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Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende

Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende

Titel: Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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erhob, als man ihm die Position des Gärtners übertrug, und dem Berufungskomitee versicherte, er verfüge über keinerlei Talent in dieser Richtung. Doch genau dies - wurde ihm geduldig erklärt - war der Grund für seine Ernennung. Seine eigenen Wünsche standen weder an zweiter noch an letzter Stelle, sondern wurden erst gar nicht in Betracht gezogen. Kein Hätscheln des Egos (dieses gemeine, hinterhältige Biest). Keine Wahl, nichts. In Würde zu wachsen war gleichbedeutend mit dem Zurückstellen eigener Interessen, und da gab es keinen leichten Weg, keine Abkürzung. Seufzend zupfte Arno das Kreuzkraut aus.
      Nach einer Weile schwand sein Mißmut, zumal über die Wiesen, den Teich und den von Rhododendren gesäumten Weg eine einschmeichelnde Tonfolge schallte. Arno legte die Schaufel weg und widmete seine ungeteilte Aufmerksamkeit der Musik, die die Königin seines Herzens spielte. Am meisten befürchtete Arno, infolge der Ausmerzung seines Egos auch noch seine Liebe zu May zu verlieren und seines zukünftigen Glücks beraubt zu werden.
      Wesentlich später hatte er sich eingestehen müssen, daß er seine tiefe Leidenschaft niemals offenbaren würde. Dies war nicht immer so gewesen. Nach seinem Eintritt in die Kommune war er gewillt gewesen, sein durch und durch gewöhnliches Anliegen zu bekunden, ohne damals Mays gütigen Charakter und ihre bemerkenswerten musikalischen Fähigkeiten in vollem Umfang erkannt zu haben. In jenen Tagen war es ihm nur darum gegangen, ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Seine wiederholten Annäherungsversuche waren allerdings so vorsichtig gewesen, daß niemand - und May schon gar nicht - sie bemerkt hatte. Und das, obgleich sie über die Gabe der Vorsehung verfügte.
      Ziemlich schnell begriff er, daß er mit seinen Ambitionen weit übers Ziel hinausgeschossen und seine Angebetete eines jener bemerkenswerten Geschöpfe war, deren Aufgabe es nicht war, einem einzelnen Menschen, sondern der gesamten Menschheit Trost zu spenden. Beinah zufrieden zog Arno sich zurück und beschloß, ihr ein Leben lang zu Diensten zu stehen.
      Im Grunde genommen war es eher dem Zufall zuzuschreiben, daß er sie überhaupt kennengelernt hatte, wie auch seine Ankunft in Golden Windhorse mehr oder minder dem Zufall zu verdanken war. Er war mutterseelenallein auf dieser Welt. Seine Mutter, mit der er zusammenlebte, seit sein Vater vor gut dreißig Jahren abgehauen war, war vor kurzem gestorben. Unverdienterweise war sie langsam und unter Schmerzen gestorben. Sie war eines der sanftmütigsten Wesen gewesen, das er je gekannt hatte. Verbittert, verzweifelt und einsam blieb er zurück. Nach der Beerdigung hatte er sich wie ein verwundetes Tier in das kleine Reihenhaus in Eltham zurückgezogen. Er aß gerade so viel, daß er nicht verhungerte, wusch sich gerade noch so oft, daß er einigermaßen zivilisiert aussah, wenn er mal einkaufen ging. Mit Ausnahme des Verkäufers sah er wochenlang keine Menschenseele, zumal er seine Stelle bei der Water Board Authority aufgegeben hatte, um seine Mutter gegen Ende ihrer Krankheit zu pflegen.
      Einen Großteil seiner Tage verbrachte er zusammengerollt auf dem Bett, mit tränennassen Wangen, ein Bündel aus dunklem, alles verzehrendem Schmerz. Salzwasser lief ihm in die Ohren, seine Nase war verstopft, seine Kehle heiser. Die Freunde seiner Mutter - und sie hatte nicht wenige gehabt - pflegten ans Fenster zu klopfen und ihn zum Essen einzuladen, wenn sie ihm mal auf der Straße begegneten. Manchmal fand er kleine Kartons mit Dosensuppen und Milchpulver auf seiner Türschwelle. Wochen verstrichen, in denen er nur selten aufstand. Die Jalousien waren permanent heruntergelassen. Tage gingen in Nächte über. Allein ein schmaler Streifen Licht über dem Fensterbrett kündete vom Lauf der Zeit. Irgendwann briet er ein paar Speckstreifen - wie er annahm - zum Frühstück, nur um festzustellen, daß es drei Uhr früh war.
      Dann, eines Nachmittags, begann er wieder zu lesen. Er machte sich Kaffee, und anstatt wie gewöhnlich ins Bett zurückzukehren, setzte er sich an den Küchentisch, öffnete eine Schachtel Kekse, die ihm ein Unbekannter geschenkt hatte, und schlug Little Dorrit auf. Er und seine Mutter hatten viktorianische Romanciers geliebt, doch sie hatte Trollope den Vorzug gegeben.
      Später an jenem Tag, nach dem Einkauf, hatte er ein Antiquariat besucht und eine Zeitlang in der Philosophieabteilung herumgestöbert. Rückblickend gesehen meinte er, auf

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