Inside WikiLeaks
man, i am tired of doing damage control for you there
D: so take a pick
J: Go away and think about your actions and statements. I know of many you do not think I do. I will not tolerate disloyalty in crisis.
D: i think you misunderstand the situation here j
D: quite frankly
D: but as i said, i will not cover for you anymore or do any further damage control
D: good luck with your attitude
D: i for myself have nothing i need to be ashamed for
J: So be it. 15
Wie hätte ich ihm klarmachen sollen, dass es mir um das Projekt ging? Er warf uns vor, dass wir auf eine Schmierenkampagne hereingefallen waren und ihm jetzt in den Rücken fielen.
Er hatte mir von den beiden Frauen erzählt. Er hat abgestritten, ohne Kondom mit ihnen geschlafen zu haben, wobei die Details an diesem Punkt recht vage blieben. Ich will und kann nicht über die Gefühle der Frauen urteilen und nicht über Julians Verhalten ihnen gegenüber. Was ihm hier zum Verhängnis wurde, schien vor allem, dass ein Chauvi wie er an zwei emanzipierte Frauen geraten war – und das in einem Land, das bei sexueller Gewalt strengere juristische Maßstäbe anlegt als die meisten anderen Nationen. Julian war nicht zuletzt durch seinen Popstar-Status in etwas hineingeraten, was er nicht mehr kontrollieren konnte.
Schließlich tauchte die Frage auf, wer für seine Anwaltskosten aufkommen sollte. Er konnte das nicht ohne Weiteres von den Spendengeldern abzweigen, es ging bei den Vorwürfen um ihn als Privatmann. Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn Julian an die Stiftung oder an wen auch immer eine Rechnung für seine Arbeit des vergangenen Jahres geschrieben hätte, dann hätte er genug Geld für seinen Anwalt gehabt. Ich habe mehrmals im Chat versucht, ihm das vorzuschlagen. Aber Julian ging nicht darauf ein.
Meine Suspendierung
Wir flogen am Tag nach dem ersten Haftbefehl gegen Julian in Schweden nach Berlin zurück, und ich verschanzte mich in unserer Wohnung. Da saß ich etliche Stunden, meistens im Wohnzimmer, an dem großen Tisch mit Blick auf eine Baustelle vor dem Fenster, den Rechner vor mir aufgeklappt, auf den Chat starrend oder selbst etwas hineintippend. Ich ging fast gar nicht mehr in den Club, obwohl ich sonst so gut wie jeden Tag zum Arbeiten dort war. Mir war anzusehen, dass mich etwas bedrückte, und ich wollte nicht, dass jemand nachfragte.
Anke war hilflos. Sie hätte sicher am liebsten schon viel früher gesagt: »Lass es sein, das macht dich kaputt.« Aber sie wusste auch, wie sehr mein Herz an WL hing und dass ich vermutlich nicht gut auf einen solchen Rat reagiert hätte – gerade weil ich selbst wusste, dass sie recht hatte.
Ich merkte aber auch, dass ich insgeheim langsam auf Abstand ging zu WL . Ich muss gestehen, dass die persönlichen Konflikte zwischen Julian und mir womöglich ein wichtiger Auslöser dafür gewesen sind, vielleicht sogar der wichtigste. Aber es gab auch viele inhaltliche Punkte, die mir schon länger Sorge bereitet hatten, und die wurden in diesen Tagen sehr akut.
Natürlich hatte ich schon länger ein Problem damit, dass ich die Öffentlichkeit darüber belogen hatte, wie WL tatsächlich aufgestellt war. Dass wir lange nur aus zwei Vollzeit-Leuten und einem Server bestanden hatten. Auch unser mangelhaftes Back-up-System machte mir zu schaffen. Schließlich war ich es, der dafür verantwortlich war, aber das System funktionierte nicht anständig. Ich war in den vergangenen Jahren oft mitten in der Nacht aufgewacht, weil ich panisch an die Sicherheitskopien denken musste, die möglicherweise schon wieder nicht geklappt hatten. Ich stand dann sofort auf und machte ein neues Back-up, mehr Adrenalin als Blut in den Adern.
Eine Antwort, die mir auch beim hundertsten Interview noch schwer über die Lippen kam, war die nach unserer vermeintlichen Echtheitsprüfung. Bis Ende 2009 wurden die eingereichten Dokumente fast ausschließlich von Julian und mir geprüft. Genau genommen war die Aussage, dass wir auf rund achthundert freiwillige Experten zurückgreifen konnten, keine Lüge. Wir verschwiegen dabei allerdings das winzige Detail, dass es keinen Mechanismus gab, sie tatsächlich einzubinden. Keiner von ihnen hätte jemals Zugriff bekommen können auf das Material. Stattdessen prüften meist Julian und ich, ob die Dokumente technisch manipuliert worden waren und ob sie uns plausibel erschienen, und recherchierten ein wenig. Und vertrauten dann darauf, dass es schon glattgehen würde. Wir waren offensichtlich
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