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Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Titel: Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parmy Olson
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öfter auf der Straße angehalten und gefilzt worden sei. Der Satz »Die Beschreibung passt auf Sie« klingelte ihm noch in den Ohren. Er war in den neunziger Jahren in der Lower East Side aufgewachsen und hatte Bürgermeister Giulianis Strategie miterlebt, nach der sich New Yorks Polizei auf die Stadtviertel mit hohen Raten an Drogendelikten konzentrieren sollte. Der Stadt flossen seit kurzem höhere Steuereinnahmen zu. Giuliani nutzte sie zur Einstellung von rund dreitausend weiteren Streifenbeamten, sodass die Zahl der städtischen Cops in New York auf ungefähr vierzigtausend anwuchs. Monsegur sah sie als größte Verbrechergang der Stadt an, als autoritär auftretende Schlägertypen, die Bürger wie ihn wie Vieh behandelten. Das musste sich ändern. Zu seiner Sehnsucht nach Anerkennung und Respekt als gewiefter Hacker gesellte sich der Wunsch, Menschen, die wie er in Sozialbauten aufgewachsen waren, über ihre Rechte aufzuklären.
    Monsegur stammte aus keiner politisch aktiven Familie, aber das Hacken hatte ihm eine Stimme gegeben. Es verschaffte ihm Aufmerksamkeit. Datenbanken zu knacken und Server außer Betrieb zu setzen waren Mittel, um den korrupten Mächten der modernen Welt Paroli zu bieten. Mit zunehmendem Alter sah er sein Umfeld zynischer und reagierte aufbrausender, wenn er selbst in die Kritik geriet. Es spricht für sich, dass er es am meisten hasste, wenn man ihn als Spitzel bezeichnete.
    Sein Zynismus erfuhr Ende 2010 allerdings für eine Zeit lang einen Dämpfer, als die Operation Payback anlief. Von deren Potenzial war er so begeistert, dass er die Bedeutung von Anonymous und später auch seine Bedeutung darin unwillkürlich übertrieben darstellte. »Wir geben Polizeibeamten in den Vereinigten Staaten die Macht, uns zu erschießen und davonzukommen. Anonymous kann dieser Bedrohung jetzt begegnen«, sagte er in einem Interview im April 2011. »Die Welt hat zugelassen, dass Diktaturen und Tyrannen jahrzehntelang nicht in Frage gestellt wurden. Aber jetzt können Organisationen wie Anonymous dazu die Fragen stellen.«
    Sabu war überzeugt, dass Anonymous’ größte Kraft im Fehlen einer Hierarchie bestand. Er verwies auf COINTELPRO, ein US-Programm zur Spionageabwehr in den sechziger und siebziger Jahren: Damals hatte das FBI in aller Stille Aktivisten und politische Vereinigungen unterwandert. Ähnlich wie später HBGary hatten die Beamten Taktiken zur Täuschung und Desinformation eingesetzt, um Organisationen von den Black Panthers über die puerto-ricanische FLN und den Ku-Klux-Klan bis hin zu den mexikanischen Drogenbanden zu schwächen, häufig von innen heraus. Dass viele untergegangen seien, so meinte Sabu, habe mit ihrer hierarchischen Struktur zu tun gehabt.
    Anonymous sei anders. Nach einer Verhaftung von Monsegur könnten zehn andere seinen Platz einnehmen. Indem Anonymous E-Mails weitergab oder Internetnutzer überall auf der Welt darin unterstützte, staatliche Filter zu umgehen, konnte Anonymous Leuten wie Julian Assange und seinem mutmaßlichen Zuträger Bradley Manning Rückhalt geben, sobald sie verhaftet wurden. Als er von Assanges Verhaftung erfuhr, suchte Monsegur als Sabu online nach Angriffsflächen in den Netzwerken von Einrichtungen, die mit der Festnahme zu tun gehabt hatten, von dem Gericht, das den Haftbefehl ausgestellt hatte, bis zu denen, die Assange am Ende in Untersuchungshaft sperrten. Sabu gab an, seine Recherchen hätten zu einer Fülle von Informationen für künftige Operationen geführt, auch wenn er sie bislang noch nicht öffentlich gemacht habe.
    »Das ist für den späteren Gebrauch«, sagte er in einem Interview. »Ich bin sicher, früher oder später bekommt ihr meine Ergebnisse zu sehen. Pikanter Stoff allerdings.« Eine Ankündigung wie die, Brisantes über Assanges Ankläger zu veröffentlichen, war für Sabus Auftritte typisch. Auf eine mögliche kommende große Operation oder eine Enthüllung hinzuweisen war ein zentrales Element seiner Strategie, bei anderen Anons wie Topiary und sogar bei bedeutenden Zeitungen bequem vom Computer aus auf sich aufmerksam zu machen. Als Sabu ließ er häufig Hinweise fallen wie: »Da passiert bald etwas ganz Großes. Ich bin da auf etwas gestoßen. Das interessiert euch bestimmt.« Bei den Einzelheiten hielt er sich mehrere Wochen bedeckt und erklärte manchmal auch nie, was er gemeint hatte.
    Sabu wusste, dass Anonymous vielen als eine Gruppe fieser Trolle galt. »Und ich bin sicher: Viele wollen auch, dass das

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