Rolf Torring 109 - Der schwarze Schrecken
1.Kapitel
Ein weißer Kopfjäger
„Ich will Ihnen die Vorgeschichte erzählen," sagte Rolf zu unserem Kapitän Hoffmann, „damit Sie im Bilde sind, worum es geht. Es könnten Ereignisse eintreten, die wir vorher nicht berechnet haben. Da ist es besser, wenn Sie von allem unterrichtet sind."
Wir befanden uns auf der Fahrt durch die Java-See und wollten nach Pasir, um dort das Geheimnis um den Plantagenbesitzer John Ryptra aufzuklären. Kapitän Hoffmann war später zu uns gestoßen und hatte Ryptra, den wir als Einsiedler fanden, nicht kennen gelernt.
Rolf begann seine Erzählung:
„Vor einiger Zeit trafen wir im Gebirge zwischen Padang und Padang-Padjang einen in einer festen Blockhütte mit einem Diener lebenden Menschen an, einen geborenen Engländer. Er schilderte uns sein Mißgeschick, und wir versprachen ihm, falls wir in die Nähe von Pasir kommen sollten, Nachforschungen in seiner Sache, die immerhin gut fünf Jahre zurückliegt, anzustellen. Der einsam lebende Mann nannte sich John Ryptra, betonte aber gleich, daß das nicht sein richtiger Name sei. Er hieß John Wellert.
An der Südostküste von Borneo, in der Höhe von Pasir, hatte er eine kleine Plantage besessen, die er im Laufe der Jahre immer mehr vergrößert hatte. Schließlich beschäftigte er über hundert Arbeiter, die den in der Nähe lebenden Stämmen angehörten. Sein Freund, Hauptmann Larren in Batavia, den Sie ja mit uns kennen gelernt haben, hatte ihm die Plantage verkauft, da er sie nicht selbst verwalten konnte.
Ich muß mich ganz kurz fassen, Kapitän. Es kommt hier auch nur auf das Wesentliche, auf das Gerüst sozusagen, an.
Wellert erhielt eines Tages auf seiner Plantage den Besuch von fünf jungen Damen, die mit einer Luxusjacht eine Seereise machten, alles Töchter reicher Plantagenbesitzer, die bei Wellert eine herrliche Zeit verlebten.
Eines Tages verschwand eines der jungen Mädchen spurlos. Auch die nach Pasir gerufene Polizei konnte sie nicht finden. Wellert wurden damals schon schwere Vorwürfe gemacht, weil er sich angeblich zu wenig um die Sicherheit seiner Gäste gekümmert habe. Dann verschwand eine zweite junge Dame, die später in der Nähe der Plantage im Walde ohne Kopf gefunden wurde.
Bei den fünf jungen Mädchen befand sich auch jene Ellen Londre, die wir in Batavia fanden (siehe Band 105: „Eine seltsame Nachricht"). Sie erzählte der Polizei, daß sie Wellert am Abend, ehe die zweite junge Dame verschwand, mit ihr gesehen habe; er sei mit ihr im Walde verschwunden, und zwar in der Richtung, in der später das Mädchen gefunden wurde.
Wellert bestritt Ellen Londres Behauptung, aber die Polizei fand bei einer Hausdurchsuchung in Wellerts Schlafraum ein blutbeflecktes Hemd in einer alten Truhe, das Wellert am Tage getragen hatte, in dessen folgender Nacht das junge Mädchen verschwand. Außerdem fand die Polizei das anscheinend bei der Tat benutzte Messer.
Die Funde genügten dem Gericht, Wellert für schuldig zu halten. Er wurde zum Tode verurteilt. Erst in der Nacht vor dem Morgen, an dem Wellert hingerichtet werden sollte, gelang es seinem treuen Diener Guigo, ihn zu befreien. Beide flüchteten nach Sumatra, wo sie sich in den Bergen ein einfaches, aber stabiles Holzhaus errichteten. Von dort aus stellten sie Nachforschungen nach dem Mörder an. Aber es wollte Wellert-Ryptra nicht gelingen, seine Unschuld zu beweisen.
Nach mehr als fünf Jahren — so lange liegen, wie ich schon sagte, die Ereignisse zurück — wird es für uns schwer sein, noch etwas aufzuklären, aber wir wollen es immerhin versuchen. Hans und ich halten Wellert für unschuldig. Genau so denkt sein Freund, der ehemalige Hauptmann Larren in Batavia. Er hat mir ein paar Winke gegeben, die vielleicht von Wichtigkeit sein können. Wellerts Plantage, die der Staat eingezogen hatte, hat Larren zurückerworben und verwaltet sie für seinen Freund, bis sich eines Tages seine Unschuld herausgestellt hat und Wellert rehabilitiert werden kann.
Wellert gab uns einen Brief an den Verwalter seiner Plantage mit, der stets zu ihm gehalten hat. Der Mann heißt Kattros. Hauptmann Larren erzählte mir, daß Wellert in der Gegend von Pasir damals den Schimpfnamen 'Der weiße Kopfjäger' erhielt."
Kapitän Hoffmann hatte aufmerksam zugehört und fragte, als Rolf schwieg:
„Kann nicht Wellert doch schuldig sein?"
„Das glaube ich nicht,
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