadt fuhr. Der eine trat an sein Wagenfenster und behauptete, er habe eine rote Ampel überfahren. Monsegur argwöhnte, dass er wohl eher deshalb angehalten worden sei, weil er nicht ins Viertel passte. Der Beamte verlangte Führerschein und Zulassung und fragte ihn, was er hier zu suchen habe. Monsegur zeigte ihm seine Papiere und wurde aufgefordert auszusteigen. »Was ist los?«, fragte er. »Treten Sie bitte ans Heck Ihres Wagens«, sagte der Beamte. Monsegur ging um den Wagen herum nach hinten. Dort legte ihm der zweite Beamte Handschellen an.
    »Was soll das?«, schrie Monsegur, als sie ihn in ihren Streifenwagen bugsierten. »Ich habe Familie. Warum legen Sie mir Handschellen an?« »Ihre Beschreibung passt auf jemanden, den wir suchen«, sagte der eine Polizist schließlich. »Okay, gut«, sagte Monsegur und versuchte, ruhig zu bleiben. »Geben Sie mir die Beschreibung.« Die Beamten zögerten zunächst und beschrieben den Gesuchten so, dass es eine gewisse Ähnlichkeit gab. Aber Körpergröße, Geburtsdatum, Haarfarbe und Hautfarbe stimmten nicht überein. Schließlich zeigten sie ihm ein Foto des Verdächtigen.
    Monsegur schaute sich das Bild an. »Na, hören Sie mal«, sagte er. »Schauen Sie mich doch mal an. Wir sind völlig verschieden. Er hat Tätowierungen auf dem Hals. Und ich habe kurze Haare.« Dann wandte er sich an den dominikanischen Polizisten und fragte auf Spanisch, warum sie ihn verhafteten. »Sie sehen ihm irgendwie ähnlich«, erwiderte der Cop auf Englisch. »Und wo sind die Tätowierungen?«, fragte Hector mit einem funkelnden Blick auf den Beamten. »Vielleicht haben Sie sie ja entfernen lassen.« Monsegur rollte die Augen und sank innerlich aufbrausend in den Sitz zurück. Er hatte tatsächlich Tätowierungen, aber nicht am Hals.
    Als sie losgefahren waren, hörte er, wie ein Beamter über Funk dem Revier Bescheid sagte. Sie würden einen »Jungen« vorbeibringen, auf den die Beschreibung des Gesuchten passe. Unter lautem Knacken fragte die geisterhafte Stimme vom Revier nach Einzelheiten und ob die Beschreibung eindeutig übereinstimme. Kaum erwähnte ein Beamter Monsegurs Größe und sein Geburtsdatum, fragte die Stimme, warum sie ihn aufs Revier schleppten. Die Beamten blickten sich an. »Lasst ihn sofort gehen«, tönte die Stimme aus dem Gerät. Sie zuckten die Achseln und fuhren zurück.
    Monsegur fiel ein Stein vom Herzen. Als sie neben seinem Wagen hielten, fiel ihm auf, dass die Lichter und das Radio nicht abgeschaltet worden waren. Die Batterie war leer. Er saß nachts um 22 Uhr auf der Straße fest.
    Das Erlebnis war ganz besonders ärgerlich, aber keineswegs einzigartig. Monsegur sagte, dass er auch als Fußgänger

Weitere Kostenlose Bücher