Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende
würde. Dennoch war sie nicht unglücklich und verspürte manchmal so etwas wie Zufriedenheit.
Zwischen ihr und Felicity bahnte sich zögernd so etwas wie eine Freundschaft an. Hin und wieder plauderten sie miteinander, manchmal recht lange über philosophische Fragen, die Felicity verwirrten und auf die Janet keine Antworten hatte« Im Frühling besuchten sie gemeinsam eine Theatervorstellung im Park, und ein paar Wochen später schlug Janet ein Konzert in der Festival Hall vor. Sie wählte eine Vorstellung aus, die für ihren persönlichen Geschmack im Grunde genommen zu leichtfüßig war, aber Felicity kannte sich mit klassischer Musik nicht aus, und Janet wollte verhindern, sie vor den Kopf zu stoßen. Insofern freute sie sich um so mehr, daß Felicity eine Vorliebe für Palestrina zum Ausdruck brachte, nachdem sie sich verschiedene Kassetten und CDs ausgeborgt hatte. Einmal aßen sie zusammen zu Abend, saßen hinterher auf Janets Eisenbalkon, genossen die Abenddämmerung und hörten sich Missa Brevis an.
Felicitys Äußeres hatte sich stark verändert. Sie war etwas fülliger geworden. Ihr Haar, nun sich selbst überlassen, hatte die Farbe von Zinn angenommen und wurde zu einem schlichten Zopf zusammengefaßt. Ihre seelische Transformation war zwar beständig, ging aber zögernd vonstatten und gab manchmal Anlaß zur Besorgnis. Wann immer Felicity jedoch zu taumeln drohte, was eigentlich immer der Fall war, fing die gute May sie auf.
Die beiden Frauen teilten sich ein Haus zwei Türen weiter die Straße hinunter, das mit dem erzielten Erlös aus dem Verkauf von Manor House angeschafft worden war. Die Veräußerung des Anwesens hatte mehr als eine Million Pfund eingebracht, von denen vierhunderttausend sicher und ethisch vertretbar investiert worden waren. Die Zinsen gewährleisteten tägliche Ausgaben, mäßige Gehälter, weitere Projekte und die finanzielle Unterstützung Bedürftiger. Alle vier Mitglieder der Organisation hatten sich darauf geeinigt, daß bei bestimmten Gelegenheiten praktische Hilfe sinnvoller war als alles andere. Es kam durchaus vor, daß ihre Freundlichkeit ausgenutzt wurde, was allerdings keinen Einfluß auf ihre Großzügigkeit und ihren guten Willen hatte und vor allem in keinem Verhältnis zu den jüngst gemachten Erfahrungen stand.
Arno bewohnte eine Gartenwohnung in dem anderen Haus und hatte sich eine elegante Katze mit Schildpattzeichnung zugelegt. Zu seiner Überraschung und Erleichterung hatte das Geständnis seiner unsterblichen Liebe nicht zu einer Verbannung aus Mays Nähe geführt. Als er ernsthaft und unterwürfig gelobte, sich zurückzuhalten und sie nie wieder mit seinen Gefühlen zu belästigen, schalt sie ihn nur sanft. Zuerst legte er ihre Reaktion als Mitleid aus, zumal er immer noch Schmerzen litt, seit die Spitze ihres geliebten Cellos durch seinen Fuß gestoßen war. Doch im Verlauf späterer Unterhaltungen kam heraus, daß sie ihm seit längerem zugetan war.
Ungefähr ein Jahr später, an dem Tag, an dem diese Geschichte endet, versammelten sich vier Leute im Standesamt von Chelsea. Felicity in einem bodenlangen, regenbogenfarbenen Kleid, Janet in hellvioletter Seide mit einem Strauß Teerosen in der Hand. Arno trug seinen besten Anzug, der frisch gebügelt worden war und nun glänzte. In der Armbeuge der strahlenden Braut lag ein riesiges Blumenbouquet in allen Blauschattierungen.
Eine schimmernde Gestalt aus weißem Satin und Spitze, das Haupt gekrönt von einem Kranz aus Orangenblüten und einem gebauschten Schleier, schwebte über den Läufer, um an Arnos Seite stehenzubleiben, der sein Kinn mit dem frisch mit Henna gefärbten Bart triumphierend neigte.
Fünf Minuten später war alles vorbei. Jeder küßte jeden, und ein über alle Maßen glücklicher Bräutigam führte seine ihm rechtmäßig angetraute Gattin nach draußen. May Cuttle (Sternenname »Pacifica«) war von nun an und für immer May Gibbs. Und Arnos Walkürenkönigin.
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