Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende
entfallen. Ich habe Suhami eine gemacht, als Geburtstagsgeschenk. Weil ihr meine so sehr gefallen hat.«
»Und Sie haben denselben Stoff verwendet?«
»Nicht genau denselben. Aber von der gleichen Bahn. Ich hatte noch etwas übrig, müssen Sie wissen.«
»Ich nehme nicht an«, es kostete Barnaby einige Mühe, nicht laut zu werden, »daß einem von Ihnen aufgefallen ist, ob sie sie mit in den Solar gebracht hat?«
»Doch, das hat sie«, meinte Arno. »Hat sie neben ihre Füße gelegt.«
»Auf das Podest?«
»Ja.«
»Aaahhh.«
»Sie wollte sie nicht weglegen«, erklärte May. »Mochte sie so gern. Ist Ihnen das eine Hilfe, Inspector?« Barnaby bestätigte dies nachdrücklich. »Sie haben einen Frosch im Hals«, bemerkte May gutmütig. Die polierten Griffe der Tasche gingen auseinander. »Darf ich Ihnen ein Salbeihustenbonbon anbieten?«
Es war vier Uhr nachmittags. Barnaby wartete darauf, daß Troy von Manor House zurückkehrte, wo er Sylvia Gamelin verhörte. Der Inspector stand vor seiner Vergrößerung und sah sie vor seinem geistigen Auge rechts von Craigies Stuhl stehen, die Tasche zu ihren Füßen, das Messer darin versteckt.
Wußte sie, daß es drin war, oder nicht? May hatte ausgesagt, Suhami habe ihr Geschenk nicht weglegen wollen, aber diese Form von Übertreibung war beileibe keine Seltenheit. Sätze wie »Wenn ich noch einen Bissen zu mir nehme, platze ich« oder »Wir sind ja so von Ihnen angetan« durften nicht wortwörtlich genommen werden. Zweifellos hatte Suhami ihre Tasche tagsüber irgendwann einmal - oder sogar öfter - weggelegt oder sie zumindest aus den Augen gelassen.
Auf der anderen Seite, wenn sie nicht gewußt hatte, daß das Messer darin war... Das Mädchen hatte genau an der richtigen Stelle gestanden, um mit dem Messer zuzustoßen. Nur ein einziger Schritt nach vorn, eine Drehung, und schon stand sie dem Opfer direkt gegenüber. Was, wenn alle anderen weggegangen waren und den altersschwachen Mann mit einer kräftigen jungen Frau allein zurückgelassen hatten? Ja, was dann? Hatte sie überhaupt ein Motiv?
Barnaby schlenderte zu seinem Schreibtisch zurück, blätterte die Unterlagen und Fotos durch und fischte ihre Aussage heraus. Im Grunde genommen kannte er sie auswendig, wie alle anderen auch. Er erinnerte sich an ihr zorniges Geschrei, ihre aufgebrachten, gegen den Vater gerichteten Beschuldigungen. Barnaby war kein Mann, der sich leicht irreführen ließ - schon gar nicht von Tränen -, doch die Echtheit ihres Gefühlsausbruchs zweifelte er nicht an.
Er las weiter. Wie alle anderen war sie schnell bereit gewesen zu erwähnen, daß der Sterbende auf Gamelin gedeutet hatte. Des weiteren hatte ihr viel daran gelegen herauszustellen, daß ihr Vater die Gelegenheit gehabt hatte, Messer und Handschuh an sich zu nehmen. Aber wer hatte ihn allein in der Küche gelassen? Und falls er das Messer genommen und es versteckt hatte, warum hätte er dann das Risiko eingehen und es später in ihre Tasche schieben sollen? Er hätte sich nicht sicher sein können, daß sie sie zur Rückführung mitnehmen würde.
Sollten sie es hier mit zwei Morden zu tun haben - was er für wahrscheinlicher hielt -, wo war die Verbindung zwischen dem Tod von Craigie und dem von Jim Carter? Suhami lebte zwar lange genug auf Manor House, um an der ersten Ermordung beteiligt gewesen zu sein, und sie war vom physischen Standpunkt aus betrachtet auch in der Lage, jemanden eine Treppe hinunterzustoßen, doch selbst wenn sie kein hieb- und stichfestes Alibi hatte, gab es für sein Dafürhalten kein eindeutiges Motiv.
Troy kam ins Büro und plapperte sofort drauflos. »Habe ein Stück Stoff aus ihrer Tasche. Hab’s gleich ins Labor gebracht. Ich sagte, es sei sehr dringend. Sie meinten, morgen früh erfahren wir mehr.«
»Das habe ich schon mal gehört.«
Troy knöpfte sein Jackett auf, hängte es sorgfältig auf einen Bügel und zog sein Notizbuch und eine Kopie von Suhamis erster Aussage hervor.
»Bestätigt alles, was die anderen beiden gesagt haben. Hat die Tasche zum Geburtstag geschenkt bekommen. Hat sie die ganze Zeit über dabeigehabt, hat sie nicht mal auf ihr Zimmer gebracht, sondern mit in die Küche genommen, hat sie aber einmal auf dem Eßtisch und einmal auf dem Tisch in der Halle abgelegt.«
»Haben Sie sie gefragt, was sie in der Tasche gehabt hat?«
»Ja. Wollte das Gefühl haben...«, Troy warf einen Blick auf
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