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Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende

Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende

Titel: Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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ihn vor sechs Monaten.«
      Er brach ab, legte kurz die Hände über die Augen und fuhr dann fort: »Ich habe den Meister nach Uxbrigde gefahren. Ins Krankenhaus. Dorthin ging er jeden Donnerstag. Wir hatten verabredet, uns hinterher am Wagen zu treffen. Ganz in der Nähe gibt es eine öffentliche Toilette, die ich aufsuchen mußte. Auf dem Weg die Treppe hinunter kamen mir drei Männer entgegen. Große, kräftige Männer. Einer hatte rot und blau tätowierte Arme. Sie lachten - laut und herzlos. Häßlich, nicht aus Spaß. Ich benutzte das Urinal, wähnte mich allein. Auf einmal hörte ich leises Jammern, das aus einem der Abteile kam. Er war da drinnen - Tim. Seine Hosen waren bis zu den Knien runtergezogen, und er blutete aus dem After. Sie hatten ihn... genommen.« Arnos Stimme war kaum mehr ein Flüstern. Barnaby neigte sich vor, um sein Gegenüber zu verstehen. »Da war auch... nun... etwas Geld... eine Fünfpfundnote. Ich meine, sie klemmte zwischen den Pobacken... Es war grausam.«
      Arno war nicht in der Lage weiterzusprechen. Er zog ein Taschentuch heraus, drehte sich weg und tupfte seine Augen ab. Barnaby, der sich die eben geschilderte Szene ausmalte, empfand Mitleid. Selbst Troy fühlte mit dem Jungen mit und dachte: Das Leben ist grausam, daran besteht kein Zweifel. Nach einer Weile entschuldigte sich Arno und fuhr fort:
      »Er litt große Schmerzen und verstand nichts. Nie werde ich vergessen, wie er sich umgeschaut hat... seine Augen... Mir war, als hätte ich ein mißhandeltes Kind gefunden. Oder ein geschundenes Tier. Ich bemühte mich, ihm zu helfen, aber er hielt sich einfach nur an der Toilette fest, schlang die Arme um die Schüssel. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. So lief ich zum Parkplatz, wo der Meister wartete, und erzählte ihm, was sich zugetragen hatte. Er ging mit mir zurück. Inzwischen hatte Tim die Tür verriegelt. Eine geschlagene Stunde redete der Meister durch die geschlossene Tür auf ihn ein. Der eine oder andere Mann, der in dieser Zeit die Toilette aufsuchte, warf ihm merkwürdige Blicke zu. Sie haben ihn natürlich nie sprechen gehört, Inspector. Er hatte eine ganz außergewöhnliche Stimme. Nicht nur sehr wohlklingend, sondern ungewöhnlich warm... und freundlich. Sehr gewinnend. Was immer er einem erzählte, man glaubte ihm auf der Stelle. Irgendwann entriegelte Tim die Tür. Der Meister redete ihm gut zu, strich ihm übers Haar. Etwas später halfen wir ihm, sich anzuziehen, geleiteten ihn zum Wagen und fuhren mit ihm hierher. May brachte ihn ins Bett, und wir sorgten für ihn. Und das tun wir immer noch. Selbstverständlich mußten wir uns mit dem Sozialamt in Verbindung setzen. Wir wurden ganz genau überprüft, was mir etwas eigenartig vorkam, wenn man sich überlegt, wie sehr man diesen Jungen vernachlässigt hat. Sie werfen ihn aus dem Krankenhaus und stecken ihn in ein Heim, wo er, wenn er Glück hatte, einmal pro Woche von einem Fürsorger besucht wird. Wir bekamen Instruktionen zur Medikamentenvergabe, und das war’s dann mehr oder weniger. Ich denke, den Ausschlag gegeben hat der Umstand, daß wir mehr oder minder eine religiöse Organisation sind. Sie behaupteten, uns von Zeit ZU Zeit zu überprüfen, was bisher nicht passiert ist. Ich glaube, sie sind froh, einen weniger auf der Liste zu haben.«
      Arno sprach nicht weiter und warf dem Inspector einen Blick zu. Er hoffte, mit dieser niederschmetternden Geschichte den Beamten von seiner Absicht abgebracht zu haben. Als klar wurde, daß dem nicht so war, sagte er: »Nun, dann kommen Sie bitte mit...«
      Tims Zimmer war fast dunkel. Sonnenlicht fiel durch einen Schlitz in den schweren Samtvorhängen auf das Fensterbrett. Arno zog den Samt auf, aber nur ein wenig. Die zusammengekauerte Gestalt unter der Decke rührte sich umgehend und begann zu zittern. Die Luft roch abgestanden. Barnaby hätte viel darum gegeben, das Fenster aufreißen zu dürfen.
      Arno näherte sich dem Bett, rief leise den Namen des Jungen. Als er die Bettdecke wegnahm, schimmerte Tims Haar golden auf dem Kissen, und er schlug die Augen auf wie eine mechanische Puppe. Barnaby hörte, wie Troy hinter seinem Rücken den Atem anhielt, und auch er selbst blieb nicht unberührt von der bemerkenswerten Schönheit des Jungen, der Tränen und Trauer nichts anhaben konnten.
      »Tim? Mr. Barnaby würde sich gern kurz mit dir unterhalten - keine Angst...« Der Junge wich zurück. Schüttelte den Kopf. Wie ein dünner

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