Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)
»vergewaltigen« war eine häufige Umschreibung dafür, sich gewaltsam Zugang zu seinem Netzwerk zu verschaffen. Tflow richtete einen neuen Chatroom namens #ophbgary im Anonymous-Chatnetzwerk ein und lud Topiary ein.
»Hört mal«, meldete sich ein Hacker namens AVunit. »Ist das alles echt? Klingt nämlich richtig toll.« In seinem Chat mit Topiary versuchte Barr derweil, hilfsbereit zu klingen. »Ich brauche nur ein paar Stunden bis in die Stadt ... hängt vom Verkehr ab, lol.« Topiary wollte ihm noch etwas mehr Angst einjagen: »Unser Ziel ist ein Sicherheitsdienstleister«, schrieb er. Barr wurde flau im Magen. Das hieß also, dass Anonymous es wirklich auf HBGary Federal abgesehen hatte. Er öffnete sein E-Mail-Programm und schrieb eine hastige Mail an andere HBGary-Manager, unter anderem an Hoglund und Penny Leavy.
»Jetzt werden wir direkt bedroht«, schrieb er. »Ich werde das morgen mit dem FBI besprechen.« Sabu und die anderen sahen ruhig zu, wie er die E-Mail abschickte. Er klickte sich in den Chat mit Topiary zurück. »O. K., lass mich wissen, was ich tun kann«, schrieb er. »Hängt davon ab«, antwortete Topiary. »Was kannst du denn alles? Wir brauchen Hilfe, um an Info über Ligatt.com zu kommen.« Barr atmete tief durch. Er war erleichtert. Ligatt war eine Sicherheitsfirma, die ähnlich wie HBGary arbeitete; es sah also so aus, als ob seine Firma (zumindest vorläufig) noch verschont bleiben würde. »Ahhhh, O. K.; ich schau mal, was ich finde«, schrieb Barr fast dankbar zurück. »Habe sie mir schon eine Weile nicht mehr angesehen. Sucht ihr was Bestimmtes?« Er schien zu allem bereit, um HBGary aus der Schusslinie zu halten, auch wenn er nur zum Schein mitspielte. Keine Antwort. Er tippte: »Ich wusste gar nicht, dass die in D. C. sitzen.« Eine Minute später fügte er hinzu: »Mann, ich weiß gar nicht mehr, warum die vor einer Weile so beliebt waren. Es gab auch ziemlich viel Ärger wegen ihnen, oder?« Nichts. »Bist du noch dran?«
Topiary hatte zu tun. Er saß mit den anderen an der Planung der Attacke. Es war nicht mehr viel Zeit, und er musste noch die offizielle Anonymous-Botschaft schreiben, durch die sie die Homepage von HBGaryFederal.com ersetzen würden. Erst eine Dreiviertelstunde später meldete er sich wieder: »Sorry wegen der Unterbrechung – bleib dran!« »O. K.«, schrieb Barr zurück.
Einige Stunden später, gegen Mittag und etwa sechs Stunden vor dem Super-Bowl-Anstoß, saß Barr dann in seinem Wohnzimmer und starrte entsetzt auf das Display seines Telefons, nachdem er begriffen hatte, dass er gerade aus seinem E-Mail-Account ausgesperrt worden war.
Er rief Greg Hoglund Penny Leavy an, um sie zu informieren, was gerade passierte. Dann rief er seine IT-Administratoren an. Die wollten sich mit Google in Verbindung setzen und versuchen, die Kontrolle über die Webseite von HBGary Federal zurückzugewinnen. Wegen der gestohlenen E-Mails könne man aber nichts mehr machen. Um Viertel vor drei Uhr kam eine weitere Nachricht von Topiary: »Also, heute Abend passiert noch was. Hast du schon was vor?« Es waren nur noch wenige Stunden, und er wollte sichergehen, dass Barr auch wirklich von Anfang bis Ende mitbekam, wie seine Karriere zerstört wurde.
Als es an der Ostküste der USA langsam Abend wurde, machten sich die Anons in allen möglichen Zeitzonen rund um die Welt zum Zuschlagen bereit. Das Stadion der Cowboys in Arlington, Texas füllte sich mit Zuschauern. Die Black Eyed Peas spielten einige Songs, Christina Aguilera verhunzte den Text der Nationalhymne, dann endlich der Münzwurf, einer der Green Bay Packers kickte die Schweinsblase mit der Ferse übers Feld, und das Spiel lief.
Auf der anderen Seite des Atlantiks sah Topiary auf seinem Laptop zu, wie der Football über den Himmel zog. Er saß in seinem schwarzen Ledersessel, den er zum Spielen benutzte, riesige Kopfhörer übergestülpt. Er öffnete ein neues Fenster und loggte sich in Barrs Twitter-Account ein. Vor sechs Stunden hatte er Barr mit dem Passwort kibafo33 ausgesperrt. Jetzt, pünktlich zum Anstoß, begann er zu posten. Er fühlte keine Hemmungen gegenüber diesem Mann, er wollte es ihm richtig heimzahlen. »O. K., meine teuren Anonymous-Mitschwuchteln«, schrieb er von Barrs Twitter-Account aus, »wir arbeiten gerade daran, euch die besten Lulz überhaupt zu bringen. Bleibt dran!« Dann: »Hallo, ihr Arschlöcher, ich bin der CEO einer beschissenen kleinen Firma und krieche den Medien so tief in
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