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Inside WikiLeaks

Titel: Inside WikiLeaks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Domscheit-Berg
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Anke wohl auch gefiele. Seltsam. Ich schüttelte über mich selbst den Kopf. Wo war die ganze schlechte Laune hin? Ich kuschelte mich in mein Kissen und schlief ein. Ich glaube, ich lächelte im Schlaf.
    Ich traf mich von da an fast jeden Tag mit Anke und erholte mich sehr schnell von dem Lagerkoller in Reykjavik.
    Ich war ziemlich guter Laune, als ich mich das erste Mal nach vier Tagen wieder bei Julian meldete. Ich erzählte ihm sofort von diesem Glücksfund namens Anke. Seine erste Reaktion war: »Besorge dir Schmutz über sie.« Den würde ich später gebrauchen können, wenn es mit uns nicht mehr so gut liefe. Dann hätte ich was gegen sie in der Hand. Ich war fassungslos. Aber Anke lachte nur, als ich ihr den Chatausschnitt zeigte.
    »Hey, tut mir leid, dass es so schwierig war mit mir die letzten Tage«, schrieb ich zurück. Ich habe nie Probleme damit, mich zu entschuldigen. Diesmal fiel es mir sogar besonders leicht. Zurück in Berlin konnte ich auf einmal sehen, dass ich in Island tatsächlich ein wenig aus der Spur gerutscht war.
    Wenn ich mich jetzt daran erinnere, wie ich da im Flur des Fosshotels stand, nervös mit den Füßen tippte und innerlich fast explodierte, nur weil Julian uns mal wieder fünf Minuten warten ließ – jetzt, hier in Berlin, kam mir dieser isländische Daniel wie ein schlechter Zwilling von mir vor. Wie ein unausstehliches Nervenbündel. Diese Erkenntnis war ja im Grunde beruhigend. Viel schlimmer wäre es gewesen, wenn Julians Vorwürfe alle falsch gewesen wären.
    Ich wollte unbedingt, dass alles wieder gut würde. Damals dachte ich nicht, dass Julians Urteil über mich für immer gültig sein sollte. Ich kann sehr hartnäckig sein. Wenn ich Menschen einmal ins Herz geschlossen habe, dann lasse ich mich nicht so schnell verschrecken.
    »Wir können das jetzt nicht klären«, antwortete er.
    »Später?«
    »Vielleicht.«
    Die sicherste Methode, Julian wütend zu machen, war die, dass in einem Artikel über WikiLeaks stand, »Daniel Schmitt« sei ein Gründer. Founder – er hatte große Angst, dass ich ihm diesen Titel streitig machen wollte. Seit WL abhob und es Geld, Ruhm und Prominenz gab, war es für ihn, der all das aufgebaut, erdacht und verteidigt hatte, anscheinend unzumutbar, diese Aufmerksamkeit mit einem dahergelaufenen Strolch aus Wiesbaden teilen zu müssen.
    Ich kannte das Gefühl, dass meine Leistung und meine Ideen nicht anerkannt wurden, selbst gut genug. Ich versuchte auch, Julians Sorgen zu verstehen. Aber sobald ich länger darüber nachdachte, gelang es mir auch schon nicht mehr.
    Tatsächlich war ich bereits darauf gepolt, in jedem Gespräch mit Journalisten von alleine darauf zu sprechen zu kommen, dass ich einer der frühen Mitstreiter, aber kein Gründer war. Selbst wenn mich gar keiner danach gefragt hatte. Manchmal schon bevor man mir einen Stuhl angeboten hatte. Ich frage heute noch, Monate später, bei Journalisten nach, ob ich ihnen gegenüber jemals behauptet hätte, ein Gründer von WL gewesen zu sein. Ich habe immer gesagt »got in early and stuck around« – ich sei früh dazugekommen und dabeigeblieben.
    Als ich Julian von Anke erzählte, fragte er mich gleich, ob das nicht die wäre, die den » WL -Founder« getroffen hätte. Die Vorstellung, dass ich mich vor einer Frau mit seinem WL gebrüstet hatte, muss ihn fast um den Schlaf gebracht haben. Vermutlich sah er mich großsprecherisch am Imbiss stehen, umringt von zehn Supermodels, wie ich eine WL -Angeber-Story nach der anderen zum Besten gab, und im Anschluss lagen mir die Frauen zu Füßen.
    Ich glaube jedenfalls, niemand machte sich über den Begriff »Founder« so viele Gedanken wie der Founder selbst. Den meisten Journalisten war das völlig schnuppe. Ich hätte denen auch sagen können, dass ich der »Vize-Pressesprecher für besondere Fragen, Region Deutschland und Mitteleuropa« sei – die mussten ja irgendwas in ihren Artikel schreiben.
    Julian erzählte sogar, meine Bekannten im Club würden schlecht über mich reden. Das ging so weit, dass ich daraufhin einige von ihnen nicht zu meiner Hochzeit einlud. Angeblich würden sie ihm raten, mich loszuwerden, weil ich in Deutschland so schlechte Pressearbeit mache, sagte er mir. Und dass ich Leute davon abhielte, sich bei WL zu engagieren, weil sie sich nicht mit mir und meiner anarchistischen Weltsicht identifizierten. Ich reagierte ziemlich empfindlich auf diese Lästereien.
    Julian warf mir vor, meine größte Sorge sei, mir

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